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ARCHIV - 19.05.2023, Berlin: Blick auf sanierte Fassaden der Altbauwohnungen im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. (zu dpa «Neuer Mietspiegel für Berlin - Mieterhöhungen drohen») Foto: Monika Skolimowska/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Monika Skolimowska

Protest gegen Verdrängung: Sozialbindung für Tausende Mieter in Berlin-Pankow läuft aus

Betroffene Wohnungen liegen in den ehemaligen Sanierungsgebieten in Prenzlauer Berg und im Florakiez. Es drohen dort massive Mietherhöhungen und Kündigungen wegen Eigenbedarfs.

Von Christian Hönicke

Akute Angst vor dem Verlust ihrer Wohnung treibt derzeit Tausende Mieter in Pankow um.

Kürzlich demonstrierte die „Pankow gegen Verdrängung“ vor und während der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Pankow gegen den Wegfall Tausender Sozialbindungen im Bezirk. Sie fordert einen Berliner Krisengipfel und Sofortmaßnahmen zum Schutz vor Verdrängung.

In Pankow explodiert gerade eine soziale Zeitbombe

Hannah Rose von der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“

„In Pankow explodiert gerade eine soziale Zeitbombe“, erklärte Hannah Rose von der Initiative. „Mit dem Auslaufen Tausender Sozialbindungen droht der letzte bezahlbare Wohnraum im Bezirk wegzufallen.“ Viele alteingesessene Mieter seien nun „akut von Verdrängung bedroht“.

7000
Wohnungen wurden seit 1993 mit öffentlichen Fördermitteln saniert

Die betroffenen Wohnungen liegen in den ehemaligen Sanierungsgebieten in Prenzlauer Berg und im Pankower Florakiez. Dort wurden im Rahmen des Programms „Soziale Stadterneuerung“ seit dem Jahr 1993 rund 7.000 Wohnungen mit öffentlichen Fördermitteln saniert. Im Gegenzug mussten die Eigentümer für 20 bis 30 Jahre Verpflichtungen zum Mieterschutz eingehen.

Es drohen Mieterhöhungen bis zu 50 Prozent

Nun läuft diese Sozialbindung aus – es drohen heftige Mieterhöhungen bis zu 50 Prozent. Zudem befürchten viele Mieter akut Kündigungen wegen Eigenbedarfs, nachdem ihre Mietshäuser bereits in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden.

Pankows Bezirksamt räumte die Brisanz der Angelegenheit bereits ein. „Ich sehe diese Entwicklung mit großer Sorge, denn nach dem Wegfall der Förderbindungen unterliegen diese Wohnungen dem allgemeinen Mietrecht“, sagte die ehemalige Baustadträtin Rona Tietje (SPD) unlängst.

Insgesamt wird Pankow zwischen 2018 und 2025 knapp 4500 Wohnungen mit Sozialbindung verlieren. „Anfang 2026 werden dann nur noch 830 Wohnungen der Belegungsbindung unterliegen“, sagte Tietjes Nachfolger Cornelius Bechtler (Grüne).

Krisengipfel gefordert

Von den politischen Verantwortlichen im Bezirk und auf Landesebene fordert die Initiative einen Krisengipfel, um „Lösungen für das Problem der auslaufenden Sozialbindungen“ zu finden. „Die BVV haben wir als Ort ausgewählt, weil wir auch den Bezirk in der politischen Verantwortung sehen – neben dem Land Berlin und dem Bund“, entgegnet Johannes Schorling von der Initiative.

Er wünscht sich vom Bezirk, dass er „proaktiv auf die Vermieter zugeht und sie zu Gesprächen einlädt, um sozialverträgliche Lösungen“ auszuloten. Der Protest vor der BVV „wird nur der Auftakt sein, wir werden uns im weiteren Verlauf auch an die Landespolitik richten“.

Bezirk sei der falsche Adressat für den Protest

Allerdings sei der Bezirk der falsche Adressat für den Protest, sagte Bechtler dazu. Seine Möglichkeiten seien „sehr, sehr eingeschränkt“. Schon Tietje hatte dazu erklärt, der Bezirk könne zwar Milieuschutzgebiete ausweisen und tue das auch, wo immer es gehe. Das Mietrecht generell sei aber Bundessache, als Steuerungsmaßnahme kämen eine Schärfung der Mietpreisbremse oder ein befristetes Mietenmoratorium infrage.

Auch Bechtler verwies erneut darauf, dass „die Möglichkeiten der Mietsteigerung über das Bürgerliche Gesetzbuch durch den Bund geregelt“ werden. Sein zerknirschtes Fazit an die Protestierenden: „Wir können Sie leider nur beratend unterstützen – auch wenn Sie diese Aussage nicht zufriedenstellen wird.“

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