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© Qvisten Animation

Tag 9 bei der Berlinale: Das Festival wird flatterhaft

Beim digitalen Ticketverkauf gibt’s auch mal Zettelei, bei einem Kinderfilm verzettelt sich die Berlinale. Unser Autor spürt trotzdem die Kraft des Kinos.

Eine Kolumne von Robert Ide

Gar nicht so leicht, bei der Berlinale runterzukommen. Im Hauptquartier des Festivals ist der Fahrstuhl kaputt: Man muss erst hochfahren, wenn man zurück auf den Boden will. Und im Kino International funktionieren die Ticketscanner nicht. Vor dem alten Ost-Berliner Premierenkino an der Karl-Marx-Allee bilden sich Schlangen wie zu DDR-Zeiten, alle kramen ihre Handybestätigungen einzeln raus.

Es zerfleddert ein bisschen.

Karin, Berlinale-Fan

„Früher wurden Karten einfach schnell abgerissen“, erzählt Karin. Die 71-Jährige ist Berlinale-Fan auf Auswärtsfahrt, sie reist seit 20 Jahren extra aus Frankfurt am Main an, um 15 Filme in zehn Tagen zu sehen. Wo Karin diesmal die anderen Filmfanatiker treffen kann, weiß sie nicht, seitdem es keine analogen Schlangen mehr gibt, um Tickets zu kaufen und seitdem alle Baustellen Berlins pünktlich zur Berlinale an den Potsdamer Platz verlegt worden sind. „Es zerfleddert ein bisschen“, findet Karin. Das Festival wird flatterhaft.

Die Ticket-Schlange der Berlinale war einst legendär.
Die Ticket-Schlange der Berlinale war einst legendär.

© / dpa/Rainer Jensen

Offenbar kann sich die Berlinale auch ohne Eintrittszettel gut verzetteln. Natürlich hat ein großes Festival immer kleine Tücken. Dumm nur, wenn die Berlinale selbst dafür verantwortlich ist. Für den harmlos-witzigen norwegischen Kinder-Animationsfilm „Helt Super“ wurde nach einer Beschwerde der antirassistischen Organisation Artef kurzfristig die Gala-Premiere abgesagt, berichtet die dänische Zeitung „Berlingske“. Besucherinnen und Besucher der restlichen Vorstellungen werden nun gewarnt vor „Bildern und Darstellungen, die von historisch marginalisierten Gemeinschaften als anstößig erachtet werden können“.

Die Berlinale bestätigt auf Nachfrage einen Fall von „Blackfacing“, den man „sehr ernst“ nehme. Den 110.000 Zuschauerinnen und Zuschauern sowie der Filmkritik in Norwegen war dieses Problem offenbar bisher nicht aufgefallen. Im Film „Helt Super“ ist ab und zu eine schwarze Gesichtsmaske zu sehen – eigentlich aber geht es darum, dass die Protagonistin zu tollpatschig ist, um Superkräfte zu entwickeln. Manchmal gilt das auch für die Berlinale.

Die Sache mit den Tickets funktioniert auch ohne Zettelei ganz gut. Die Kinos sind zwar verstreut in der Stadt, aber sichtbar voll – laut Berlinale-Sprecherin Frauke Greiner „im Durchschnitt mit 85 bis 90 Prozent“. Das wäre – trotz 15 Euro Eintrittspreis für einen Film aus aller Welt – eine Auslastung wie vor der Pandemie. Die verfügbaren Tickets für „Helt Super“ am Wochenende sind alle schon weg. Kunstfreiheit hat Superkraft.

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