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Das Bundeskanzleramt zur Blauen Stunde. Berlin, 25.04.2019. Berlin Deutschland *** The Federal Chancellery at the Blue Hour Berlin 25 04 2019 Berlin Germany PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xFlorianxGaertner/photothek.netx

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Scholz, halt ein!: Sinn und Unsinn der Kanzleramtserweiterung

Bauen wir, weil es notwendig ist – oder weil es beschlossen wurde? Die Kanzleramtserweiterung in Richtung Moabit ist jedenfalls teurer Unsinn, sagt unser Autor.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Wir müssen über die Kanzleramtserweiterung in Richtung Moabit sprechen! Sie erregt inzwischen weit überregional negatives Aufsehen, auch Finanzminister Lindner hat sich gegen sie ausgesprochen. Dabei hat seine FDP das Projekt bisher mitgetragen, das bemerkenswert präzise auf 777 Millionen Euro kalkuliert ist.

Vielleicht ist ihm ja aber jenseits der Kosten aufgegangen, dass ein 30-jähriger Plan aus der Frühzeit der Digitalisierung, der viele unbebaubare Restflächen produziert und mit sehr viel Beton realisiert werden soll – einem der übelsten Klimakiller – kaum für eine erneuerte Bundesrepublik stehen kann.

Typisches Verwaltungs-Denken

Kanzler Olaf Scholz dagegen reagierte auf die Kritik mit einigen aus der deutschen Kulturgeschichte wohl bekannten Verwaltungs-Denkmustern: Eine Regierungszentrale könne nur dann gut funktionieren, wenn ihre Mitarbeiter in einem Haus sitzen. Die Kollegen Präsidenten und Premierminister in den USA, Großbritannien, Frankreich regieren also ineffizient, weil sie ihre Regierungszentralen auf viele Häuser verteilen?

Und: Der Bau sei nun einmal geplant und etatisiert, also müsse er auch gebaut werden. Ein Abbruch des Projekts würde 100 Millionen Euro kosten. Mag sein. Aber dann hätten wir immer noch mindestens 677 Millionen Euro gespart. Für Schulen, Lehrer, Universitäten und Forschung, für die Unterstützung der Ukraine, sogar Fahrradparkhäuser.

Das eiserne Festhalten an alten Plänen kostet Deutschland Milliarden: Wir erinnern an den Atommeiler Kalkar, Stuttgart 21, den Radikalumbau der Berliner Staatsoper, den des Pergamonmuseums, selbstverständlich das in jeder Hinsicht einsparbare Museum der Moderne auf dem Berliner Kulturforum.

Warum bauen wir?

Als Kulturstaatsministerin Claudia Roth das Projekt trotzdem bestehen ließ, versprach sie, „so etwas“ dürfe wirklich nicht mehr geschehen. Kaum ein Jahr später geschieht genau „so etwas“ direkt neben ihren Amtsräumen im Kanzleramt: Gebaut soll werden, weil der Bau beschlossen wurde – nicht, weil es notwendig ist.

Aber Notwendigkeit ist das zentrale Stichwort einer klimagerechten Zukunft, nicht Wunschdenken von Politikern und Verwaltungen. Also noch mal nachdenken: Bauen wir, weil es notwendig ist – oder weil es beschlossen wurde?

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