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Nils Busch-Petersen ist Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg e.V. (HBB)

© privat / Tagesspiegel

So sehen Sieger aus?: Unmittelbar nach der Wiederholungswahl kennt die politische Landschaft nur Sieger! 

Das Schönreden des Scheiterns ist kein Ausdruck des Respektes vor denen, die noch wählen gehen. Wenn alle Akteure sich auf dem Siegerpodest drängen, wird es dem Publikum langweilig. Das birgt Gefahren.

Eine Kolumne von Nils Busch-Petersen

Von den im Abgeordnetenhaus verbliebenen Parteien hat zwar nur eine ihr Ziel erreicht, aber die anderen reden sich erfolgreich ihre kleinen Welten so schön, dass man es fast glauben könnte.

Blau verfehlt die verkündete Zehn-Prozent-Marke und ist nun stolz auf neun. Dunkelrot ist glücklich, nicht noch mehr vom Strudel der strauchelnden Bundespartei mitgerissen worden zu sein. Grün ist bei der geplanten Eroberung des Roten Rathauses nicht bis zur Türklinke gekommen und freut sich jetzt bescheiden über fast kein Minus. Die roten Verteidiger des Rathauses sind kurz neben der Spur. Selbstkritik blitzt auf in den Worten, ein „weiter so“ dürfe es nicht geben. Wie bitte? Keine Angst: Anschließend machen die Ratshausinsassen schnell deutlich, dass es ja bei allen Verlusten doch noch möglich sei, die Umzugsfirma abzubestellen.

Ein Klimakleber hat in der vergangenen Woche dazu ja bereits eine interessante Vorlage geliefert, indem er sich nicht auf dem kalten Asphalt, sondern am Richtertisch anleimte…

Die schwarzen Wahlsieger jubeln kurz und das zu Recht. Jubeln ist ihnen erlaubt, weil sie ein beachtliches Ergebnis eingefahren haben. Kurz ist der Jubel, weil unklar bleibt, ob der von den Wählerinnen und Wählern erteilte Auftrag zur Regierungsbildung überhaupt realisiert wird.

Es ist nicht Aufgabe der Lobby, Ratschläge für die Zusammensetzung von Koalitionen zu erteilen, allzu schnell würde sie damit gängige Klischees bedienen. Die Lobby informiert mit Respekt die vom Volk Gewählten und die von den Gewählten zu wählenden Regierenden.

So viel aber ist sicher: die unglaublichen Reflexionen der eigenen Ergebnisse, das Schönreden des Scheiterns sind kein Ausdruck des Respektes vor denen, die zum Glück noch wählen gehen. Ohne Verlierer gibt es keine Sieger, hätte uns vielleicht Laotse erklärt. Aber wenn alle Akteure sich auf dem Siegerpodest drängen, wird es dem Publikum langweilig, es murrt „Schiebung“ und verlässt das (Wahl)Lokal, um beim nächsten Mal nicht mehr hinzugehen. Der Klimakleber wurde im Übrigen nicht vom Gerichtsmöbel gelöst, er durfte den Schreibtisch mit auf die Straße nehmen.
Die Kolumne „In der Lobby“ erscheint montags.

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