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Der Lieferdienst Flink bringt Lebensmittel und andere Produkte.

© IMAGO/Michael Gstettenbauer

Klage gegen Kündigung: Arbeitsgericht lässt Flink-Fahrer abblitzen

Ein Fahrer des Schnelllieferdienstes klagte gegen seine Entlassung. Das Gericht störte sich an seinen öffentlichen Auftritten.

Das Arbeitsgericht Berlin hat am Mittwoch die Klage eines Fahrers des Lebensmittel-Lieferdienstes Flink abgewiesen. Der Beschäftigte hatte gegen seine Kündigung geklagt und dem Unternehmen vorgeworfen, ihn entlassen zu haben, weil er sich für einen Betriebsrat eingesetzt habe. Doch die Kammer störte sich an öffentlichen Auftritten des Klägers.

In einem Online-Video hatte der Mann schwere Vorwürfe gegen seine Vorgesetzten bei Flink erhoben: „Sie haben bewiesen, dass sie sehr viel lügen“, sagte er dort. „Du musst sehr vorsichtig sein und darfst nicht glauben, was sie sagen.“ Das Video wurde im Januar auf dem YouTube-Kanal des Vereins „Arbeitsunrecht“ veröffentlicht, der die Beschäftigten bei der Gründung eines Betriebsrats unterstützen möchte.

Mit dieser Aussage ging der Beschäftigte nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Michael Ernst viel zu weit. Es sei ein Unterschied, ob man sich „in der Kneipe“ unter Kollegen über den Arbeitgeber äußere oder ob man eine öffentliche Plattform dazu wähle. Ein Arbeitsverhältnis beinhalte „ein gewisses Maß an Loyalität“, schließlich erhalte der Beschäftigte bei der Arbeit Einblicke in das Unternehmen und müsse damit verantwortlich umgehen.

Erschwerend hinzu kam aus Sicht des Richters, dass der Fahrer in einem Zeitungsinterview behauptet hatte, Flink zwinge die Angestellten, mit defekten Fahrrädern zu fahren und ihre Gesundheit zu riskieren. Doch auch für diesen Vorwurf habe die Klageseite in der Verhandlung keine Beweise vorgelegt.

Michael Ernst ist Vorsitzender Richter am Arbeitsgericht Berlin. (Archivbild)

© Christoph M. Kluge

Der Anwalt des Beschäftigten, Martin Bechert, hielt dagegen: Der Beschäftigte habe seine Kritik im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl geäußert. Er habe damit zum Ausdruck bringen wollen, dass es viele Missstände gebe. Aus diesem Grund sei ein Betriebsrat bei Flink dringend notwendig; unternehmensinterne Strukturen reichten nicht aus, meinte Bechert. Der Lieferdienst hatte im März 2022 „Ops Committees“ eingeführt, eine Beschäftigtenvertretung ohne Rechtsgrundlage.

Doch das überzeugte den Richter nicht. Der Vorwurf der Lüge sei eine „Schmähkritik“, wenn er nicht bewiesen werden könne – und daher nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Außerdem hätte sich der Beschäftigte zuerst unternehmensintern um eine Lösung bemühen müssen. (cmk)

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