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Die Pflege attraktiv machen, dann kommen die Azubis schon.

© picture alliance / dpa/Markus Scholz

Junge Leute sind keine Trottel: Höhere Gehälter für eine Pflege-Ausbildung reichen nicht aus

Die Löhne in der Pflege sind zuletzt deutlich gestiegen, auch die Ausbildung wird mittlerweile fair vergütet. Weil die Azubi-Zahlen in Berlin sinken, reicht das jedoch nicht aus.

Ein Kommentar von Simon Schwarz

Angehende Pflegefachmänner und -frauen gehören zu den bestbezahlten Azubis. Öffentliche Einrichtungen zahlen im ersten Lehrjahr 1190 Euro im Monat, der private Helios-Konzern gar 1300 Euro. Trotzdem ging die Zahl der Pflege-Anfänger:innen in der Hauptstadt vergangenes Jahr um fast acht Prozent zurück. Das zeigt: Um mehr junge Leute für eine Ausbildung in der Pflege zu begeistern, müssen die Träger mehr tun, als gute Gehälter zu bezahlen.

Der Bund hat seine Hausaufgaben gemacht. Seit 2020 gilt das Pflegeberufegesetz. Azubis durchlaufen seitdem eine generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft und können anschließend in Heimen, ambulanten Diensten und Kliniken arbeiten. Die jungen Leute haben die Möglichkeit, ihre Interessen im Laufe der dreijährigen Ausbildung zu entwickeln. Sie müssen sich nicht schon am Anfang auf ein Fachgebiet festlegen.

Wenn die Reform so gut ist, warum sinken die Azubi-Zahlen dann? Der demografische Wandel ist eine Ursache; einen nicht unerheblichen Teil spielt auch die Pandemie, die ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen in der Pflege geworfen hat. Viel wichtiger ist etwas, das Erwachsene gern vergessen: Junge Leute sind jung und manchmal naiv, aber sie sind keine Trottel.

Sie wissen, dass ihre Situation auf dem Arbeitsmarkt günstig ist. Das Leid der Arbeitgeber – viel Arbeit, zu wenige Fachkräfte – erhöht ihren Marktwert.

Die Vorschläge liegen auf dem Tisch

Deshalb sollten sich die Betriebe nicht dumm stellen. Dass die Gehälter in der Branche zuletzt kräftig gestiegen sind, reicht nicht aus, damit ein junger Mensch eine Pflege-Ausbildung beginnt. Denn dieser junge Mensch kennt die Bedingungen, unter denen er später arbeiten muss. Er weiß, dass Arbeit um der Effizienz willen verdichtet wird, er weiß, dass viele die Branche verlassen, weil sie ihren Rücken mit Anfang 40 krumm gearbeitet haben.

Die Betriebe müssen eine gute Perspektive schaffen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, Sechs-Stunden-Tage, ein flexibleres und familienfreundlicheres Schichtsystem, ein besserer Personalschlüssel, damit nicht weniger Pflegekräfte die gleiche Anzahl an Patient:innen betreuen.

Es braucht zudem Übernahmegarantien. Bevor die Arbeitgeber rufen, wer das bezahlen solle und dass man sich Pflegekräfte nicht backen könne: Gute Bedingungen ziehen Leute an. Wir können uns nicht leisten, denjenigen vors Knie zu treten, die uns gesund pflegen.

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