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Bewohner von Pflegeheimen benötigen oft finanzielle Unterstützung vom Amt.

© dpa / Jens Büttner

„Jugendwahn in alternder Gesellschaft unangemessen“: CDU-Wirtschaftsexperte fordert Rechtsanspruch auf Pflegeplatz

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, die Plätze in Heimen werden knapp. Der Berliner CDU-Abgeordnete Christian Gräff fordert nun einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz.

Der Wirtschaftsexperte der Berliner CDU plädiert für einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz. „Gesellschaftspolitisch und ethisch ist ein Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz das Richtige – und sollte deshalb von der CDU unterstützt werden“, sagte Christian Gräff, der auch stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Union im Abgeordnetenhaus ist. Ihn störe eine zunehmende „Rücksichtlosigkeit und Sorglosigkeit“ gegenüber Älteren.

„Ein Land zeigt sein wahres Gesicht auch dadurch, wie es mit jenen umgeht, die über Jahrzehnte etwas geleistet haben“, sagte Gräff. „Deutschland macht derzeit dahingehend kein schönes Gesicht, die Politik der letzten Jahre führte zu einem absurden Jugendwahn. Das ist insbesondere in unserer alternden Gesellschaft unangemessen.“

Jeder Einzelne wird mehr Geld für Pflege ausgeben müssen.

Christian Gräff, christdemokratischer Abgeordneter in Berlin

Tausende Euro im Monat kostet ein Pflegeplatz. Dies gilt für einen stationären Aufenthalt im Heim, aber auch für die regelmäßige Pflege durch einen ambulanten Dienst zu Hause. Die Pflegekassen weisen schon heute auf immense Kosten hin, die Preise für Gebäude, Energie, Speisen als auch die Löhne für das zudem noch knappe Personal steigen. Und die Versicherungen zahlen nur einen eher kleinen Teil der Gesamtkosten.

„Klar ist, dass wir für alle Aspekte der Gesundheit und der Pflege mehr Geld ausgeben werden müssen“, sagte Gräff. „Das gilt auch für jeden Einzelnen, die Versicherungsbeiträge werden also steigen müssen.“

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Ein Rechtsanspruch wäre Bundesangelegenheit. Gräff wolle dafür Unterstützer mobilisieren, sagte er, die CDU-Fraktion im Bundestag könnte einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorbereiten. Auch der Arbeitgeberverband Pflege fordert einen solchen Anspruch, nannte dabei das Recht auf einen Kita-Platz als Vorbild: Seit 2013 haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kita. Die Politik werde durch einen Rechtsanspruch gezwungen, so die Idee, aktiver gegen den Fachkräftemangel vorzugehen.

Die meisten Betroffenen werden zu Hause gepflegt

Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurden 2021 bundesweit fünf Millionen Menschen gepflegt. Es gab circa 16.000 Heime und mehr als 15.000 ambulante Dienste. Die meisten Bedürftigen wurden zu Hause versorgt, mehr als 2,5 Millionen davon überwiegend durch Angehörige. Circa 800.000 Pflegebedürftige wurden in Heimen vollstationär betreut. Studien diverser Institutionen zufolge wird Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2040 auf 5,6 Millionen steigen, davon könnten bis zu 1,4 Millionen stationäre Hilfe benötigen.

Zum Jahresende 2021 waren fast 443.000 Männer und Frauen in der ambulanten Pflege beschäftigt – doppelt so viele wie 20 Jahre zuvor. Auch die Zahl der Beschäftigten in Heimen stieg von 475.000 in 2001 auf 814.000 Beschäftigte in 2021. Hunderttausende Pflegekräfte werden bis 2040 zusätzlich gebraucht – und nicht nur Heime und ambulante Dienste suchen, sondern auch die Krankenhäuser.

Zugleich dauere das Bauen in Deutschland zu lange, klagen diverse Branchenverbände, zu lange. Die Lücke zwischen benötigten und vorhandenen Pflegeplätzen könnte, das ergibt eine der vielen Hochrechnungen, bis 2040 mehr als 160.000 betragen.

Derzeit droht vielen bestehenden Heime auch die Insolvenz. Die Preise für Materialien aller Art steigen, wegen des Personalmangels können zudem nicht all die Pflegeplätze belegt werden, die ein Heim bräuchte, um auskömmlich zu arbeiten. Anders als Fabriken und Händler können Pflegeeinrichtungen ihre Preise nicht einfach anheben. Personal, Energie, Medikamente werden von den Kassen mit festen Sätzen bezahlt, deren Höhe lange zuvor ausgehandelt wurde.

Derweil kommt die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Pflegereform. Vor dem geplanten Start am 1. Juli ließ der Bundesrat kürzlich das vom Bundestag beschlossene Gesetz passieren. Angesichts steigender Kosten wird der Pflegebeitrag um 0,35 Prozentpunkte erhöht – Bürger ohne Kinder noch etwas mehr. Aktuell liegt der Beitrag bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose bei 3,4 Prozent. Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld für Bedürftige daheim soll 2024 um fünf Prozent angehoben werden, auch Zuschläge für Heimbewohner sollen steigen.

Christian Gräff saß bis zur Berliner Wiederholungswahl dem Gesundheitsausschuss im Abgeordnetenhaus vor. Im Februar 2023 zog Gräff erneut direkt für den Marzahner Wahlkreis Biesdorf ins Landesparlament ein. Am Campus des Unfallkrankenhauses in Marzahn führt er als Geschäftsführer das Smart Living & Health Center, wo sich Pflegebedürftige und Angehörige über altersgerechtes Wohnen informieren können.

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