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Schön war die Zeit. Messechef Christian Göke eröffnete mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit 2014 die Kongresshalle City Cube.

© Tsp/Thilo Rückeis

Ermittlungen eingestellt: Göke beging keinen Geheimnisverrat

Genugtuung für Christian Göke: Nachdem ihn sein langjähriger Arbeitgeber angezeigt hatte, liefen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ins Leere.

Die Affäre um die Zukunft der Funkausstellung Ifa erreichte am 27. Juli 2022 einen weiteren Höhepunkt. Rechtsanwälte des Büros Ignor & Partner stellten im Auftrag der Messe Berlin GmbH, „vertreten durch den Aufsichtsrat, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Wolf-Dieter Wolf“, Strafanzeige gegen Christian Göke.

Dem ehemaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung der landeseigenen Messegesellschaft (2013 bis 2020) wurden Strafdaten nach § 23 Geschäftsgeheimnisgesetz vorgeworfen: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen, ein Geschäftsgeheimnis erlangt, nutzt oder offenlegt.“

Christian Göke konnte nicht nachgewiesen werden, dass er Geschäftsgeheimnisse der Messe Berlin an Dritte weitergeleitet hat.

Staatsanwaltschaft Berlin

Elf Monate später liegt das Ermittlungsergebnis vor: „Keine hinreichender Tatverdacht.“ Dem beschuldigten Göke „konnte nicht nachgewiesen werden, dass er Geschäftsgeheimnisse der Messe Berlin an Dritte weitergeleitet hat bzw. die Weiterleitung von Unterlagen (...) zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht erfolgte, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“, schreibt die zuständige Staatsanwältin.

Wolf-Dieter Wolf war seit 2010 Aufsichtsrat der Messe Berlin, von 2017 bis 2022 Vorsitzender. Im August 2022 trat er zurück.

© picture alliance/dpa/Soeren Stache

Genau das hatte die Messe-Führung um Wolf und den Göke-Nachfolger Martin Ecknig behauptet und der Auseinandersetzung um die Ifa damit einen neuen Dreh verpasst. Genutzt hat das den Duzfreunden nicht: Wolf als auch Ecknig mussten zurücktreten. Unfähigkeit und Untreueverdacht waren zu offensichtlich geworden.

Der Beginn der Affäre

Im Herbst 2020 bestellt der Aufsichtsrat der Messe Berlin unter der Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf den Siemens-Immobilienmanager Martin Ecknig zum Vorsitzenden der Geschäftsführung. Eine überraschende Personalie, denn Ecknig verfügt über keine Erfahrung im Messegeschäft. Aber Ecknig und Wolf kennen sich seit Jahren. Für den anscheinend unbedarften Ecknig engagiert die Messe Berlin einen Medien-Trainer mit einem Tageshonorar von bis zu 2000 Euro: Gerhard Spörl, Ehemann der damaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger.

Patricia Schlesinger und Ehemann Gerhard Spörl beim VBKI-Ball 2019.

© DAVIDS/Sven Darmer

Wolf ist nicht nur Aufsichtsratschef der Messe Berlin, sondern auch Vorsitzender des Verwaltungsrats des rbb. Die Verpflichtung Spörls wird später Gegenstand einer Compliance Untersuchung. Göke, der Ende 2020 noch die Geschäftsführung leitet, wollte den Auftrag für Spörl nicht erteilen. Das tat dann aber Finanzgeschäftsführer Dirk Hoffmann, offenbar auf Bitten Wolfs. Ob es einen Zusammenhang mit der Vertragsverlängerung von Hoffmann gab, ist offen.

Theater um die Ifa

Wenige Monate nach Dienstbeginn muss sich Ecknig mit der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu) herumschlagen, ein Zusammenschluss von Firmen wie Samsung, BSH, Miele oder Philips, dem die Ifa gehört. Die gfu hat die Organisation der Funkausstellung der Messe Berlin übertragen, die dafür eine Gebühr an die gfu zahlt. Der entsprechende Vertrag endet 2024.

Ecknig will aufgrund des Ifa-Ausfalls in der Pandemie nur einen Teil der Gebühr zahlen. Es kommt zum Streit, die Vertragspartner verhaken sich und die gfu entscheidet, die Ifa künftig in Eigenregie, aber mit einem erfahrenen Partner zu veranstalten. An dieser Stelle kommt Göke ins Spiel, der als Messe-Chef bereits Kooperationen mit den Messegesellschaften in Hannover und Hamburg sowie dem Springer-Konzern ausgelotet hatte –mit Rückendeckung des Aufsichtsrats Wolf und des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD).

Göke verhandelte mit Springer

Göke, seit 2021 als Generalbevollmächtigter für die Beteiligungsgesellschaft von Werner Gegenbauer tätig, brachte die gfu erst mit Axel Springer und dann mit dem britischen Eventkonzern Clarion zusammen. Ein Joint-Venture für die Ifa wurde vorbereitet, an dem Clarion 54 Prozent, die gfu 30 und Gegenbauer/Göke 16 Prozent halten sollten. Im November 2021 verständigte sich Ecknig mit der gfu in einem Eckpunktepapier über die künftige Aufgabenteilung: gfu plus Partner als Veranstalter der Ifa, die Messe Berlin als Vermieter. Doch das hielt nicht lange.

Anfang 2022 skandalisiert die Führung der Messe die Rolle Gökes. Ausweislich eines Protokolls der Aufsichtsratssitzung vom 11. Februar spricht sich Wirtschaftssenator Stephan Schwarz als Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden aus „Hygienegründen und politischen Gründen“ für eine professionelle Untersuchung aus. Deloitte wird beauftragt, „konkrete Anhaltspunkte für Pflichtverstöße“ wie „Informationsaustausch zur Ifa an Dritte“ zu suchen. Fünf Monate später, Göke/Gegenbauer haben sich zwischenzeitlich aus dem gfu-clarion-Joint-Venture zurückgezogen, zeigt der Aufsichtsrat der Messe Göke an.

Ein Ablenkungsmanöver. Aufgrund der Verstrickungen in die rbb/Schlesinger-Affäre und der dubiosen Umstände der Berufung Ecknigs tritt Wolf am 9. August zurück; Ecknig folgt im November.

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