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Das Palais Itzig in der Burgstaße um 1857.

© Sammlung von Stadtmuseum Berlin und Landesarchiv Berlin

Das Palais Itzig in Berlins Mitte: Ein Palast an der Spree weicht 1859 der Börse

In Folge 12 unserer Kolumne über Berlins Wirtschaftsgeschichte geht es um einen besonderen Prachtbau des Kaufmannes Daniel Itzig.

Eine Kolumne von Beata Gontarczyk-Krampe

Der französische Kulturminister Jack Lang sagte einmal: „Paris ist immer Paris, Berlin ist aber niemals Berlin.“ Der Spruch mag nur eine Paraphrase des viel zitierten Satzes von Karl Scheffler sein, aber genau wie bei Scheffler stimmt er tatsächlich. Berlin steckt in dauerhaftem Wandel. Noch bevor man etwas richtig fixieren kann, so gut, dass es beginnt, sich auf der Linse einzuprägen, springt Berlin aus dem eigenen Hut und präsentiert sich neu. Hier also eine kleine „Momentaufnahme“.

Eines der vornehmsten Gebäude im Berlin des 18. Jahrhundert stand direkt an der Spree in der Burgstraße. Gebaut für den preußischen Silberlieferanten, Bankier und Münze-Pächter Daniel Itzig, nahm es die Fläche von fünf anderen Häusern ein, darunter die des von Philipp Gerlach erbauten Palais des Generals Peter von Montargues.

Itzig suchte und fand viel Platz. Verheiratet mit Mirjam Wulff, einer Frau aus einer wohlhabenden jüdischen Berliner Familie, die ihm nicht nur ein Vermögen als Mitgift, sondern auch 15 Kinder schenkte, freute sich der Patriarch über die vielen Räume, den Garten mit Springbrunnen, der sich zwischen der Spree und dem Heilig-Geist-Spital an der heutigen Spandauer Straße streckte. Zudem war Daniel Itzig passionierter Kunstsammler, besaß dutzende Bilder, darunter Canalettos und Werke von Rubens. Dafür brauchte es viele Wände.

Die Alte Börse am Lustgarten – hier dargestellt um 1820 – brauchte einen neuen Standort.

© Leopold Ludwig Müller,

Das nicht weit vom Stadtschloss gelegte Palais war von Oberbaurat August Gotthilf Naumann entworfen und ein gemauertes Statussymbol. Das schöne Leben und die Nähe zum König waren aber vielen ein Dorn im Auge. Itzig, der auch Oberältester der jüdischen Gemeinde Berlins war, sah sich antisemitischen Schmähungen ausgesetzt. Sein Name wurde zum Synonym für den „geizigen Juden“ in Gassenhauern und Gedichten verarbeitet, einige davon überlebten die Jahrhunderte.

Die Alte Börse kurz vor ihrem Abriss 1893.

© Berliner Messbildanstalt

Itzigs Familie suchte und fand Schutz in ihrer Burg, die auch Zeiten überdauerte, in denen sich Berlin wieder und wieder neu erfand. Die hölzerne Pomeranzenbrücke, nur ein paar Schritte von Itzigs Haus entfernt, wich der neuen Friedrichsbrücke. Das alte Lusthaus, das seit 1738 der Berliner Kaufmannschaft als Börse diente – ein Geschenk des Soldatenkönigs, der den Lustgarten planieren ließ, um seinen Soldaten beim Marschieren zuzusehen –, verschwand um 1798 wieder, um als ein neues Gebäude an derselben Stelle aufzustehen.

Der Lustgarten wurde wieder begrünt, um 1806 von Napoleons Truppen, die dort ohne Fisimatenten ihre Zelte aufschlugen, zertrampelt zu werden. Zehn Jahre später, auf der gegenüberliegenden Spreeseite, bekam der alte Berliner Dom ein Facelift von Karl Friedrich Schinkel verpasst; die ersten Museen wurden auf der heutigen Museumsinsel errichtet.

So wurde alles eleganter und moderner in Berlins Mitte. Da musste auch das alte Palais Itzig weichen. Nach dem Verkauf im Jahr 1856 ging das Grundstück an die alten Nachbarn aus dem Lustgarten: die Korporation der Kaufmannschaft von Berlin. Sie entschloss sich, an dieser Stelle ab 1859 die neue Börse zu errichten.

Als Architekten gewann sie Friedrich Hitzig, der in Berlin auch die Baupläne für die Sternwarte, die erste Markthalle und den ersten Reichsbanksitz an der Jägerstraße entwarf. Der 1863 vollendete Bau sollte über Jahrzehnte das Bild an diesem Abschnitt der Spree prägen.

Hitzigs Urgroßvater hätte hoffentlich seine Freude an dem Projekt gehabt. Hatte er an dieser Stelle, im Garten zwischen Spree und Heiliggeist-Spital, doch seinen 15 Kindern beim Spielen zugeschaut. Und hätten seine Nachkommen ihren Nachnamen nicht geändert, wäre auch der spätere Architekt der Berliner Börse als ein „Itzig“ in die Geschichte gegangen. Friedrich Hitzig trennten von Daniel Itzig drei Generationen – und ein vorangestelltes „H“ im Nachnamen.

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