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Lina Eichler (r.) hatte sich im August 2022 gemeinsam mit der Klimaaktivistin Maja Winkelmann an den Rahmen des Bildes „Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ geklebt. Winkelmann war dafür bereits zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

© LETZTE GENERATION

An Cranach geklebt: Klimaaktivistin nach Protest in Berliner Gemäldegalerie vor Gericht

Klimaaktivistin Lina Eichler hatte sich mit einer Hand am Rahmen eines Cranach-Gemäldes festgeklebt. Diese und weitere Aktionen brachten sie nun vor Gericht.

Sie ist 20 Jahre alt, hat ihr Abitur abgebrochen und sich der Klimagruppe „Letzte Generation“ angeschlossen. Seitdem füllt sich der Ordner, den sie für Post von Polizei und Justiz angelegt hat. Rund drei Dutzend Strafverfahren würden inzwischen laufen, sagte Lina Eichler am Donnerstag am Rande eines Prozesses am Amtsgericht Tiergarten.

Es geht um sechs Strafbefehle beziehungsweise Anklagen gegen die Klimaaktivistin. Immer wieder klebte sie sich mitten im Berufsverkehr an Straßen fest – sieben solcher Fälle werden nun verhandelt. Zudem war Lina Eichler eine der beiden Frauen, die sich am 25. August 2022 in der Berliner Gemäldegalerie mit Sekundenkleber am historischen Holzrahmen des wertvollen Gemäldes „Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) festklebten. Auf den T-Shirts der Aktivistinnen stand „Stoppt den fossilen Wahnsinn“.

2385
Euro betrug der Schaden, der am Rahmen des Gemäldes entstand.

Lina Eichler, die derzeit in Greifswald wohnt, wird Nötigung von Autofahrern, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte durch Festkleben an der Fahrbahn und gemeinschädliche Sachbeschädigung wegen der Aktion in der Galerie vorgeworfen. Die Klimaaktivisten – ruhig und eloquent – berief sich auf einen „rechtfertigenden Notstand“. Sie habe die Taten begangen – „sie sind nicht verwerflich, sondern nötig und zielführend“, sagte die 20-Jährige. „Wir schlagen Alarm, weil es so nicht weitergehen kann.“

Autofahrer spricht von Angst und Beklemmungen im Stau

In der Berliner Justiz gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Straßenblockaden von Klimademonstranten den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Eine Strafkammer des Landgerichts hat dies kürzlich im Fall einer Aktion an der Stadtautobahn A100 verneint. Die Richter begründeten dies unter anderem mit den „üblichen Stauzeiten“ in Berlin und der Möglichkeit, auf öffentlichen Nahverkehr auszuweichen. Das Gericht machte allerdings deutlich, dass es bei der Bewertung auf die konkreten Folgen und das Ausmaß der jeweiligen Blockade ankommt.

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Von Blockaden betroffene Autofahrer wurden im Prozess gegen Lina Eichler als Zeugen befragt. So stand am 15. Juli 2022 eine Projektassistentin für etwa 45 Minuten am Sachsendamm im Stau. „Es war sehr plötzlich – Demonstranten liefen von einem Abhang aus auf die Fahrbahn“, berichtete die 60-Jährige. Irgendwann sei es der Polizei gelungen, den Verkehr umzuleiten. Sie persönlich sei fürs Demonstrieren – „aber nicht so“. Ein 47-jähriger Autofahrer, der im Oktober an der Greifswalder Straße von einer Blockade betroffen war, sprach von Beklemmungen und Angst – „ich war eingekeilt“.

Am geschnitzten Rahmen des Gemäldes – der Zeitwert soll etwa 20.000 Euro betragen – war ein Schaden von 2385 Euro entstanden. Lina Eichler hat die Forderung überwiesen – mehrere Leute hätten zusammengelegt, hieß es im Prozess. Der Verteidiger sagte, Kunst sei relativ, der Rahmen sei nur verändert worden.

Die Staatsanwältin plädierte auf eine Strafe von 3000 Euro – 200 Tagessätze zu je 15 Euro. Für Lina Eichler spreche, dass es ihr um ein sehr ehrbares Ziel gehe. Der Verteidiger forderte Freispruch. Zum Urteil soll es am 27. Juni kommen.

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