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Zeitung im Salon am 4. Dezember 2019: Ein spöttischer Menschenfreund

Das Jahr 2019 war einfach irre: Klaus Stuttmann präsentiert seinen Jahresband mit 200 politischen Karikaturen im Tagesspiegel-Salon.

Es ist schon Tradition: Im Dezember stellt Klaus Stuttmann seinen Jahresband im Tagesspiegel-Salon vor. „Irre“ heißt der Band und versammelt 200 Karikaturen aus 2019, darunter viele zum Brexit, zur Klimakrise, AKK und zum entenschnabeligen Trump natürlich. Auch in diesem Jahr wird der vielfach preisgekrönte Zeichner mit den Leserinnen und Lesern diskutieren und live zeichnen – diesmal im Gespräch mit dem Leiter der Hauptstadtredaktion Georg Ismar und Lars von Törne, dem stellvertretenden Leiter der Berlin-Redaktion und Redakteur der Comicseite. Für den Jahresband 2019 (Schaltzeit Verlag, 19,90 Euro) hat Lars von Törne das Vorwort geschrieben, das wir hier gekürzt wiedergeben.

Klaus Stuttmanns Arbeiten sind bei meiner täglichen Zeitungslektüre oft das Erste, was ich mir anschaue. Denn für jemanden, der der Zeichenkunst zugetan ist, sind diese politischen Karikaturen allein schon handwerklich ein Genuss. Aber sie sind viel mehr als das. Stuttmanns gezeichnete Kommentare zum Weltgeschehen waren und sind für mich oft auch ein Korrektiv, ein linkes, kritisches, eigensinniges Gegengewicht zu dem, was zu bestimmten Zeiten der in politischen Debatten vorherrschende Ton war. Sei es Irakkrieg oder Nahostkonflikt, der Streit um die harten EU-Vorgaben für Griechenland oder aktuell wieder besonders drängende Themen wie Syrien, Flüchtlingsschicksale, Rechtsextremismus oder die europäische Türkeipolitik. Immer wieder hinterfragen Stuttmanns Beiträge die Position derjenigen, die den Ton angeben, in der Politik wie auch in den Zeitungen, in denen Klaus Stuttmann nahezu täglich präsent ist.

Rund und weich, spitz und pointiert

Stuttmanns Werk zeichnet nicht nur sein einzigartiger, sofort erkennbarer Strich auf höchstem zeichnerischen Niveau aus, der es schafft, in seiner Linienführung zugleich rund und weich sowie spitz und pointiert zu sein. Und das seit Jahren schon am digitalen Zeichenbrett, was ihm das Arbeiten auch im Urlaub ermöglicht – weswegen er auch in Sachen Arbeitsproduktivität ziemlich unerreicht ist.

Es ist vor allem die Haltung, die die Arbeiten dieses eminent politischen Kopfes prägt. Ein in den 60er und 70er Jahren politisierter Sozialist, der jedoch alles andere als ein Dogmatiker ist und heute vor allem als Humanist auf die bestehenden Verhältnisse schaut, sich nicht mit dem Status quo zufriedengibt und den Glauben an eine bessere Welt noch nicht aufgegeben hat.

Die Schwächen der vermeintlich Starken

Und er ist, bei allem Spott, durch und durch ein Menschenfreund, dessen Solidarität den Schwachen gehört, der aber auch einen sensiblen Blick auf die Schwächen der vermeintlich Starken hat. Das hat keiner öfter zu spüren bekommen als Angela Merkel, die er seit 30 Jahren mit kritischem Blick begleitet, sie uns als Politikerin nahebringt, aber auch als Mensch.

Menschen um der Sache willen bloßzustellen oder zu verunglimpfen, ist nicht sein Ding. In letzter Zeit wurde Stuttmanns humanistischer Blick auf die Welt allerdings besonders viel herausgefordert – durch Politiker, die in ihrem Handeln die Grundregeln der Menschlichkeit missachten.

Allerdings sieht man auch hier beim genauen Blick auf Erdogans Kläffervisage und Trumps Entenschnabel, dass dahinter ein kleiner, verletzlicher Mensch steckt – nur eben einer, der eine für Klaus Stuttmann nicht akzeptable politische Rolle spielt.

Pionier der deutschen Einheit

Er ist zudem, und dieser Aspekt wird meines Erachtens oft vergessen, in Sachen Karikaturen ein Pionier der deutschen Einheit, der als West-Berliner Exil-Schwabe schon kurz nach dem Mauerfall in ostdeutschen Medien wie der „Leipziger Volkszeitung“ seine Arbeiten veröffentlichte, zudem auch im „Eulenspiegel“ und dann nach und nach auch in immer mehr westdeutschen beziehungsweise in West-Berlin verankerten Medien wie dem Tagesspiegel.

Und er setzt sich schon lange für die Cartoonlobby ein, einen aus der ostdeutschen Karikaturistenszene hervorgegangenen Interessenverband, der ein feines Museum in Luckau betreibt, welches nun einen neuen Standort in der Hauptstadt sucht. Wenn es dieses Museum eines Tages in Berlin geben wird, was sehr zu hoffen ist, dann sollte ein großer Raum darin dem Wirken von „KS“ gewidmet sein, auch wenn er selbst viel zu bescheiden wäre, so etwas zuzulassen.

Zeitung im Salon mit Klaus Stuttmann, Lars von Törne und Georg Ismar. Mittwoch, 4. Dezember, Beginn 19 Uhr, Eintritt 18 Euro inkl. Sekt und Snack, zur Anmeldung.

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