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"Diwan"-Salon mit Klaus Stuttmann und Ahmad Barakizadeh: Flüchtlinge überall

Humor im Jahr 2016: Das fällt nicht leicht. Klaus Stuttmann und Ahmad Barakizadeh blicken auf das Jahr zurück - und Stuttmann präsentiert seinen Band "Voll auf Kurs".

Manche seiner Karikaturen sind prophetisch. Anfang des Jahres zeichnete Klaus Stuttmann ein Ehepaar vor dem Fernseher. Auf dem Bildschirm: die Trump-Frisur mit weit geöffnetem Maul darunter, Parolen brüllend. „The next president?“, fragt die Unterzeile. Und die Ehefrau, ganz besorgte Bürgerin, sagt: „Man mag gar nicht an die Millionen flüchtender Amis denken, die dann ganz Europa überfluten werden!!“

Das war im Januar und man konnte darüber noch herzlich lachen. Das würde der doch nie schaffen! Und flüchtende Amis, wo gibt’s denn sowas? Aber dann kam die US-Wahl und der Karikaturist sitzt nun, sich die Haare raufend, vor seinen Entwürfen: sechsmal Trump an der Wand, die gelbe Frisur mal so, mal so, und der Zeichner seufzt: „Was für ein Geschenk!“ Denn zeichnen lässt er sich ja wunderbar, der neue Präsident.

Deutscher Karikaturenpreis 2016

Klaus Stuttmanns Karikaturen sind ein Geschenk für die Leser des Tagesspiegels. Seit Jahren kommentiert der gebürtige Schwabe auf der Meinungsseite das Zeitgeschehen, und gerade erst ist er wieder dafür ausgezeichnet worden: Am Wochenende hat Stuttmann – nach vielen anderen Auszeichnungen – den Deutschen Karikaturenpreis 2016 erhalten. Auch in der Siegerkarikatur geht es um Flüchtlinge, reale und Steuerflüchtlinge. Und wenn man Stuttmanns Jahresrückblick durchblättert, der in diesen Tagen unter dem Titel „Voll auf Kurs“ im Schaltzeit Verlag erscheint (224 Seiten, 200 farbige Karikaturen, 19,90 Euro), dann handeln die meisten Karikaturen aus dem Jahr 2016 von Themen rund um Flucht.

Immer im Dezember stellt Klaus Stuttmann seinen Jahresband im Tagesspiegel-Salon vor – und lässt zusammen mit Tagesspiegel-Comic-Experte Lars von Törne das Jahr Revue passieren. Diesmal wird auf dem Podium auch Ahmad Barakizadeh sitzen, Bildhauer und Karikaturist aus dem Iran, und der Salon wird im Rahmen der neuen Reihe „Diwan“ stattfinden. Im „Diwan“ stammt immer mindestens ein Podiumsgast selbst aus dem Nahen oder Mittleren Osten, und unter den Gästen werden auch Exiljournalisten und Geflüchtete sein. Das Ziel der neuen Reihe ist es, Tagesspiegel-Leser mit Geflüchteten ins Gespräch zu bringen, insbesondere mit den Exiljournalisten, die die Sonderausgabe #jetztschreibenwir am 15. Oktober mitgestaltet haben.

"Wer keine Kritik zulässt, verträgt auch keinen Humor"

Ahmad Barakizadeh hat in der Sonderausgabe die Karikatur auf der Meinungsseite gezeichnet. Wie nehmen Geflüchtete Karikaturen wahr? Was gilt in ihren Heimatländern als humorvoll, was ist erlaubt, was lebensbedrohlich? „Diejenigen, die keine Kritik zulassen, können auch keinen Humor vertragen“, sagt Barakizadeh. Denn Humor, richtig verstanden, greift die Arroganten, die Mächtigen an, zeigt ihre Schwächen.

„In diesem Jahr ist besonders deutlich geworden, wie wichtig politische Karikaturen sind und wie gefährlich die Karikaturisten in vielen Ländern leben“, sagt Tagesspiegel-Comic-Experte Lars von Törne. Über verschiedene Netzwerke erreichen ihn immer häufiger Hinweise, dass Karikaturisten bedroht, inhaftiert oder gar umgebracht wurden. Welch eine Gratwanderung: zu versuchen, auch den schrecklichsten Ereignissen noch eine komische Seite abzugewinnen und auf diese Weise für einen Moment der Erheiterung, für „comic relief“ zu sorgen.

Erdogan lacht sich kaputt über Angela Merkel

Stuttmanns Lieblingsfigur auf dem politischen Parkett ist Angela Merkel – sie zeichnet er im Salon regelmäßig live auf seinem Grafiktablett, zum großen Vergnügen der Gäste. Im Jahr 2016 ist, neben Trump, noch ein weiterer Politiker in den Mittelpunkt seiner Zeichnungen getreten: Erdogan. Er wird von Putin gelobt („Wenn du so weitermachst in der Türkei, wird aus dir auch noch ein lupenreiner Demokrat!“) oder lacht sich kaputt über Angela Merkels Aufforderung, die Menschenrechte zu achten – zu der Unterzeile: „Na bitte, der Mann versteht doch Spaß!“ Spaßig ist die Welt in diesem Jahr ganz sicher nicht gewesen, und manchmal möchten vermutlich alle daraus fliehen. Aber, in den Worten von Ahmad Barakizadeh: „In der angsterfüllten und gewalttätigen Welt von heute brauchen wir genau das mehr denn je: Kommunikation, Humor und Lachen.“

BUCHVERLOSUNG

Wir verlosen Exemplare des Buchs. Mitmachen können Sie unter www.tagesspiegel.de/gewinnen, oder Sie schreiben eine Postkarte an Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin, Stichwort: Salon.

Diwan mit Klaus Stuttmann und Ahmad Barakizadeh, Dienstag, 13. Dezember, Beginn 19 Uhr, Eintritt 18 Euro inkl. Sekt und Snack, für Geflüchtete kostenlos. Infos und Anmeldung hier.

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