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Mit blühender Fantasie. Gosia Warrink weiß, wie man Wände originell gestaltet.

© promo

Tapeten von Gosia Warrink: Voll von der Rolle

Gosia Warrink liebt Zweideutigkeiten und ungewöhnliche Materialien: Auf ihre Tapeten spritzt sie schon mal Schokolade. Die neuen Entwürfe sind handbemalte Unikate.

Ist das wirklich Schokolade? Der Blick wandert im Zickzack misstrauisch über die Wand. Linien fein wie Seidenfäden schwellen an zu Tropfen und Flecken, geraten durcheinander und fügen sich kaleidoskopähnlich zu neuen Mustern zusammen. Hin und wieder schiebt sich der weiße Hintergrund dazwischen. Ein hypnotisches Geflecht, fast wie bei Pollock oder Janet Sobel.

„Wie oft kann man sich denn ein Palmenblatt oder Flamingos angucken?“, fragt Gosia Warrink und löffelt dabei ein Karamelleis. Statt langweiligen Trends nachzulaufen („Das hat man alles schon tausendmal gesehen!“), geht sie lieber ihre eigenen Wege. Dabei wird auch mal mit Schokolade gespritzt und getröpfelt. Hier, im Steglitzer Café Nunzio, kann man das Ergebnis bewundern. Wie eine Kunstinstallation hängt die Schoko-Karamell-Tapete in der Luft schwebend von der Decke – und fügt sich harmonisch in das gemütliche Ambiente ein. Es duftet nach frisch gerösteten Kaffeebohnen. Auch die Kronleuchter und Stehlampen hat Gosia Warrink entworfen, nutzte dafür Back- und Springformen.

Die Muster der „Caramel Oriental“-Tapete sind aus Schokolade und Karamell.
Die Muster der „Caramel Oriental“-Tapete sind aus Schokolade und Karamell.

© Gosia Warrink

„Ich spiele gern mit dem Essen“, sagt sie keck. Es sei so unglaublich ästhetisch, all die Farben und Formen. Poetisch sind die Tapeten, die Gosia Warrink macht, und ein bisschen skurril. Mal arrangiert sie reliefartige Motive aus schwarzem Kaviar, mal packt sie Krustentiere ins Wandmuster. Für die „Hummer-Couture“-Tapete hat sie zwei Exemplare der begehrten Delikatesse fotografiert. Und peinlich genau darauf geachtet, die klobigen Zangen und die filigranen Fühler für jede Aufnahme in eine andere Pose zu legen. Kein Zufall, kein Photoshop. Aus den Bildern entstehen am Ende verblüffende Rapportmuster. Plötzlich sind Hummer keine Hummer mehr, sondern opulente Dessins im barocken Stil. Die hochwertigen Vliestapeten sind in vielen Farben erhältlich (www.berlin-tapete.de) und lassen sich ganz einfach wieder von der Wand abziehen.

Hummer an der Wand wirken vom Weiten wie ein barockes Dessin.
Hummer an der Wand wirken vom Weiten wie ein barockes Dessin.

© Gosia Warrink

Sind das Champignons oder doch Medusen?

Gosia Warrink hat einen Hang zur Inszenierung. Sie ist eine Meisterin der Zweideutigkeit. „Ich habe eine blühende Fantasie“, sagt die Tochter einer Kunstlehrerin. Nichts ist, wie es scheint. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Auch ihre „Designpilz“-Tapete spielt mit Assoziationen. Sind das Champignons, Fallschirme oder doch Medusen? Aus der Ferne lässt sich das nicht eindeutig ausmachen. Erst wenn man sich in die Details vertieft, merkt man: Oh, das sind doch Frauenbeine, die aus Eero Aarnios „Ball Chair“ hervorlugen.

Die „Designpilz“-Tapete spielt mit Assoziationen.
Die „Designpilz“-Tapete spielt mit Assoziationen.

© Gosia Warrink

„Ich mag diesen Überraschungsmoment“, sagt Warrink. Überhaupt ist die Bildsprache ihre große Inspiration. Nach einem Linguistik-Studium in Warschau hat sie visuelle Kommunikation an der Universität der Künste studiert. Seit 1995 lebt sie in Berlin. Geboren wurde sie im polnischen Allstein. Vielleicht muss man in Masuren mit den schier endlosen Seen und Wäldern aufgewachsen sein, um so frei und unbefangen zu denken.

„Icon Safari“: Kindertapete zum Ausmalen.
„Icon Safari“: Kindertapete zum Ausmalen.

© Gosia Warrink

Jetzt bemalt sie ganze Tapetenbahnen

Und wie kommt man denn auf die Idee, ausgerechnet Wände zu gestalten? „Es fing mit Kindertapeten zum Ausmalen an“, erzählt Warrink. Die ersten habe sie für ihren kleinen Sohn entworfen, mit Tiermotiven von Zebras, Tigern und Giraffen. Dann folgten Piktogramme. Bereits vor Jahren hat sie das „Icoon“ entworfen, ein Bildsprachewörterbuch, mit dem man sich ohne Worte auf der ganzen Welt verständigen kann.

Sie fand es faszinierend, wie man komplexe Sachverhalte auf das Nötigste reduzieren kann. So entstand auch ihre „Kamasutra“-Tapete, inspiriert von den Strichmännchen, die Otl Aicher für die Olympischen Spiele entwickelt hatte. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass sie keine Sportarten, sondern verschiedene Sexstellungen darstellen. „Ich fand die Idee witzig“, sagt Gosia Warrink. „Ich mag es, wenn die Dinge leichtfüßig wirken.“

Die „Kamasutra“-Tapete ist eine spielerische Anlehnung die Strichmännchen von Otl Aicher.
Die „Kamasutra“-Tapete ist eine spielerische Anlehnung die Strichmännchen von Otl Aicher.

© Gosia Warrink

Mit derselben Leichtigkeit balanciert sie auf der Grenze zwischen Kunst und Design. Bei ihren neuesten Entwürfen verzichtet sie ganz auf Rapportdruck und die technische Perfektion. Jede Rolle wird nun von Hand bemalt, wie ein Gemälde. Wobei: „Eine Leinwand ist immer eine Beschränkung“. Deshalb bespielt sie lieber Tapetenbahnen. „Fischgrat ist eines meiner absoluten Lieblingsmuster“, schwärmt sie. „Ach, ich mag sie alle.“

Geradezu archaisch wirken zwei weitere Entwürfe. Satte, kräftige Farben und Muster, die an traditionelle afrikanische Stammeskunst erinnern, vermitteln eine warme, exotische Atmosphäre. Inspiriert haben Gosia Warrink dabei spielende Kinder. Wer genauer hinschaut, entdeckt zwei lustige Gestalten: Ein kleines Mädchen, das Handstand macht, und einen Jungen, der Steine in seine Hosentasche stopft.

"Pictogram series", angelehnt an afrikanische Muster, wirkt wie ein abstraktes Gemälde.
"Pictogram series", angelehnt an afrikanische Muster, wirkt wie ein abstraktes Gemälde.

© promo

Das Besondere an diesen Entwürfen: Jede Tapete ist ein Unikat, die Formen nie exakt gleich. „Ich liebe es, frei mit Farben und Motiven zu experimentieren.“ Dafür wurde Gosia Warrink mit dem German Design Award in der Kategorie Excellent Product Design ausgezeichnet. Wen wundert’s?

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