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Digitaler Dino. Den Schädel eines T-Rex drucken TU-Wissenschaftler originalgetreu in 3D aus. Über die Frage, ob alle T. rexe wirklich Rexe sind, oder auch Reginas oder Imperatoren, zerbrechen sich andere ihre ganz realen Köpfe.

© Heinrich Mallison/MfN

Zweifel an der Einzigartigkeit des bekanntesten aller Dinos: T. rex - oder Three rex?

Der ikonischste Dinosaurier soll laut einer Studie keine einzelne Art gewesen sein, sondern drei. Diese These wird derzeit unter Paläontologen heiß diskutiert.

Er ist der aus heutiger Sicht wohl furchteinflößendste Dinosaurier. Und als vor 66 Millionen Jahren die Dinos untergingen, war er auch noch nicht längst ausgestorben wie andere ikonische Arten, sondern dabei, betroffen, wurde ausgelöscht. Eine der einflussreichsten Popgruppen der siebziger Jahre benannte sich nach ihm.

So ist Tyrannosaurus rex die mit Abstand bekannteste Dinosauerierspezies. Das Problem ist nur: Ein paar Leute, die sich mit Dinosauriern auskennen und Fossilien jetzt noch einmal detailliert analysiert haben, sagen, T. rex sei gar keine Spezies. Sondern drei.

Die Dreierhypothese, nach der T. rex aufgeteilt werden muss in T. rex, T. regina und T. imperator, steht aktuell im Fachmagazin „Evolutionary Biology“ nachzulesen.

Unabhängiger Gelehrter mit unabhängigen Gedanken

Sie stammt passenderweise auch von wiederum drei Dinosauerierfachleuten. Von denen arbeiten zwei als akademische Wissenschaftler. Einer, der Hauptautor Gregory Paul, ist eher bekannt als Illustrator und „Paläokünstler“, arbeitet aber auch seit langem als „unabhängiger Gelehrter“ in der Saurier-Paläontologie.

Die drei haben 37 in Museen und Privatsammlungen aufbewahrte und T. rex zugeordnete Fossilien neu analysiert und Maße von Knochen und Zähnen verglichen. Was sie fanden waren Unterschiede, die ihrer Ansicht nach so groß sind, dass die zugehörigen Tiere nicht zur selben Spezies gezählt werden können.

Aus Eins mach Drei

Tyrannosaurus wäre damit eine Gattung mit drei Arten, zum rex, dem König, kämen gut einprägbar die Königin (regina) und der Kaiser (imperator).

Schon bevor sich aus Fachkreisen jemand überhaupt zu Wort melden konnte, sagte Paul der New York Times, die Studie werde „wahrscheinlich die Paläo-Community und die Öffentlichkeit, die so an den guten alten T. rex gewöhnt sind, erschüttern“.

Steile These, etwas flachere Nachweise

Tatsächlich erschüttert die ganze Welt derzeit eher etwa anderes, was die Autoren aber ja nicht vorab wissen konnten.

(Lesen sie hier unseren Live-Blog zur aktuellen Situation im Ukraine-Konflikt.)

Die Studie werde jedoch, so Daniela Schwarz, Sauropoden-Expertin und Leiterin der Sammlung fossiler Reptilien und Vögel am Berliner Museum für Naturkunde (MfN), zu der auch ein gewisser Tristan Otto gehört, durchaus „unter Wissenschaftlern derzeit sehr stark diskutiert“.

Die Schlussfolgerungen würden aber „eigentlich von allen führenden Experten abgelehnt“.

Shades of Grey

Das bedeute nicht, dass es nicht möglicherweise tatsächlich unterschiedliche Tyrannosaurus-Arten gegeben haben könne. Nur präsentiere die Studie eben keinen starken Nachweis dafür.

Dass eine der wichtigsten und bestuntersuchten Dinosaurier-Spezies nicht das ist, was man bisher glaubte, ist schlicht eine starke These. Aber, wie der Astronom Carl Sagan einmal sagte – und auch der Universalgelehrte Pierre-Simon Laplace sinngemäß lange vor ihm: Außergewöhnliche Thesen verlangen es, mit außergewöhnlich guten Nachweisen untermauert zu werden. Die, so sagte es etwa Thomas Carr, Paläontologe am Carthage College in Kenosha, USA, dem Magazin „National Geographic“, gebe es nun wirklich nicht. Paul und seine Mitstreiter präsentierten nur „Abstufungen von Grau“ ("Shades of Grey" ), so Carr, der als Koryphäe gilt.

Unterschiede ja, klare Abgrenzung nein

Die MfN-Forscherin Schwarz sieht es ähnlich. Es gebe zwar offensichtliche Unterschiede zwischen verschiedenen Funden. Doch diese seien nicht nur weitestgehend längst bekannt, sondern lägen eben „in einem Form-Kontinuum“. Es gebe also keine „deutlich von einander getrennten einzelnen Morphen“.

Kraftvoll zubeißen konnten Tyrannosaurier zweifelsohne. Aber auch der stärkste Biss braucht Kontrolle, wofür die Dinos wohl eine besonders feinfühlige Schnauze hatten. Unter anderem Unterscheide in den Zähnen lassen manche Forscher auch zweifeln, ob alle T. rexe wirklich zur selben Art gehörten.
Kraftvoll zubeißen konnten Tyrannosaurier zweifelsohne. Aber auch der stärkste Biss braucht Kontrolle, wofür die Dinos wohl eine besonders feinfühlige Schnauze hatten. Unter anderem Unterscheide in den Zähnen lassen manche Forscher auch zweifeln, ob alle T. rexe wirklich zur selben Art gehörten.

© Dino Pulerà

So könnten Unterschiede in Größe, Knochenstruktur und sogar Zahnform etwa auf unterschiedliches Nahrungsangebot zurückgehen oder schlicht darauf, dass manche Tiere vielleicht noch nicht völlig ausgewachsen waren.

Auch Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen seien möglich. Auch diese würden unter Fachleuten diskutiert, aber auch hier reichten die Nachweise eben nicht aus.

Der Spezies-Split ist damit nicht endgültig vom Tisch

Es bleibe, sagt Schwarz diplomatisch, „für die Zukunft abzuwarten, ob neue Funde eventuell auch neue Informationen bringen und die Beweislage soweit ergänzen können, um eine artliche Abgrenzung innerhalb von Tyrannosaurus valide zu machen.“ Die neue Arbeit leiste aber durchaus „einen wichtigen Beitrag dazu, die Variabilität und Morphologie von Tyrannosaurus noch besser zu verstehen und dient als Anregung, um dieses Material in der Zukunft mit neuen und integrativeren Ansätzen zu betrachten.“

Rexpertise. Daniela Schwarz, Expertin für fossile Echsen am Museum für Naturkunde. (Archivbild von 2015)
Rexpertise. Daniela Schwarz, Expertin für fossile Echsen am Museum für Naturkunde. (Archivbild von 2015)

© Mike Wolff

Ein Problem wird bleiben, dass selbst Fachleute sich gar nicht so einig sind, was eine Spezies überhaupt ist. Nach dem so genannten „biologische Art-Konzept“ besteht eine Art aus einer Gruppe von Individuen, die sich untereinander fortpflanzen und fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugen können.

Ein Ukrainer

Von anderen ähnliche Gruppen isoliert sollten sie möglichst auch sein. Zu all diesen Faktoren ist es natürlich bei Fossilien noch einmal deutlich schwerer, sichere Nachweise zu finden als etwa für durchaus untereinander fortpflanzungsfähige, aber teilweise auch sehr von einander isolierte Wanderratten oder Haussperlinge. Trotzdem ist es das Art-Konzept, das nach wie vor als das wichtigste gilt. Es stammt von zwei Evolutionsbiologen: dem Deutschen Ernst Mayr und Theodosius Dobzhansky, einem Ukrainer.

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