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Die Zunge des Jungen in der Saftflasche.

© Kinderkrankenhaus Auf der Bult/dpa

Zunge bleibt in Saftflasche stecken: Wie zwei Ärzte einen Jungen mit einem simplen Trick retteten

Die Zunge des Siebenjährigen war lila und geschwollen. Dann erinnerte sich einer der Mediziner an eine Erfahrung mit einer Weinflasche.

Das Missgeschick sieht lustig aus, ist aber lebensbedrohlich: In Hannover ist ein siebenjähriger Junge beim Saftauslecken mit der Zunge in einer Glasflasche steckengeblieben. In der Notaufnahme des Kinder- und Jugendkrankenhauses Auf der Bult befreiten ihn die Ärzte Christoph Eich und Simone Arndt mit einem simplen Trick, wie sie in der jüngsten Ausgabe des "European Journal of Anaesthesiology" schildern.

Die Mediziner schoben vorsichtig eine dünne Kunststoffkanüle zwischen Zunge und Flaschenhals und spritzten 60 Milliliter Luft hinein. Durch den Überdruck wurde die violett verfärbte Zunge herausgedrückt, die stark angeschwollen war. Der Junge blieb noch 24 Stunden zur Beobachtung in der Klinik, nach 14 Tagen war von dem Bluterguss und der Schwellung nichts mehr zu sehen.

Die Zunge nach der Rettungsaktion.
Die Zunge nach der Rettungsaktion.

© Kinderkrankenhaus Auf der Bult/dpa

Wie häufig Kinder mit der Zunge in Flaschen steckenbleiben, ist nicht bekannt. Meist geschieht so ein Fall, wenn Schulkinder mit einer Flasche spielen. Oft ist ihnen dabei die Gefahr nicht bewusst, dass sie steckenbleiben könnten. Wird der vordere Teil der Zunge im Flaschenhals stranguliert, führt das zu einer Flüssigkeitsansammlung im Gewebe, zu einem verminderten Blutfluss, zum Platzen kleinster Blutgefäße und zu Schmerzen. Durch die Schwellung besteht die Gefahr, dass die Zunge die oberen Atemwege blockiert und die Kinder keine Luft mehr bekommen.

Der Trick hatte schon einmal mit einer Weinflasche geklappt

In den meisten Fällen, die in der Fachliteratur beschrieben wurden, mussten die Flaschen aus Glas, Plastik oder Metall zerschnitten werden, teils mit Hilfe der Feuerwehr. "Das bedeutet eine höhere Verletzungsgefahr", sagte Eich. Zudem habe es in früheren Fällen eine Vollnarkose, eine örtliche Betäubung oder sogar Intubationen gegeben. Die Überdruck-Methode sei dagegen simpel, effektiv und sicher.

Zunächst hatten die Ärzte in der Notaufnahme vergeblich versucht, den Flaschenrand gleitfähig zu machen sowie das vermeintliche Vakuum zu entlasten. Eich kam dann auf die Idee mit der Luftspritze, weil er mit der gleichen Technik als junger Assistenzarzt einmal eine Weinflasche geöffnet hatte, als kein Korkenzieher zur Hand war.

Als die Ärzte nachträglich in der Literatur suchten, ob die Methode schon einmal verwendet worden war, fanden sie nur einen einzigen Fall, der mehr als 30 Jahre zurücklag. Sie empfehlen, die Methode in ähnlichen Fällen künftig zu bevorzugen, bevor andere Techniken zur Anwendung kommen, für die die Patienten vielleicht sogar in Narkose versetzt werden müssen. (fsch/dpa)

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