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Gentherapie. Gesucht werden Erbeigenschaften, die Buchen widerstandsfähig gegen Trockenheit machen.

© Patrick Pleul, dpa

Zum Tag des Waldes: Zähe Buchen für die Wälder der Zukunft

Rotbuchen kommen besser mit Dürre zurecht. Senckenberg-Forscher haben nun das Erbgut der Buche entschlüsselt, um besonders widerstandsfähige Sorten zu finden.

Die Förster Mitteleuropas beobachten den Klimawandel mit Argusaugen. Ist doch vielerorts die Buche der wichtigste Baum in den Wäldern. Steigende Temperaturen stecken Rotbuchen zwar relativ gut weg, nicht aber längere Perioden ohne Niederschlag. 

Die Dürre in den Hitzesommern 2003, 2018 und 2019 quittierten viele Buchen in Mitteleuropa dann auch mit dem Abwerfen ihrer noch grünen Blätter im Sommermonat August.

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Beschert uns der Klimawandel solche Trockenperioden in Zukunft häufiger, könnte der wichtigste Baum vieler Wälder erheblich in Schwierigkeiten kommen. Es sei denn, die Förster greifen auf Rotbuchen zurück, die mit Dürren besser zurechtkommen. 

Am 21. März wird weltweit der Internationale Tag des Waldes begangen, dabei wird es einmal mehr um die Frage gehen, wie der Wald der Zukunft auszusehen hat.

Bäume, die Wassermangel trotzen 

Die Grundlagen für die Suche nach widerstandsfähigen Bäumen haben Marco Thines vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main und seine Kollegen gelegt, als sie das Erbgut der Rotbuche entschlüsselt haben. Darin können sie gezielt nach Erbeigenschaften suchen, mit deren Hilfe die Bäume solchem Wassermangel trotzen.

Solche Erbgut-Analysen gelten im 21. Jahrhundert ohnehin als eine Art Königsweg zum Züchten von Pflanzen, die besser an bestimmte Umwelteinflüsse angepasst sind. „Wir haben uns deshalb schon ein wenig gewundert, dass bisher niemand das Erbgut der Rotbuche analysiert hatte, während das Genom des Kohls längst bekannt ist, das sich viel schwerer untersuchen lässt“, sagt Marco Thines. 

Der Senckenberg-Forscher interessiert sich besonders für Pilzinfektionen. Auch bei solchen Pflanzenkrankheiten kann das Erbgut einiges über die Widerstandkräfte gegen solche Erreger verraten.

Einen geeigneter Baum zur Erbgut-Analyse sollte von der Forstwirtschaft noch wenig beeinflusst sein und von Buchen abstammen, die in den vergangenen Jahrtausenden in der gleichen Gegend wurzelten. Ihn fand Thines im Nationalpark Kellerwald-Edersee im Norden Hessens.

Wohl 300 Jahre war es her, seit die Rotbuche als Schössling aus einer noch älteren Buche entstand, die an der Kante eines steilen Hanges stand. Offenbar weil die Förster dort nur schwer hinkamen, hatten sie kaum in den Wald eingegriffen.

Rund 130.000 Gene der Rotbuche identifiziert

Da Bäume ihre wertvollen Knospen besonders gut vor Infektionen schützen, holten sich die Forschenden aus einer solchen Knospe das Erbgut und konnten so stärkere Verunreinigungen mit schädlichen Parasiten ausschließen.

Tatsächlich konnten sie daraus das Erbgut ohne größere Probleme isolieren und analysieren. Rund 130.000 Gene der Rotbuche identifizierten die Forscher in diesem Genom. Und schufen damit eine Grundlage, mit der sie und andere Botaniker das Erbgut anderer Buchen vergleichen können. Dieses erste Rotbuchen-Erbgut ist also so etwas Ähnliches wie ein Urmeter, an dem alle anderen Längenmaßstäbe geeicht werden können.

„Es gibt zum Beispiel im Süden Italiens einen sehr schönen Buchenwald, dessen Bäume anscheinend viel besser mit längeren Trockenperioden zurechtkommen als die hiesigen Buchen“, erklärt Marco Thines. 

Analysieren die Forscher das Erbgut eines dieser Bäume, können sie die Erbeigenschaften der süditalienischen Bäume mit denen mitteleuropäischer Rotbuchen vergleichen. Finden sie bei einzelnen Genen deutliche Unterschiede zum „Urmeter“ aus dem Kellerwald, könnten diese Erbeigenschaften unter Umständen für die höhere Widerstandskraft gegen Trockenheit verantwortlich sein. 

Taucht dieses Gen auch vereinzelt in hiesigen Buchen auf, können die Forscher diese genauer unter die Lupe nehmen. Kommen solche Bäume ebenfalls gut mit Trockenheit zurecht, könnten sie zu den Eltern einer neuen Buchen-Generation werden, die Dürren gut wegstecken. Genauso lassen sich Erbeigenschaften in Buchen suchen, die bei der Abwehr oder dem Unschädlichmachen von Krankheitserregern helfen.

Genom könnte uraltes Rätsel lösen

Das erste Rotbuchen-Genom kann vielleicht auch helfen, ein uraltes Rätsel der Waldforscher zu lösen. Die fragen sich nämlich, weshalb Buchenwälder als „Nachzügler“ erst vor 5000 oder 6000 Jahren nach Mitteleuropa zurückkamen, während andere Baumarten wie Eichen oder Ahorn bereits viel früher eintrafen. 

In der Eiszeit selbst hatten die Gletscher zwar Teile der norddeutschen Tiefebene und das Voralpenland unter sich begraben und waren im Norden bis in die Gegend des heutigen Berlins vorgerückt. Der größte Teil des Landes aber war eine offene Graslandschaft, über die kalte Winde von den Gletschern pfiffen.

Buchenwälder gab es in dieser Zeit wohl nur in südlicheren Gefilden wie auf dem Balkan. Als sich die Gletscher am Ende der Eiszeit aus Mitteleuropa zurückzogen, kehrten bald auch die ersten Weiden, Birken und Kiefern zurück. Später folgten Eiche, Ulme, Linde, Ahorn und Esche – nur die Rotbuche ließ noch auf sich warten. 

Der heutige Charakterbaum der mitteleuropäischen Wälder breitete sich nur langsam aus: Seine rund eineinhalb Zentimeter langen Bucheckern sind viel zu schwer, um vom Wind weit getragen zu werden. 

Zwar enthalten diese Früchte sehr viel Fette und Öle und sind daher bei Nagetieren und Vögeln durchaus beliebt. Nur gehören diese Tiere auch nicht gerade zu den Weitwanderern. Daher kommt die Buche in einem durchschnittlichen Jahr gerade einmal 260 Meter weiter.

Allerdings treffen ähnliche Argumente natürlich auch auf die Eichen und deren Eicheln zu. Trotzdem erreichten die Eichen Mitteleuropa Jahrtausende vor den Buchen – und wurden später von diesen zum großen Teil wieder verdrängt. Das liegt unter anderem am dichten Blätterdach der Buchen, das wenig Licht durchlässt. 

Mit dem Dämmerlicht am Boden eines Buchenwaldes kommen kaum Jungbäume anderer Arten zurecht. Kleine Buchen dagegen halten am dusteren Waldboden viele Jahre lang durch. Erst wenn sterbende Bäume das dichte Kronendach aufreißen, nutzen die Jungbäume ihre Chance, stoßen in die Lücke und wachsen ans Licht. 

Dieser Zyklus klingt sehr überzeugend, lässt aber auch die Frage offen, weshalb die Rotbuche sich damit nicht viel früher durchgesetzt hat. Vielleicht findet Marco Thines ja im Erbgut der Rotbuche eine Antwort darauf. 

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