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Ausschließen wollen die FU-Studierenden „Projekte explizit militärischen Nutzens“. Im Bild ein Berliner Ostermarsch.

© picture alliance / dpa

Zivilklausel an der FU Berlin?: Politologen streiten über "Militärforschung"

Eine studentische Initiative, die eine Zivilklausel für den Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität fordert, ist vorerst gescheitert. Andere Unis in Deutschland haben die Klausel schon.

Sollten Universitäten Forschung zu militärischen Zwecken betreiben dürfen? Hochschulen, die diese Frage mit „Nein“ beantworten, haben Zivilklauseln in ihren Grundordnungen verankert: Als erste Universität Deutschlands ging Bremen 1989 die Selbstverpflichtung ein, nur für friedliche Zwecke zu forschen. Es folgten unter anderem die Technische Universität Berlin, die Uni Konstanz und in diesem Jahr Frankfurt und Göttingen.

Wenn es nach den Studierenden des „Arbeitskreises Zivilklausel“ am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin gegangen wäre, hätte die Fächergruppe am Mittwoch ebenfalls festgelegt, dass an „Projekten explizit militärischen Nutzens“ nicht geforscht werden darf. Seit Dezember hatte es kontroverse Diskussionen um den Antrag der Studierenden gegeben, die Abstimmung war mehrmals verschoben worden. Doch der Antrag wurde im Fachbereichsrat mit neun Nein- zu fünf Ja-Stimmen abgelehnt. Doch die Studenten haben angekündigt, das Thema auf der Tagesordnung zu halten.

Rund acht Millionen Euro bekommen deutsche Hochschulen jährlich vom Bundesverteidigungsministerium als Drittmittel für Forschungen. Zu lange sei das Augenmerk der Kritik auf rein technische Fachbereiche gelegt worden, sagt Fabian Namberger vom Arbeitskreis: „Auch und gerade in den Sozialwissenschaften wird nicht im moralisch luftleeren Raum geforscht“, sagte er. Namberger kritisiert, dass sich der Fachbereich „nicht zu seiner gesellschaftlichen Verantwortung bekennen“ wolle.

Außer der Verpflichtung zur friedlichen Forschung sah die von den Studierenden beantragte Klausel die Gründung eines „Ethikrats“ vor, der bei „berechtigten Bedenken“ bezüglich eines Forschungsprojekts zu Rate gezogen werden sollte. Als Beispiel für einen Beratungsfall für den Ethikrat nannte die Gruppe eine Studie des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Sonderforschungsbereichs 700 der FU. In der Studie werde der Afghanistankrieg rückwirkend legitimiert, argumentieren die Studierenden. „In den Sozialwissenschaften geht es oftmals darum, die Akzeptanz von Kriegseinsätzen vorzubereiten“, sagt Liisa Noack vom Arbeitskreis. Thomas Risse, Professor für Internationale Beziehungen und zudem Sprecher des SFB 700, wies die Vorwürfe empört zurück. Die Zivilklausel komme einer „Gesinnungsschnüffelei“ gleich. Der Ethikrat erscheine ihm wie ein „Wächterrat“, der unliebsame Forschung unterdrücken solle. Vertreter des Arbeitskreises erwiderten, der Ethikrat habe lediglich „Empfehlungen“ aussprechen sollen.

Orientiert hatten sich die Studierenden mit ihrem Antrag an Zivilklauseln anderer Hochschulen. Nach Beratungen mit Professoren war die Formulierung mehrfach geändert worden. Gleichwohl kritisierten viele Dozenten am Mittwoch, die Zivilklausel könnte in der Praxis zu radikal ausgelegt werden. Insbesondere sei nicht klar, was mit „explizitem militärischem Nutzen“ genau gemeint sei. „Natürlich sollte ein Fachbereich sich zu seiner gesellschaftlichen Verantwortung bekennen“, sagte Bernd Ladwig, Professor für politische Theorie am Otto-Suhr-Institut. „Aber wir zensieren uns selbst, wenn wir uns verpflichten, jedes Projekt zu unterbinden, das vielleicht zufällig auch militärischen Zwecken dienen könnte.“

Ladwig legte am Mittwoch einen in der Formulierung abgeschwächten Alternativantrag zur Abstimmung vor. Demnach sollte es etwa heißen, „die am Fachbereich tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligen sich in keiner Form an Projekten, die der Vorbereitung von Angriffskriegen dienen“. Dieser Vorschlag wurde jedoch mit 12 Nein-Stimmen zu drei Ja-Stimmen abgelehnt.

Andere Lehrende begrüßten das Projekt grundsätzlich, hatten jedoch ebenfalls Zweifel an der Formulierung der Klausel. „Ich glaube, dass es eine positive Strahlwirkung auf die ganze Uni haben könnte, wenn unser Fachbereich sich dazu verpflichtet“, sagte Ethnologie-Professorin Birgitt Röttger-Rössler. Einzelheiten müssten jedoch noch genauer ausgefeilt werden. Ob und wann eine verbesserte Version der Klausel im Fachbereichsrat erneut auf den Tisch komme, bleibe abzuwarten.

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