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Streitfrage. Muss die HU „konservativ“ ausbilden, damit die Moscheen ihre Absolventen einstellen?

© imago stock/people

Zentrum an der HU Berlin: Islam-Institut kommt offenbar später

Das geplante Islam-Zentrum kommt offenbar später: Die Verständigung mit den Islam-Verbänden bleibt schwierig, wie eine Anhörung im Abgeordnetenhaus zeigte. Liberale Verbände fordern „Signale“ vom Senat.

Der Zeitplan für das Islam-Institut an der Humboldt-Universität wackelt. Die bislang angestrebte Berufung der vier Professuren zum Wintersemester 2018/19 und die Aufnahme des Studienbetriebs ein Jahr später werden an der HU mittlerweile für „unrealistisch“ gehalten. Das wurde bei einer Anhörung des Gründungsbeauftragten Michael Borgolte am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses deutlich. Unter anderem habe man mit den fünf beteiligten Islam-Verbänden noch keine Einigung über die Denomination der Professuren erzielt, berichtete Borgolte. Neben den fünf großen und durchweg konservativ ausgerichteten Verbänden auch liberale Vereinigungen einzubeziehen, hält Borgolte – ebenfalls mit Verweis auf den Zeitplan – für schwierig. Dies hatten Berliner CDU-Abgeordnete wie berichtet am Freitag in einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) gefordert.

Wo hakt es bei der Gründung des Instituts für islamische Theologie? Als ein Beispiel nannte Borgolte die Diskussion über die Ausrichtung der Professuren. Mit der Koranexegese und der islamischen Religionspädagogik seien von vornherein zwei Denominationen gesetzt. Über die anderen beiden Professuren haben man sich noch nicht einigen können, was Borgolte auch darauf zurückführt, dass die Verbandsvertreter immer wieder Abstimmungsbedarf mit verschiedenen Strömungen innerhalb ihrer Verbände anmeldeten. Eine vorentscheidende Sitzung Mitte Mai zu dieser Frage hätten sie abgesagt, deshalb könnten die Professuren auch noch nicht ausgeschrieben werden. Nach der Ausschreibung brauche es dann noch einmal zwei Jahre, bis die Gelehrten ihre Arbeit tatsächlich aufnehmen können. Große Probleme hätten die Verbände auch mit ihrer „Selbstentmächtigung“, also damit, die Auslegung ihrer Religion an eine staatliche Institution wie die Universität abzugeben.

Borgolte verteidigte die Zusammenarbeit mit den Verbänden

Borgolte verteidigte weitgehend, dass Universität und Senat an der Zusammenarbeit mit eben diesen Verbänden – der türkischen Ditib, der Islamischen Föderation Berlin, dem Verband der Islamischen Kulturzentren, dem Zentralrat der Muslime in Deutschland und der Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands – festhalten wollen. Zwar müssten auch liberale Richtungen „Gelegenheit bekommen, am künftigen Beirat mitzuwirken“, sagte Borgolte. Solche Zuwahlen sollten im Vertrag zwischen Universität, Senat und Verbänden auch vorgesehen werden. Ein Entwurf gebe den großen Verbänden schon jetzt kein Vetorecht. Doch die fünf Verbände verträten nun einmal die größte Zahl der Muslime und die Absolventen sollten Anstellung in ihren Moscheegemeinden finden, sagte Borgolte.

Würde jetzt eine Diskussion beginnen, welche anderen Vereinigungen zusätzlich einbezogen werden könnten, gerate die Sache „aus dem Lot“. Der CDU-Abgeordnete und wissenschaftspolitischen Sprechers Christian Hausmann fragte, ob sich die Universität mit der Festlegung auf die „Abnahme“ der Absolventen und damit auf eine konservative Richtung der Ausbildung nicht „erpressbar“ mache.

Liberale fordern Zeichen für Öffnung

Die universitäre Ausbildung solle keineswegs nur „unmittelbar pragmatisch“ ausgerichtet sein, sagte Borgolte. Zumal die Frage offen sei, ob es sich Moscheegemeinden finanziell leisten könnten, deutsche Uniabsolventen als Imame einzustellen. „Deshalb werden wir auch anderes Personal unterhalb der Imam-Ebene ausbilden.“

Nushin Atmaca, Islamwissenschaftlerin und Vorsitzende des Libera-Islamischen Bunds, forderte den Senat am Rande der Sitzung auf, „Signale“ für eine Öffnung des Beirats auszusenden. Der Verein betreibt vier Gemeinden, darunter in Berlin und in Köln, und erhebt den Anspruch, eine „liberale progressive Sichtweise“ in die islamische Theologie einzubringen. Staatssekretär Steffen Krach gab Borgolte im Wissenschaftsausschuss freie Hand. Wenn er die Aufnahme eines weiteren Verbandes für richtig halte, sei das in Ordnung. Auch der Zeitplan sei „nur ein Vorschlag“.

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