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Eine junge Wissenschaftlerin sitzt in einem Lesesaal der Staatsbibliothek zu Berlin an ihrem Laptop.

© Mike Wolff

Worauf #Hanna wartet: Berlin nähert sich den 35 Prozent Dauerstellen

Hochschulverträge zeigen Wirkung: Der Anteil der Dauerstellen steigt generell von 17 auf 19 Prozent, bei den Haushaltsstellen sind es aber schon 34 Prozent.

An den Berliner Unis sind von den Forschenden des wissenschaftlichen Mittelbaus noch immer nicht einmal 20 Prozent unbefristet eingestellt. Trotz aller Kampagnen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft – aktuelles Stichwort: #IchbinHanna - ist der Anteil der Beschäftigten mit unbefristeten Verträgen in den vergangenen Jahren auch kaum gestiegen.

Das ergibt eine Antwort der Senatskanzlei Wissenschaft auf eine Anfrage von Tobias Schulze, dem wissenschaftspolitischen Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Berlinweit liegt der Anteil der Unbefristeten zum Beginn dieses Jahres bei 19 Prozent, Anfang 2017 waren es 17 Prozent. Die Zahl bezieht sich auf alle Beschäftigten, also auch die in Drittmittelprojekten.

Der Unterschied zwischen den Unis ist dabei groß. Besonders niedrig ist der Anteil der Unbefristeten im Mittelbau an der Freien Universität mit 13 Prozent, besonders hoch an der UdK (35 Prozent). Die Humboldt-Universität und die Charité liegen bei 18 beziehungsweise 21 Prozent. Die Technische Universität lieferte keine Daten, da ihre EDV wegen des Hackerangriffs immer noch gestört ist.

An der HU sind 41 Prozent der Haushaltsstellen unbefristet

Etwas besser sieht es aus, wenn man nur die Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen betrachtet, die aus festen Haushaltsmitteln finanziert werden. Der Anteil liegt hier insgesamt höher (berlinweit 34 Prozent, nach 31 Prozent 2017).

Auch sind hier die Sprünge an FU und HU etwas deutlicher. Die HU hatte 2017 noch 33 Prozent mit einem unbefristeten Vertrag eingestellt, jetzt sind es 41 Prozent. An der FU legt der Anteil von 29 auf 35 Prozent zu. Kaum Bewegung gibt es dagegen an der Charité (2021: 30 Prozent, 2017: 29 Prozent).

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In den bis 2022 laufenden Hochschulverträgen hatte der Senat die Unis dazu verpflichtet, den Anteil ihrer entfristet beschäftigten Mitarbeiter bei den Haushaltsstellen auf 35 Prozent zu erhöhen. Das ist also fast geschafft worden – auch wenn es umstritten ist, ob Lehrbeauftragte, die nicht forschen, wirklich dazu gerechnet werden sollten, wie es jetzt getan wurde.

Ein Qualitätsproblem des Wissenschaftssystems

Für Tobias Schulze werden durch die Anfrage noch einmal  die „gravierenden Konstruktionsfehler der Personalstruktur an unseren Hochschulen“ sichtbar, auf die die Aktion #IchBinHanna erneut aufmerksam machte: „Ein Heer an befristeten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern steht einer geringen Zahl erreichbarer Dauerpositionen gegenüber.“

Das „Befristungsunwesen“ sei nicht nur ein Problem prekärer Beschäftigung von Höchstqualifizierten, sondern ein Qualitätsproblem des Wissenschaftssystems. „Wir haben es häufig mit einer umgekehrten Bestenauslese zu tun: Wer kann, geht nach der Promotion ins Ausland.“

Die Zahlen für Berlin zeigen in Schulzes Augen immerhin, dass die Hochschulverträge für den Bereich der haushaltsfinanzierten Stellen „langsam Wirkung zeigen“. Im Zuge der kommenden Hochschulvertragsverhandlungen müsse die Debatte geführt werden, welcher Anteil an entfristeten Stellen in diesem Bereich angemessen sei.

Für das noch größere Problem im projektfinanzierten Bereich habe die Linke vorgeschlagen, über Pooling und Rolling Contracts entfristete Beschäftigung auch für Drittmittelprojekte zu ermöglichen.

Schulze wies auch noch einmal auf die Hochschulgesetznovelle hin, in deren Rahmen die Personalstruktur modernisiert werden solle. „Neben den WiMis wollen wir eine eigenständige Karriereoption neben der Professur im Angestelltenverhältnis schaffen, die über ein qualitätsgesichertes Qualifikationsverfahren bereits nach der Promotion einsetzt.“

Eine solche Kategorie könnte die Attraktivität der Berliner Hochschulen nicht nur für den eigenen Nachwuchs, sondern auch für ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler steigern.

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