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Portal des historischen Hauptgebäudes der Universität Hamburg.

© Bodo Marks/dpa

Wissenschaftliches Fehlverhalten: Seltsames Vorgehen beim Plagiats-Check

Plagiats-Experten wundern sich über die Uni Hamburg, die einen Verdachtsfall lediglich durch das dreiköpfige Dekanat prüfen ließ.

Die Universität Hamburg hat seit Anfang dieses Jahres einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um den Plagiatsverdacht gegen eine Habilitationsschrift von 2005 zu klären. Bei akademischen Prüfungen wie der Habilitation für den Hochschullehrerberuf werden Plagiatsvorwürfe üblicherweise durch Professoren und weitere Dozenten im Fakultätsrat überprüft. Doch in dem Hamburger Fall, einer Arbeit zu einem Thema in der beruflichen Weiterbildung, wurde anstelle der Hochschullehrenden allein das dreiköpfige Dekanat aktiv. Der Verfasser ist heute Professor und Institutschef an der Goethe-Universität in Frankfurt.

Das Trio aus einer Psychologin und zwei Pädagogen für Schule und Sport kam im August und damit sehr viel schneller als alle anderen Fakultäten hierzulande zu einem Ergebnis: Der Nachweis für ein Plagiat, welches eine nachträgliche Nichtanerkennung der Habilitationsschrift rechtfertigen würde, sei „nicht zu führen“. Näher begründet wird diese Ermessensentscheidung nicht. Ein solches Vorgehen sei in Deutschland vollkommen unüblich und wohl einmalig, sagt Wolfgang Löwer, der langjährige Chef der bundesweiten Prüfstelle für wissenschaftliches Fehlverhalten, auf Anfrage.

Verbreitete Abneigung von Hochschulen, aufwändig zu prüfen

Die Hamburger Uni begründet die Befassung des Dekanats mit dem Fall auf Nachfrage so: Unter den Aufgaben, die das Hochschulgesetz den Fakultätsräten zuschreibt, „findet sich die Überprüfung von Habilitationen in Bezug auf einen Plagiatsverdacht nicht“. Wegen fehlender „Zuständigkeitsregelung“ falle die Überprüfung also dem Dekanat zu. Wolfgang Löwer stellt nach dem kleinen Einmaleins des Verwaltungsrechts richtig: Wer für den Erlass eines Verwaltungsaktes wie der Habilitation zuständig ist, sei dies genauso für die Aufhebung. Dafür bedürfe es keiner ausdrücklichen Regelung.

Demgegenüber verweist die Uni hilfsweise auf die Prüfungsordnung der WiSo-Fakultät, die die „Rücknahme der Habilitation“ in einem eigenen Paragraphen dem Dekanat zuweist. Dabei geht es laut Löwer aber einzig und allein um die praktische Umsetzung eines bindenden Beschlusses der Hochschullehrer ("Vollzugskompetenz"). Verwundert äußert sich auch der Plagiatsexperte Volker Rieble über das Hamburger Vorgehen. Er beobachte schon länger eine Abneigung von Hochschulen, Plagiatsvorwürfe in aufwändigen Verwaltungsverfahren zu klären. Hamburg zeigt, wie es effektiver gehen kann – wenn sich kein Widerspruch regt.

Hermann Horstkotte

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