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Ernst Dieter Rossmann, Mitglied des Bundestags (SPD).

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Wissenschaft und Öffentlichkeit: Wie Wissenschaft besser kommuniziert werden kann

Der Dialog mit der Öffentlichkeit lässt sich intensivieren. Die SPD stellt dafür Vorschläge zur Diskussion. Ein Gastbeitrag von Ernst Dieter Rossmann (SPD).

Der Dialog von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft muss intensiviert, neue Beteiligungsformen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft müssen erprobt und die Wissenschaftskommunikation gestärkt werden. Diese Zielsetzung des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD darf sich jetzt nicht länger in Unverbindlichkeit und Ideenlosigkeit verlieren. Gebraucht wird jetzt ein kräftiger Impuls für die öffentliche und parteiliche Diskussion, die endlich eine Klärung für einige zentrale Fragen bei der Stärkung der Wissenschaftskommunikation bringt.
Das wird nicht leicht sein. Wissenschaft wie Journalismus sind schließlich aus guten Gründen mit besonderen Freiheiten ausgestattet. Wissenschaftskommunikation sollte dabei in den Aufgabenstellungen wie Strukturen bei aller Bedeutung für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft staatsfern sein und ist jedenfalls sehr sensibel durch politische wie staatliche Instanzen zu behandeln.
Dass die Wissenschaftskommunikation zunehmend als Herausforderung erkannt wird, hat mit einigen nachhaltigen Trends in der Produktion wie Rezeption und Funktionalisierung von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu tun. Es gibt ein exponentielles Wachstum von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Veröffentlichungen. Wir diagnostizieren eine wachsende Durchdringung von Arbeit und Wirtschaft durch Wissenschaft wie auch zivilgesellschaftliche Akteure sich immer stärker durch wissenschaftliche Erkenntnisse legitimieren, sich aber auch im Sinne einer „Citizen Science“ selbst in den wissenschaftlichen Prozess einbringen wollen. Wissenschaftskommunikation muss schließlich in eine breite Öffentlichkeit hinein Aufklärung leisten, damit es nicht zu einer Spaltung der Bevölkerung in einen kleineren Kreis von Wissenschaftsaffinen und einer größeren Zahl von Menschen kommt, die sich von Wissenschaft fern halten.

Journalisten stehen unter Druck

Fortschritte im Umfang wie in der Qualität von Wissenschaftskommunikation sind gleichzeitig in Frage gestellt, weil die medialen Strukturen sich so verändern, dass die klassischen Formen eines seriösen Wissenschaftsjournalismus zunehmend unter Druck kommen. Es fehlen vielfach die Kapazitäten für Qualitätsjournalismus in den klassischen Medien; und in den neuen Medien haben sich die Strukturen hierfür noch nicht aufgebaut. Prekäre Arbeit kann Druck auf Wissenschaftsjournalisten ausüben, zum Grenzgänger zwischen kritischem Journalismus und interessengeleitetem Marketing zu werden. Zugleich muss sich die Wissenschaftskommunikation überzeugend auseinandersetzen mit Fake News und aus ideologischen und politischen Quellen gespeisten Aktionen zum Aufbau einer anti-wissenschaftlichen Gegenöffentlichkeit.
Mit Blick auf die Stärkung der Wissenschaftskommunikation stellen die Wissensschafts- und Forschungspolitiker der SPD drei Vorschläge zur Diskussion.
Das Wichtigste: Die Förderung der Wissenschaftskommunikation braucht aus der Wissenschaft heraus Priorität und Expertise für Konzepte. Hier ist nicht nur der Wissenschaftsrat gefordert, der zügig eine Begutachtung zum Stand und den Perspektiven vornehmen sollte. Die Wissenschaftsorganisationen und die Hochschulrektorenkonferenz müssen die Initiative zur Entwicklung von gemeinsamen Grundsätzen und Konzepten für eine moderne Wissenschaftskommunikation ergreifen. Auch die Forschungsprogramme durch den Bund sind in geeigneter Form mit der Erwartung an Wissenschaftskommunikation auszuloben.

Eine Agentur könnte Projekte administrieren

Im Rahmen einer Agentur für Wissenschaftskommunikation ist unter Beteiligung von Wissenschaft wie Medien wie gesellschaftlichen Akteuren ein Förderprogramm für besondere Projekte der Wissenschaftskommunikation zu administrieren. Initiativen zu einer Wissenschafts-dpa á la Science Media Center Germany gGmbH oder andere journalistische Projekte im Wissenschaftsjournalismus sind zu unterstützen. Unter dem Dach dieser Agentur für Wissenschaftskommunikation sind auch Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzubereiten wie etwa die Ideen von einer öffentlich-rechtlichen Wissenschafts-Plattform oder einem Wissenschaftskanal im Fernsehen oder in den sozialen Medien. Die Finanzierung dieser Agentur sollte über ein Stiftungsmodell mit einer nicht nur öffentlichen Finanzierung erfolgen.
Schließlich ein dritter Vorschlag: Für die Qualitätssicherung von Wissenschaftskommunikation ist der Aufbau einer Akademie für Wissenschaftskommunikation vorzunehmen. Dieses kann entweder als eigenständige Akademie oder in der Zuständigkeit einer vorhandenen Wissenschaftsakademie geschehen. Vorrangig sind deren nationale und internationale Ausstrahlung und das Standards setzende Gewicht dieser Einrichtung. Denn darum muss es doch gehen: Qualität in der Breite und kritische Kompetenz in der Öffentlichkeit. - Der Autor ist Mitglied des Deutschen Bundestags (SPD) und Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

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