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Das historische Gebäude der Berliner Akademie am Gendarmenmarkt.

© imago stock&people/Rainer Zensen

Wissenschaft, Performance und Lesungen: Ein Salon in Zeiten von Krieg und Corona

Willkommen im Salon Sophie Charlotte: Die Berlin-Brandenburgische Akademie lädt am Sonnabend ein zum Mitdenken und Flanieren am Gendarmenmarkt.

Die Akademie am Gendarmenmarkt soll wieder leuchten und vor Leben beben, auch wenn darin sehr ernste Themen verhandelt werden. So lässt sich die Einladung zum ersten Salon Sophie Charlotte der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) in der Pandemie lesen, der in direktem Miteinander stattfinden kann.

„Das Haus ist wieder offen“, lädt Gastgeber Christoph Markschies, BBAW-Präsident seit Oktober 2020, für Sonnabend, den 21. Mai 2022, ein. „Wir wollen signalisieren: Trotz Krieg und Corona ist es gerade jetzt wichtig und lohnend, zusammenzukommen.“

Genau das will der zurückgenommene Titel der öffentlichen Veranstaltung – ab 18 Uhr bei freiem Eintritt, lediglich erbetener Anmeldung und bezahlbaren Snacks und Getränken – an diesem Sonnabend ausdrücken: „still, life is life“ – immer noch ist das Leben das Leben.

Ein bisschen gefiltert bleibt das Zusammentreffen von vermutlich Hunderten Gästen, Wissenschaftler:innen und anderen Protagonisten aber doch: FFP2-Masken gehören am Sonnabend unbedingt zum Dresscode.

Lektüren über "Lebenslust und Lebensleid"

Auf der Hauptbühne wird mit dem „Theater des Anthropozän“ frei nach dem antiken Ödipus-Drama „Fragiles Leben“ ausgelotet. In der Lecture-Performance sprechen Meeresbiologin Antje Boetius und Schauspielerinnen über das von der Klimakrise bedrohte Umland Thebens und über eine drohende Hungersnot. Können die Seher einen Ausweg zeigen?

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Wie es um die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg steht und welche Emotionen, aber auch Kräfte Krebsdiagnosen hervorrufen, diskutieren dann Expert:innen wie Medizin-Manager Detlef Ganten und Chef-Ethikerin Alena Buyx. Das Nachtprogramm ab 23 Uhr bestreiten wie in früheren Jahren Christoph Markschies und Chemiker Helmut Schwarz mit den Schauspielerinnen Corinna Kirchhoff und Alina Strähler. Diesmal soll es in den Lektüren um „Lebenslust und Lebensleid“ gehen.

Ein Porträtbild von Christoph Markschies, der an einer Säule im Akademiegebäude lehnt.
Gastgeber des Salons ist der Präsident der Akademie, Christoph Markschies.

© Pablo Castagnola/BBAW

„Live is Life“ war 1984 ein Hit der österreichischen Band Opus, der bis heute immer wieder zu hören ist. Der Theologe und Historiker Markschies bestätigt, dass der Salon-Titel auf das Partylied anspielt. Schließlich bestünde die Akademie „nicht aus älteren Männern, die an älteren Tischen über ältere Dinge reden“.

Für „Die Junge Akademie“ unter dem Dach der BBAW ist der Gegenbeweis ohnehin Programm. In ihrem Salon-Projekt aber lassen es die neuen Mitglieder des aktuellen Jahrgangs richtig krachen: „Saufen, Schlemmen, Sündigen“ wollen sie an drei von einer Künstlerin gestalteten Tafeln. Im ersten Slot ab 19 Uhr spießen Althistoriker Christopher Degelmann, Mediävistin Racha Kirakosian und Bioengineering-Experte David Labonte „die kulturellen, historischen und problematischen Aspekte des Alkoholkonsums“ auf.

Paternoster-Performance zur arabischen Diaspora

Und noch eine junge Akademie gibt es am Gendarmenmarkt, die Arab-German Young Academy. Ihre Mitglieder lenken den Blick des Publikums auf die intellektuelle Diaspora in Berlin, die in der Folge der gescheiterten Volksaufstände im „Arabischen Frühling“ entstanden ist. Diese „Biografien in Bewegung“ visualisiert Kuratorin und AGYA-Alumna Hanan Badr als Paternoster-Performance – mit Porträts in den rotierenden Kabinen sowie Gesprächsangeboten zu Migration, Bildung, Identität und Kunst an den Stationen vom Erdgeschoss bis zum 5. Stock.

Dem Krieg in der Ukraine ist ein hochkarätiges Podium gewidmet: Osteuropa-Historiker Karl Schlögel, die Politikwissenschaftlerin Gwendolyn Sasse und Militärhistoriker Sönke Neitzel diskutieren über das „Aufwachen in einer neuen Realität“. Leitfrage ist, wie sich die Ukraine, aber auch Deutschland und Europa in den vergangenen drei Monaten verändert haben.

Wer sich von den durchgehend bespielten Bühnen und von den Gelagen lösen kann und durchs Haus flaniert, wird in den Korridoren und hinter zahllosen Türen vieles mehr entdecken. Eine Ausstellung zur „Vermessung der Zelle“ durch Rudolf Virchow und Robert Koch, Wilhelm von Humboldts Leben mit Parkinson oder künstlerische und wissenschaftliche Annäherungen an die Genschere Crispr?

Christoph Markschies hofft, bei den Gästen des Abends auch Fragen wie diese anzustoßen: „Wo entzieht sich das Leben der Vermessung? Was erleben Verliebte außer einer gesteigerten Pulsintensität?“ Welche Antworten seine vormitternächtliche Gruppen-Lesung im Leibniz-Saal darauf gibt, will der Akademiepräsident vorab nicht verraten (das gesamte Programm finden Sie hier).

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