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KPC-Keime in Leipzig

© picture alliance / dpa

Wissenschaft in den Medien: „Sorgfalt vor Sensation“

Die deutschen Akademien fordern mehr Engagement für guten Wissenschaftsjournalismus – nicht nur von den Verlagen.

Immer mehr Keime werden gegen Antibiotika resistent. Was kann man dagegen tun? „Fracking“ verspricht die Erschließung zusätzlicher Erdgasvorkommen. Doch ist das Verfahren sicher genug? Solche Fragen werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Sie lassen sich nicht beantworten, ohne dass sich Forscher äußern und ohne dass Journalisten deren Einschätzung einordnen.

Dabei liegt inzwischen einiges im Argen, meinen die Nationale Akademie der Wissenschaften „Leopoldina“, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften „Acatech“ und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. In einer gemeinsamen Stellungnahme zur Vermittlung von Wissenschaft kommen die Akademien zu dem Schluss, dass sowohl die Wissenschaft als auch die Medien auf den Wettbewerbsdruck reagieren, indem sie ihre Botschaften unsachlich zuspitzen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen habe mitunter „Event- und Unterhaltungscharakter mit Nähe zur Werbung“. Darum erhalte die Öffentlichkeit immer seltener die notwendigen Informationen, die eine ergebnisoffene und wissenschaftlich fundierte Diskussion erst ermöglichen. Es bestehe die Gefahr eines Kommunikationsversagens.

Diese Entwicklung beobachtet Peter Weingart „mit Besorgnis.“ Der Soziologe von der Universität Bielefeld leitete eine von den Akademien beauftragte Gruppe, die seit 2012 Wissenschaftler und Journalisten befragt, Gutachten ausgewertet und nun Empfehlungen entwickelt hat. Demnach sollten Wissenschaftler und Journalisten gemeinsam Qualitätskriterien für gute Wissenschaftskommunikation entwickeln, vielleicht sogar eine Art Gütesiegel schaffen. So könnten die Wissenschaftsorganisationen vertrauenswürdige Pressearbeit auszeichnen. Das Prinzip der Redlichkeit und Selbstkritik solle auch für den einzelnen Forscher gelten. Wer die Bedeutung seiner Ergebnisse gegenüber den Medien übertreibt, verstoße gegen die gute wissenschaftliche Praxis. Ein „Wissenschaftspresserat“ nach dem Vorbild des Deutschen Presserats solle Maßstäbe für die Medien erarbeiten und Fehlleistungen rügen.

Ein Science Media Center könnte die Recherche komplexer Themen erleichtern

Viel erhofft sich die Arbeitsgruppe von der Gründung eines „Science Media Centre“ nach britischem Vorbild. Es soll den Wissenschaftsjournalismus mit einem neutralen Angebot unterstützen, indem es zum Beispiel informiert, wer zu welchem Thema forscht. So werde Journalisten der Einstieg in komplexe Themen erleichtert, sagte der freie Wissenschaftsjournalist Nils Boeing. Derzeit hängt die Finanzierung eines deutschen Science Media Centre daran, ob die Klaus-TschiraStiftung einen Stiftungspartner findet.

Auch die Politik könne etwas tun, meinen die Akademien – zum Beispiel Preise für Wissenschaftskommunikation ausloben, die dem Bürger dient, und die Weiterbildung von Wissenschaftlern zu besseren Kommunikatoren fördern. Über die Finanzierung des Wissenschaftsjournalismus durch Stiftungen solle erneut nachgedacht werden.

Wie Wissenschaftler und Journalisten der Zersplitterung der Öffentlichkeit – etwa durch Twitter und Blogs – und der Unterfinanzierung des Wissenschaftsjournalismus begegnen und gleichzeitig das Niveau der Vermittlung heben sollen, auf diese Frage fand sich allerdings keine schlüssige Antwort.

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