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Ein Mitarbeiter des Corona-Testzentrum am Flughafen Köln/Bonn.

© Marius Becker/dpa

Update

Wieder 800 Neuinfektionen: Coronavirus in Deutschland – „Die zweite Welle ist da“

Seit Mitte Mai hatte sich die Zahl der Neuinfektionen stetig verringert. Aktuell nehmen die Fälle wieder deutlich zu – ohne dass es einen Hotspot gibt.

Sind es nur Ausreißer in der Statistik? Oder zeigen die Zahlen bereits einen klaren Trend? Wirkt sich die Rückkehr der ersten Urlauber aus dem Ausland aus?

Fakt ist: Das Coronavirus breitet sich in Deutschland wieder stärker aus – es gibt deutlich mehr neue Infektionen als noch an den Vortagen. Gemeldet wurden am Samstag insgesamt 781, wie aus den Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Die Zahl der Todesfälle legte um sieben auf 9118 zu. Von Donnerstag auf Freitag war die Zahl um 805 gestiegen, es gab zehn neue Todesfälle.

Am Sonntagmorgen verzeichnete das RKI mit 305 zwar wieder deutlich weniger neue Fälle und keinen weiteren Covid-19-Toten, allerdings sind diese Zahlen wenig aussagekräftig, da die meisten Gesundheitsämter an Wochenenden nicht melden. Die Gesamtzahl der bestätigten Infektionen erhöhte sich damit auf 205.269.

„Diese Entwicklung ist sehr beunruhigend und wird vom RKI weiter sehr genau beobachtet“, teilte eine RKI-Sprecherin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. „Eine weitere Verschärfung der Situation muss unbedingt vermieden werden.“ In wie vielen Landkreisen es in den letzten Tagen wieder neue Fälle gab, können Sie auch auf unserer interaktiven Live-Karte nachsehen.

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Mehr als 800 Infektionen binnen 24 Stunden hatte es – lässt man den Ausbruch beim Schlachtbetrieb Tönnies außen vor – zuletzt Mitte Mai gegeben. Am 14. Mai wurden 905 Infektionen registriert, danach nahm die Zahl mit leichten Schwankungen stetig ab.

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Von den 781 neuen Fällen am Samstag entfielen die meisten auf Nordrhein-Westfalen (301); das bevölkerungsreichste Bundesland hat auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl seit einiger Zeit die höchste Anzahl an positiven Tests. Auch in Bayern (148), Baden-Württemberg (88), Berlin (63) und Hessen (58) liegt die Zahl der neu entdeckten Infektionen deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Wochen.

Positivrate bei Coronavirus-Tests ändert sich nicht

Schon in den vergangenen Tagen waren mehrfach mehr 500 neue Infektionen gemeldet worden, während die Zahl zuvor bei 300 bis 400 lag. Es gab aber zuletzt auch mehr Tests – und die Zahl positiver Ergebnisse war in der vergangene Woche mit 0,6 Prozent ähnlich wie in der Woche zuvor.

Kein einziger der 294 Landkreise in Deutschland liegt derzeit zudem über der Schwelle von 50 neuen Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, die als Grenze dafür gilt, ab wann spätestens verschärfte Maßnahmen ergriffen werden müssen.

[Mehr zum Thema: Anstieg der Coronafälle in Deutschland – habt ihr eigentlich gar nichts gelernt?]

Allerdings sinkt auch die Zahl der Landkreise, die in den vergangenen sieben Tage gar keine neuen Fälle von Sars-CoV-2 gemeldet haben. Am Samstag waren es noch 84 nach 93 am Freitag. Am 14. Juni hatten noch 155 Landkreise dem RKI in den vorangegangenen sieben Tagen keinen einzigen Coronavirus-Fall vermeldet. Die meisten Neuinfizierten verzeichnen hier Berlin (209), München (109) und Mettmann (96).

„Neue Corona-Herde, aus denen hohe Zahlen werden könnten“

Nach Ansicht von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist die zweite Infektionswelle der Pandemie bereits in Deutschland angekommen. „Die zweite Corona-Welle ist schon da. Sie findet bereits jeden Tag statt“, sagte Kretschmer der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). „Wir haben jeden Tag neue Infektionsherde, aus denen sehr hohe Zahlen werden könnten.“ Die Aufgabe bestehe nun darin, mit den Gesundheitsämtern diese Welle jeden Tag neu zu brechen.

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden]

„Die steigende Zahl der Positivtests und die Verbreitung der Neuinfektionen sind kritische Signale“, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin dem „Spiegel“. „Es gibt nicht den einen zentralen Herd, sondern einen allgemeinen Anstieg in der Fläche. Die Infektionsketten sind damit schwieriger nachvollziehbar und nicht so leicht zu unterbrechen.“

Suche nach Gründen für Ausbreitung des Coronavirus

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen mit Datenstand 25.7., 0.00 Uhr, in Deutschland bei 1,24 (Vortag: 1,08). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel etwa einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

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Zudem gibt das RKI ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Es bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert mit Datenstand 25.7., 0.00 Uhr, bei 1,25 (Vortag: 1,16). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.

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„Wir sind noch längst nicht in einem Bereich, wo die Gesundheitsämter die Nachverfolgung nicht mehr hinbekommen würden“, sagte Schmidt-Chanasit dem „Spiegel“. „Man muss jetzt genau hinschauen und prüfen, woran es liegt: an größeren Versammlungen, die jetzt wieder erlaubt sind? An wiedereröffneten Kitas und Schulen? Oder sind es vor allem Reiserückkehrer?“

Dem Bericht zufolge wurden die Infektionen zumindest in manchen Bundesländern vermehrt bei aus dem Ausland zurückgekehrten Urlaubern diagnostiziert – in Baden-Württemberg kamen die Reisenden demnach vor allem aus Balkanländern, in Hamburg aus der Türkei.

Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Unter anderem der Virologe Alexander Kekulé sprach sich daher für verpflichtende Coronavirus-Tests für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten aus. „Wenn man an einen gefährlichen Ort reist und zurückfährt, dann sollte man sich dringend testen lassen. Da glaube ich, wäre es sinnvoll, das verpflichtend zu machen“, sagte Kekulé im Interview mit dem Hörfunkprogramm Bayern 2 am Freitag.

Verpflichtende Tests sollten auch dann gelten, wenn ein Nachbarland von Deutschland zum Risikogebiet erklärt werde, so der Virologe von der Universität Halle (Saale). „Wenn ein Nachbarland wirklich als echtes Risikogebiet ausgewiesen wird (..). Stichwort Luxemburg, dann ist das genauso gefährlich wie Ägypten.“

Spahn prüft Pflichttests für Rückkehrer aus Risikogebieten

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern entschieden sich am Freitag allerdings vorerst gegen verpflichtende Tests für Rückkehrer. Stattdessen sollen Reisende nur auf eigenen Wunsch hin bei ihrer Ankunft an deutschen Flughäfen getestet werden – wenn sie aus Risikogebieten zurückkommen. Weltweit sind auf Basis der wissenschaftlichen Expertise des RKI derzeit rund 130 Staaten als Coronavirus-Risikogebiete eingestuft.

Angesichts der steigenden Fallzahlen prüft die Bundesregierung für Urlaubs-Rückkehrer aus Risikogebieten nun eine rechtliche Verpflichtung zu Coronavirus-Tests. Generell gelte es zu verhindern, dass sich das Coronavirus in Deutschland wieder verstärkt ausbreite, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag im Deutschlandfunk. „Und ja, wir prüfen auch, ob es rechtlich möglich ist, das ist ja ein Eingriff in die Freiheit, jemanden zum Test zu verpflichten.“ Spahn betonte, dass die Gerichte sehr darauf schauten, dass jeder Eingriff verhältnismäßig ist.

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