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Kuckucksfinkeneier sind seit Generationen an die Gelege der verschiedenen Wirte perfekt angepasst. Aber das hat auch einen Haken.

© Claire Spottiswoode

Update

Wie man Eier über Generationen gleich "bemalt": Der Trick der Kuckucksweibchen

Kuckucksfinken können die Form und Farbe ihrer Eier an das Gelege mehrerer Wirtsarten anpassen. Eine genetische Besonderheit hilft ihnen dabei.

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Sie sind die Parasiten unter den Vögeln und genießen eher keinen guten Ruf: Kuckucke legen ihre Eier in die Nester anderer Arten und bürden ihnen die anstrengende Brutpflege auf. Erkennen die getäuschten Wirtsvögel nicht schon die untergejubelten Eier als fremd und werfen sie vor dem Schlupf aus dem Nest, füttern sie, ihren Instinkten ausgeliefert, auch die artfremde Brut durch.

Der Fortpflanzungserfolg hängt also stark davon ab, dass die Eier des Parasiten denen des Wirts möglichst gut ähneln. Ei-Mimikrie also: je ähnlicher, umso mehr Kuckuckskinder. Wenn der Kuckucksvogel die Eier immer nur bei einer Wirtsart ins Nest legen würde, dann wäre leicht zu verstehen, dass die Gesetze der Evolution von Mutation und Selektion rasch zur Anpassung von Form und Farbmuster von Kuckucks- und Wirtseiern führen würde. Aber wie schaffen es etwa Kuckucksfinken der Art Anomalospiza imberbis, ihre Eier mehreren Wirtsvögeln mit unterschiedlichen Eigrößen, -formen und -mustern unterzuschieben?

Eine fast hundert Jahre alte Vermutung bestätigt

Diesem Rätsel ist nun ein Forschungsteam um Claire Spottiswoode und Michael Sorenson von der Universität Cambridge nachgegangen. Sie analysierten das Erbgut von 196 Kuckucksfinken, die in 141 verschiedenen Nestern von vier zambischen Zistensänger- und Prinienarten, etwa der Rahmbrustprinie Prinia subflava, parasitierten. Sie wiesen nach, schreiben sie im Fachblatt "PNAS", dass bei den Kuckuckfinken „maternale Linien“ gibt. Das heißt, das Weibchen legt seine Eier in das Nest der gleichen Wirtsvögel, in das schon ihre Mutter-, Oma- und Uromavogel ihre Eier legten. Und seit Generationen sehen sie dabei immer gleich aus.

Das verdanken die Vögel einem genetischen Trick: Alle Geninformationen für Eiform und -farbe liegen auf den Geschlechtschromosomen, genauer gesagt, auf einem der beiden, dem mütterlicherseits vererbten W-Chromosom. Dazu muss man wissen, dass Vogelweibchen zwei verschiedene Geschlechtschromosomen tragen: das recht große Z-Chromosom und ein kleines W-Chromosom, mit nur wenigen, aber für die Ei-Form und -farbe wichtigen Genen. Bei Säugetieren ist es genau umgekehrt: Weibchen tragen zwei X-Chromosomen, Männchen XY.

Eines ist jedoch gleich: Weder zwischen X und Y, noch zwischen Z und W können , so wie bei XX und ZZ, beim Heranreifen der Keimzellen Geninformationen durch Rekombination ausgetauscht werden. Das bedeutet, dass die Baupläne für Eiform und -muster auf dem W-Chromosom immer die gleichen bleiben, das Erbgut des Vogelvaters hat darauf keinen Einfluss. Die Kuckucksfinken-Weibchen erben also genetisch gesehen das immer gleiche W-Chromosom und die immer gleichen Ei-Baupläne wie ihre Mütter.

Das bestätigt die Hypothese des Biologen Reginald Punnett von 1933, dass Kuckucksfinkenweibchen mittels maternaler Vererbung sicherstellen, das väterliche Gene den Ei-Bauplan nicht verändern, sondern erhalten bleibt, was perfekt an die Eier der Wirtsspezies angepasst ist.

Ein Trick mit einem Haken

Doch diese scheinbar perfekte „uniparentale“ Vererbung hat auch einen Haken: nämlich wenn sich die Eier der Wirtsspezies verändern. Tatsächlich beobachtet Spottiswoodes Team, dass die Eier der Rahmbrustprinie, deren Eifarbe nicht nur von Genen der Mutter beeinflusst und damit wandlungsfähig bleibt, allmählich grünlicher werden – vermutlich, um dem Brutparasitismus der Kuckucksfinken zu entgehen, die keinerlei olivgrüne Eier legen.

"Maternale Vererbung hat Nachteile", sagte Claire Spottiswoode dem Tagesspiegel. Aber der Nutzen, die Fähigkeit zur Mimikrie an die Töchter weitergeben zu können, überwiege. "Und wir sehen, dass sich dennoch eine gute Nachahmung mehrerer verschiedener Wirtsphänotypen innerhalb wirtsspezifischer Abstammungslinien als Reaktion auf die Evolution von Wirts-"Signaturen" entwickelt hat, trotz der Einschränkung, die die mütterliche Vererbung auferlegt." Und diese Abstammungslinien seien über lange Zeiträume der Evolution stabil geblieben.

"Kuckucksfinkenweibchen schaffen es immer noch, genügend Wirtstiere zu täuschen, um ihre Ei-Mimikry-Gene an die nächste Generation von Töchtern weiterzugeben, selbst wenn sie bestimmte Wirtstiere nicht täuschen können." Eine Abkehr von der maternalen Vererbung wäre also ein viel zu großer Nachteil für die Tiere. Ein gewisser Genaustausch zwischen mütterlichen Linien wäre zwar auf längere Sicht womöglich ein Vorteil, sagt Spottiswoode, "aber die natürliche Selektion wirkt auf Individuen und hat keine solche Voraussicht".

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