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Kopfsache. Liegen Babys stets auf der gleichen Seite, drohen Verformungen.

© picture-alliance/ ZB

Wie Babys richtig liegen: Schlaf in Rückenlage kann den Kopf von Säuglingen verformen

Eine Physiotherapie oder ein Helm können helfen, berichten Ärzte auf dem Chirurgenkongress. Doch auch die Eltern können einiges tun, um vorzubeugen.

Alles ist weicher an einem süßen kleinen Baby, selbst sein Schädel. Die Schädelnähte sind noch nicht geschlossen, damit Kopf und Gehirn wachsen können. Der Kopf bleibt formbar – und er kann verformt werden. Besonders, wenn das Baby viel auf dem Rücken liegt. Seit Studien gezeigt haben, dass das Schlafen auf dem Bauch die Gefahr für den Plötzlichen Kindstod erhöht, raten Kinderärzte und Hebammen jungen Eltern, ihr Kind auf den Rücken zu legen. Ein richtiger Rat, doch halten sie sich Tag und Nacht daran, zeigt sich oft eine unerwünschte Nebenwirkung: Der Hinterkopf wird flach, und das manchmal stärker auf der einen Seite, der bevorzugten Liegeseite des Kindes.

Fehlbelastung der Kiefergelenke

Genaue Zahlen fehlen. Doch seit Mitte der 90er Jahre hätten die lagebedingten Schädeldeformationen eindeutig zugenommen, so war am Donnerstag beim Deutschen Chirurgenkongress in Berlin zu hören. „Ich sehe jede Woche drei bis vier neue Fälle in meiner Sprechstunde“, berichtete Guido Fitze, Kinderchirurg am Uniklinikum in Dresden. „Schwere Verformungen, die auch die Gesichtspartie betreffen, sind nicht nur ein kosmetisches Problem.“ Sie führten möglicherweise später auch zu Fehlbelastungen der Kiefergelenke und zu einer frühzeitigen Abnutzung der Halswirbelsäule. Besonders gefährdet sind die „Frühchen“. „Sie haben nicht nur einen besonders weichen Schädel, sondern sind zu Beginn auch besonders immobil“, sagte der Dresdner Kinderarzt Sascha Iffländer.

Allerdings sind die Verformungen, die allein auf strikte Rückenlage zurückzuführen sind, kein Fall für den OP. Selbst in schwereren Fällen helfe das Tragen eines speziellen Helms für einige Monate, erläuterte der Augsburger Kinderchirurg Harald Lochbichler. Der Hinterkopf kann dank dieser „Kopforthese“ beim Wachsen aufholen. Die Behandlung sollte mit einem halben Jahr beginnen, sie dauert mehrere Monate. Die meisten Krankenkassen bezahlen mittlerweile die Therapie und es laufen wissenschaftliche Studien zu ihrer Wirksamkeit. Behandlungserfolge im Verlauf der Zeit können mittels 3-D-Laserscan objektiviert werden.

Erwünschte Bewegungsabläufe stimulieren

„Unser Ziel ist natürlich trotzdem, den Helm zu vermeiden“, betont Lochbichler. Immerhin bestimmt die sperrige Kopfbedeckung sonst den Familienalltag entscheidend mit. Fallen bei einem Baby leichte Verformungen des Kopfs frühzeitig auf, helfen oft Physiotherapie und manuelle Therapien, die als Osteopathie oder Chiropraktik bekannt sind. Sie sollen erwünschte Bewegungsabläufe stimulieren und Blockaden der Halswirbelsäule lösen.

Vieles können die Eltern zudem in Eigenregie tun. Etwa das Baby abwechselnd von der einen und von der anderen Seite ansprechen, wenn es auf dem Rücken liegt, damit es sich keine bevorzugte Liegeseite angewöhnt. Oder den Kopf eines gefährdeten Kindes nachts auf ein spezielles „Lochkissen“ betten, das den Hinterkopf entlastet. Und vor allem: sich tagsüber ruhig trauen, die ganz Kleinen, die sich noch nicht selbst drehen können, auf den Bauch und auf die Seite zu legen.

Manche Verformungen "wachsen" sich aus

Auf dem Kopf der Neugeborenen ertastet man noch die offenen, nicht von der Knochendecke geschützten Stellen. Die hintere kleine Fontanelle schließt sich etwa mit gut zwei Monaten, die große vordere mit zweieinhalb Jahren. Schließen sich die Schädelnähte zu früh, dann kann es zu einem ungleichen Wachstum des Schädels kommen, der Kopf wird auffallend schief, dreieckig oder bekommt die Form eines Turms, auch das Gesicht kann in Mitleidenschaft gezogen sein. Auch von solchen Kindern, bei denen das Gehirn unter Druck steht, die starke Kopfschmerzen, Probleme beim Sehen und Entwicklungsstörungen bekommen, wurde auf dem Kongress berichtet. Bei ihnen hilft meist nur eine Operation.

Was die kleineren, durch das Liegen entstandenen Verformungen betrifft, so diskutierten die Chirurgen auch darüber, inwieweit sie sich von selbst „auswachsen“. Zur Beruhigung aller Eltern ließen die Experten keinen Zweifel daran, dass sie das oft tun. Auch bei Frühgeborenen nähmen die Deformationen nach dem dritten Monat deutlich ab. Allerdings sei der Verlauf von Kind zu Kind verschieden und schwer vorherzusagen. Und wenn sich das Problem nicht von selbst löst? „Dann ist der Helm unser Rettungsanker für das zweite Lebenshalbjahr“, sagt Lochbichler.

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