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Die Forscherin Emily Duncan hockt an einem Flussufer und lässt eine Plastikflaschenpost ins Wasser.

© Sara Hylton/NGS

Wegwerfen für die Forschung: Plastikflaschenpost im Flusssystem des Ganges

Die Wege von Plastikmüll über Flüsse in die Ozeane sind bisher nicht gut verstanden. Eine Open-Source-Lösung soll die Forschung dazu erleichtern.

Jedes Jahr wird weltweit mehr Plastikmüll produziert und erreicht selbst die entlegensten Regionen. Besonders die Ozeane scheinen zum Auffangbecken für Kunststoff-Abfälle zu werden.

Im Fachjournal „Plos One“ stellen Wissenschaftlerinnen nun eine günstige und Open-Source-basierte Methode vor, die Routen zu verfolgen, über die Müll ins Meer gelangt. Ihre Flaschenpost setzt auf GPS-Technologie.

Plastikmüll ist allgegenwärtig, er findet sich in Flüssen, an Land und in den Weltmeeren. Selbst auf dem höchsten Berg der Welt, dem Mount Everest, fanden Forscher der Universität von Plymouth kürzlich kleinste Kunststoff-Partikel, sogenanntes Mikroplastik, in 8440 Metern Höhe.

Angesichts derartiger Meldungen reagiert auch die Politik allmählich: So beschloss die EU ein ab Mitte 2021 geltendes Herstellungsverbot für Einwegplastik. 2019 wurden im Rahmen der Basler Konvention, eines internationalen Umweltabkommens, die Regeln für den Export von Kunststoffabfällen verschärft. Und Ende November nahm der Bundestag einen Gesetzentwurf an, demzufolge in deutschen Supermärkten ab 2022 keine Einkaufstüten aus Plastik mehr angeboten werden dürfen.

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Millionen Tonnen Plastik

Doch selbst mit ambitionierten Gegenmaßnahmen wird die Menge des jährlichen Plastikmülls in Gewässern weltweit bis 2030 auf bis zu 53 Millionen Tonnen zunehmen, wie Forscher im Fachblatt „Science“ vor kurzem vorrechneten.

Im Jahr 2016 seien es noch 19 bis 23 Millionen Tonnen gewesen. Eine andere Studie im gleichen Journal modellierte, dass bis 2040 noch 710 Millionen Tonnen Plastik in der Umwelt landen würden, selbst wenn umfassende Schritte zur Müllvermeidung ergriffen würden.

Umso wichtiger erscheint es, Daten als Grundlage für jene Maßnahmen zu haben, so etwa dazu, wie sich der Plastikmüll bewegt. Während diese Informationen für Kunststoffabfälle in den Ozeanen bereits breit erforscht werden, fehlen Erkenntnisse dazu, wie Flüsse als Transportwege wirken - und das, obwohl jüngere Studien davon ausgehen, dass 70 bis 80 Prozent des Plastikmülls in den Ozeanen über Flüsse dorthin geschwemmt wurde.

Sechs nummerierte, mit Sendern ausgestattete, Plastikflaschen mit grünen Deckeln liegen auf einem Tisch.
Bereit für die Reise: Die Plastikflaschen wurden mit Sendern ausgestattet, damit sich ihr Weg verfolgen lässt.

© Heather Koldewey

Ein Team um die Umweltbiologin Emily Duncan von der britischen Universität von Exeter entwickelte daher eine kostengünstige Open-Source-Tracking-Technologie zur Nachverfolgung von Plastikmüll.

Die Forscherinnen statteten Halbliter-Plastikflaschen mit einer Batterie und einem Sender aus, dessen Signal sowohl von Mobilfunknetzen als auch von Satelliten empfangen werden kann - eine Technologie, die bereits erfolgreich dafür genutzt werde, die Bewegungen von Tieren nachzuverfolgen.

Problembewusstsein schaffen

Im Rahmen der „Sea to Source: Ganges“-Expedition des National-Geographic-Magazins setzten die Wissenschaftlerinnen 25 präparierte Flaschen an unterschiedlichen Stellen entlang des Ganges aus. Drei Flaschen ließen sie im Golf zu Wasser, um die Wege zu ergründen, denen der Abfall folgt, wenn er das Meer erreicht. Die Flasche, die am weitesten reiste, legte innerhalb von 94 Tagen 2845 Kilometer zurück.

Den Forscherinnen zufolge zeigt das Experiment, dass solche Flaschen verwendet werden können, um das Verständnis der Bewegung von Plastikabfall durch Flüsse und in die Ozeane erheblich zu verbessern.

Konkret könnten sie Erkenntnisse darüber liefern, in welchen Gebieten sich Plastikmüll vermutlich ansammeln und in welchen Zeiträumen große Mengen davon über die Wasserwege bewegt werden. Zudem könnte die Öffentlichkeit eingebunden werden, den Weg der besenderten Flaschen zu folgen, um das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen. (dpa)

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