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Ein Porträtbild in einem 50er Jahre Universitätsbau.

© Joerg Carstensen/dpa

Update

Wahl an der Freien Universität Berlin: Günter M. Ziegler bleibt FU-Präsident

Die Freie Universität Berlin wählt ihren Präsidenten Günter M. Ziegler für eine zweite Amtszeit - mit einer deutlichen Mehrheit vor seiner Herausforderin.

Der Mathematiker Günter M. Ziegler bleibt im Amt. Der Präsident der Freien Universität Berlin, der die FU seit 2018 leitet, wurde mit einer absoluten Mehrheit von 46 Stimmen bestätigt. Herausforderin Beatrix Busse, Prorektorin der Universität Köln, erhielt 14 Stimmen. Eine Stimme war ungültig.

Für die Wahl waren 31 Stimmen im 61-köpfigen Erweiterten Akademischen Senat (EAS), dem Wahlgremien der FU, nötig. Coronabedingte Ausfälle gab es keine, anwesend waren tatsächlich auch 61 Mitglieder. Im Vorfeld war das Rennen an der FU als völlig offen beschrieben worden.

[Lesen Sie auf Tagesspiegel Plus: Präsidentschaftswahl an zerrissener Uni: Wer eint die Freie Universität?]

Vor dem Wahlgang hatten sich die beiden Kandidat:innen noch einmal in öffentlicher Sitzung dem EAS vorgestellt, nachdem es bereits in den vergangenen Wochen Vorstellungsrunden vor den Gremien gegeben hatte.

Als Erste war Beatrix Busse dran. Sie präsentierte selbstbewusst ein 100-Tage-Programm für die FU und warb um den Mut der Wahlleute, sich "mit mir als Frau und als Professorin, die nicht aus der Mitte der FU kommt", auf den Weg zu machen. Als Motto für eine umfassende Transformation, vor der sie die Universität sah, formulierte Busse: "For Us all/Für Uns alle" - wobei die Großbuchstaben unverkennbar für die Initialen der FU stehen.

Busse ging zur Kanzlerin auf Distanz

Den gegenwärtigen Zustand der Uni beschrieb Busse als desolat: Die universitäre Zusammenarbeit sei "aus dem Gefüge geraten", ein wertschätzender Umgang miteinander nicht mehr gegeben. Damit sprach die Kandidatin die Verwerfungen rund um FU-Kanzlerin Andrea Bör an, die bekanntlich eigenmächtig Headhunter engagierte, um einen Gegenkandidaten zu Ziegler zu suchen, und für Blockaden etwa in Personalfragen verantwortlich gemacht wird.

Beatrix Busse.
Beatrix Busse.

© Monika Nonnenmacher/promo

Börs Namen nannte Busse nicht, ihr Urteil über die Kanzlerin, die auch das Präsidium spaltete, sei ausdrücklich kein persönliches. Aber nach vielen Gesprächen an der Uni sei ihr klar geworden: "Es funktioniert so nicht mehr, das Vertrauen ist nicht mehr da in Funktion und Person." Bis der Senat von Berlin eine Lösung gefunden habe, sollte es im Präsidium eine andere Verantwortlichkeit für Personal und Finanzen geben, empfahl Busse.

Zum FU-Profil gehörten weiterhin die Regionalstudien

Programmatisch zeigte Busses Vortrag seit den ersten Präsentationen im Dezember einige weiterentwickelte Positionen. So erklärte sie zur Lehrkräftebildung, hier müsse Qualität vor Quantität gehen, sie sehe auch die Überlastung vieler Bereiche der Uni. Gleichwohl sei die Lehrer:innenbildung "eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben, die wir haben".

Höchste Zeit sei es auch für "umfassende Konzepte für verlässliche Karriereperspektiven", insbesondere im Postdoc-Bereich. Hierzu sei an der FU schon ein "schlüssiges und fächerspezifisches Modell" in Planung.

Beim Thema Profilbildung der FU hat Busse zur Nachhaltigkeitsforschung, auf sich die FU ausrichten solle, nun auch die kleinen Fächer, die Area Studies, Mathematik und KI hinzugenommen. Das sind traditionelle Stärken der FU, die Busse zunächst nicht im Blick hatte.

"Aktuelle Lähmung" der Berlin University Alliance

Aufhorchen ließ, dass die Bewerberin der Berlin University Alliance, dem Exzellenzverbund der drei großen Unis und der Charité, eine "aktuelle Lähmung" attestierte. Für die FU selber wünschte sie sich "einen fröhlichen und mobilen Campus" in Dahlem - und versprach bei positiver Pandemie-Entwicklung ein großes Sommerfest im Fall ihrer Wahl.

Gruppenfoto mit Blumensträußen.
Wahlsieger Günter M. Ziegler (re.), die unterlegene Kandidatin Beatrix Busse und der Vorsitzende des FU-Kuratoriums, Karl Max Einhäupl, am Wahlabend im Audimax der FU.

© Bernd Wannenmacher

Der Vortrag des Amtsinhabers Günter M. Ziegler war pointierter und rhetorisch versierter als der von Busse, der Applaus am Ende allerdings nicht wesentlich stärker. Er begann mit einer Anspielung auf die Bundespräsidentenwahl. Dem Bundespräsidenten sei mitgegeben worden, von ihm erwarte man "Wumms und Würde“ – es war offensichtlich, dass Ziegler genau das auch für sich in Anspruch nimmt.

Ziegler verspricht einen Neustart

Ziegler zielte dann zunächst sehr deutlich darauf ab, die Unimitglieder mitzunehmen und zu loben. Ausführlich dankte er für die vielen "sehr wertvollen" Gesprächsrunden in der Uni und für das Engagement aller Unimitglieder. "Die Leute brennen für die FU, auch wenn es schwierig ist, das ist die FU-DNA", sagte Ziegler.

Er fühle sich unterstützt von der gesamten Universität, gerade bei den Themen IT und Personal – offensichtlich ein Seitenhieb auf die Querelen mit der Kanzlerin, der er eben diese Aufgaben aus der Hand genommen hat. "Wir sehen, die FU bewegt sich, wir haben Verspannungen gelöst. Wir sind bei einem Neustart, von dem ich denke, dass er weitergehen solle."

Sein neues "Regierungsprogramm" stellte er unter drei große Punkte: Die Entwicklung einer besseren Unikultur, die Entwicklung des Campus Dahlem und die Weiterentwicklung des Profils der Universität. Man müsse aus einer "Politik des Kleinhaltens" in eine "Kultur der Wertschätzung" kommen, sagte Ziegler.

"Mit Wumms" - und ein bisschen vage

Weitere Punkte waren etwa exzellente Lehre, die Lehrkräftebildung und die Personalentwicklung. Für den wissenschaftlichen Mittelbau kündigte er die schnelle Entwicklung eines "Dahlemer Modells" an. Ausführlich widmete er sich der Neustrukturierung des Präsidiums, so will er einen Ersten Vizepräsidenten für Universitätskultur einführen.

"Ich hoffe Sie spüren, dass ich mich mit Freude einer zweiten Amtszeit stelle", schloss Ziegler: "Ich will das machen, ich will das mit Wumms machen, und ich bitte dafür um Unterstützung." In der Aussprache nach seinem Vortrag wich er einigen Fragen allerdings etwas aus und blieb teilweise vage.

Die Freie Universität.
Die Freie Universität.

© imago images/Jürgen Ritter

Die Wahl fiel dann doch sehr deutlich auf Ziegler. Mit ihm will die FU ihre Krise aufarbeiten - und sich nach außen teilweise neu ausrichten. Der Kuratoriumsvorsitzende Karl Max Einhäupl gratulierte Ziegler gleich im Anschluss und gab ihm mit: "Auf deinen Schultern lastet eine riesige Aufgabe."

Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) erklärte, als erfahrenem Universitätspräsidenten werde Ziegler in den nächsten Monaten "eine besondere Rolle" bei der Weiterentwicklung der Berlin University Alliance zukommen. Mit seiner Wahl bestehe das Leitungsteam der BUA "aus einer erfolgsversprechenden Verbindung von Erfahrung und Neuanfang", fuhr Gote fort - eine Anspielung darauf, dass die HU und TU mit Julia von Blumenthal und Geraldine Rauch gerade neue Präsidentinnen gewählt haben.

Geraldine Rauch, noch Prodekanin an der Charité, gratulierte dem einzigen verbleibenden Uni-Präsidenten aus der Gründungszeit der BUA 2019 mit den Worten: "Schön, dass die FU weiß, was sie an ihm hat. Jetzt geht es gemeinsam nach vorne mit vielen verbindenden Themen für Berlin & die Berlin University Alliance."

Der noch bis Ende März amtierende TU-Präsident Christian Thomsen wünschte Ziegler "für unser gemeinsames großes Projekt der Berlin University Alliance" und für die FU "Glück, gute Weggefährten und eine ruhige Hand".

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Vor den Kandidat:innen sprachen die Studierenden

Vor dem Henry-Ford-Bau protestierten ab 13 Uhr rund 100 Studierende gegen das "gescheiterte Pandemiemanagement" der FU - und anschließend auch im Audimax, wo zwei Sprecherinnen 41 Forderungen vortragen durften. Wer auch immer Präsident oder Präsidentin werde, müsse unverzüglich einen Fahrplan die kommenden Semester erarbeiten, sagten die Vertreterinnen eines Bündnisses linker Studierendengruppen. Studierendenvertreter müssten daran paritätisch beteiligt werden.

Gefordert wird unter anderem, Seminarräume und Hörsäle durchgehend mit Technik für hybride Lehrformen auszustatten, Bibliotheken länger zu öffnen, um zusätzliche Lernräume zu schaffen. Investiert werden müsse auch in zusätzliche psychologische Beratung sowie in kostenlose FFP2 -Masken für alle Studierenden.

Die Entscheidung, über die Form der Lehrveranstaltungen dürfe nicht mehr einzelnen Lehrenden und Studierenden überlassen werden, sondern müsse zentral nach klaren Regeln erfolgen. Nach dem Vortrag im EAS gab es kurzen Applaus für die Studierenden, über die Forderungen wollten die Gremienmitglieder nach der Wahl diskutieren.

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