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Zwei schwingende Metallsäulen vor einem Unigebäude.

© Thilo Rückeis/Tsp

Vor der Präsidiumswahl an der FU Berlin: Zwei, die in Dahlem viel vorhaben

Neue Runde im Präsidentschaftswahlkampf an der Freien Universität. Beim Vortrag vor dem Akademischen Senat gewinnen beide Kandidat:innen weiter an Profil.

„Ich bin eine 48-jährige überzeugte EU-Bürgerin, Emsländerin und Aktivistin für Wissenschaft und Bildung.“ Beatrix Busse, Prorektorin für Lehre und Studium an der Universität Köln, begann ihre Bewerbungsrede um die Präsidentschaft der Freien Universität Berlin am Mittwochnachmittag vor dem Akademischen Senat genauso wie am Montag vor dem Kuratorium der FU.

Es folgte wortgleich ein schnell abgelesener Parforceritt durch Busses Visionen für eine moderne Spitzenuniversität – mit den Buzzwords „global, nachhaltig, exzellent und inklusiv“.

Wer die facettenreiche und mit strategischen Plänen für eine Fokussierung der FU-Forschung aufgeladene Bewerbungsrede zum zweiten Mal hörte, wie etwa der Kuratoriumsvorsitzende Karl Max Einhäupl, konnte inhaltlich besser folgen. Ihre rhetorischen Stärken spielte Busse dann in der Fragerunde mit dem Gremium aus. Sie antwortete präzise und für eine externe Bewerberin aus NRW gut informiert.

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So kannte sie etwa das Charité-Konzept für den FU-Standort am Benjamin-Franklin-Klinikum rund um den „Gesunden Menschen“, das sie „sofort befördern“ würde.

Alle in die "Arena", bis eine Lösung gefunden ist

Wie viel Veränderung sie von der FU erwartet, zeigte Busse nicht nur mit dem skizzierten „Arena-Prozess für strategische Fitness“, in dem sie in Köln die ganze Universität betreffende Herausforderung so lange mit allen Fachbereichen bespricht, bis sie bewältigt sind. Beispielsweise zu Nachhaltigkeitsthemen, die sie als ausbaufähige Stärke der FU sieht, will sie auf diesem Wege „einen visionären Prozess starten“.

Ein Porträtbild von Beatrix Busse.
Beatrix Busse ist Prorektorin an der Universität Köln und tritt gegen Amtsinhaber Günter M. Ziegler an.

© Promo/Uni Köln

Ein Porträtbild von Günther M. Ziegler.
Günter M. Ziegler ist seit 2018 Präsident der Freien Universität Berlin. Jetzt bewirbt er sich um eine zweite Amtszeit.

© Thilo Rückeis/Tsp

Schnelle Bewegung fordert Busse, Professorin für Englische Sprachwissenschaft und einst Mitbegründerin der Heidelberger School of Education, auch in der Lehrerbildung. Wie der Lehrkräftemangel zu beheben und das inneruniversitäre Ringen um Wissenschaftsbasierung einerseits und Praxiselemente andererseits zu lösen sei, wäre eine ihrer ersten Prioritäten als Präsidentin. Eine machbare Aufgabe, weil der Ausbau der Kapazitäten in der Lehrkräftebildung ja schon im Hochschulvertrag steht, wie Busse anmerkte?

Da weiß Günter M. Ziegler, der seit 2018 FU-Präsident ist und sich jetzt um eine zweite Amtszeit bewirbt, natürlich mehr. Der Hochschulvertrag verlange in der Lehrerbildung „mehr als wir leisten können“, sagte Ziegler. Zuvor hatte ihn ein AS-Mitglied damit konfrontiert, dass sich im Grundschullehramt die Studierendenzahl verfünffacht, die der Professoren aber nur verdoppelt habe. Doch auch der amtierende Präsident nannte das Thema als eine Priorität für die ersten 100 Tage seiner zweiten Amtszeit.

Offene Kritik an der Arbeitsweise der Kanzlerin

Ziegler und Busse traten nicht persönlich gegeneinander an. Anders als beim jüngsten „Triell“ der Kandidat:innen an der Technischen Universität trägt man an der FU nacheinander, in alphabetischer Reihenfolge vor. Der Amtsinhaber verwendete zwar auch dieselben Folien, sprach aber freier als seine Herausforderin.

Und Ziegler redete deutlich mehr Tacheles als vor dem Kuratorium – vor allem im Bezug auf sein Zerwürfnis mit der FU-Kanzlerin Andrea Bör. Die hatte bekanntlich an den Gremien vorbei Headhunter beauftragt, Gegenkandidaten zu suchen sieht sich inzwischen mit einem Misstrauensvotum konfrontiert, das von einer knappen Mehrheit im Akademischen Senat getragen wurde.

Gefragt nach der Vertrauenskrise im Präsidium, kündigte Ziegler zunächst allgemein eine neue Aufgabenverteilung an und versprach „nächstes Mal Teambuilding zu machen“ sowie „sehr viel früher Konflikte anzusprechen“. Er habe „zu lange versucht, Dinge zu moderieren“, künftig werde er „stärker reingehen“. Das demonstrierte Ziegler dann sogleich, in dem er der Kanzlerin vorwarf, im Personalmanagement und im Umgang mit dem Personalrat „nicht arbeitsfähig und nicht arbeitswillig“ zu sein.

Sichtlich empört und bewegt kritisierte Ziegler auch, dass Bör sich kürzlich aus dem Steuerungskreis für die Digitalisierung der Verwaltung (FUtureIT) verabschiedet habe, den sie eigentlich leiten sollte. Jetzt habe er das Projekt zur Chefsache erklärt und leite diese Arbeitsgruppe.

Beide zeigen Verständnis für "Hanna"

Bei beiden Kandidat:innen aufgehorcht haben zweifellos die akademischen Mitarbeiter im FU-Senat. Busse betonte, dass sie selbst nach ihrer Promotion „genug schlechte Verträge“ gehabt habe, um zu wissen, was sich bei den Karrierewegen ändern müsse. Ziegler sagte, es sei klar, dass die Universität nach dem Aufschrei unter #IchBinHanna und auch durch das neue Berliner Hochschulgesetz stärker auf die „die Belastungen junger Wissenschaftler“ eingehen müsse – allerdings im Einklang „mit den Erfordernissen der Forschung“.

Der Akademische Senat hat Ziegler und Busse ebenso wie das Kuratorium für die Wahl Mitte Februar kommenden Jahres nominiert, wie nach der AS-Sitzung zu hören war. Trotz der bevorstehenden Weihnachtspause folgen jetzt intensive Gespräche der professoralen Gruppierungen und anderer Statusgruppen im Erweiterten Akademischen Senat mit den Kandidierenden. Am gleichermaßen freundlichen Applaus für beide war am Mittwochabend keine Präferenz abzulesen.

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