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Zika-Viren, hier in einer elektronenmikroskopischen Aufnahme, sind etwa 40 Nanometer große, kugelförmige Viren der Flaviviridae-Familie. Sie stehen im Verdacht, der Hirnentwicklung von Kindern im Mutterleib infizierter Schwangerer zu schaden und bei Erwachsenen neurologische Komplikationen zu verursachen.

© CDC/Cynthia Goldsmith/dpa

Viren bei dänischem Reisenden gefunden: Zika-Viren werden auch nach Europa eingeschleppt

Zika-Viren, die im Verdacht stehen, Fehlbildungen bei ungeborenen Kindern zu verursachen, werden seit Jahren auch bei europäischen Reisenden diagnostiziert.

Erstmals ist das Zika-Virus bei einem Patienten in Dänemark entdeckt worden. Der Däne habe sich bei einer Reise nach Süd- und Lateinamerika mit dem durch Mücken übertragenen Erreger angesteckt und danach über Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen geklagt, teilte das Universitätskrankenhaus in Aarhus mit. Eine Untersuchung habe die Infektion am Dienstagabend bestätigt. Der Patient werde ambulant behandelt. „Sein Zustand ist gut“, hieß es.

Schon mehrfach Europäer mit Zika infiziert

Schon in den vergangenen Jahren sind bei Europäern, die zuvor in Länder mit Zika-Viren-Verbreitung gereist waren, Infektionen mit dem Erreger diagnostiziert worden, auch bei deutschen Reiserückkehrern. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin habe seit 2013 zehn Infektionen festgestellt, sagt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Dabei handle es sich ausschließlich um importierte Fälle, das heißt, die Betroffenen holten sich das Virus auf einer Reise in ein tropisches Land.

Ein genaues Bild von eingeschleppten Virus-Fällen in Europa gibt es nicht, denn die Infektion ist nicht meldepflichtig. Zwar registrierte Italien schon vier Fälle, Großbritannien drei und Spanien zwei. Aber Schmidt-Chanasit meint: „Diese Zahlen sind alle nicht korrekt.“ Gute Aufzeichnungen über das Auftreten der Krankheit fehlten. Es gibt nur wenige Referenzzentren, die die Infektion diagnostizieren könnten, neben dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg noch das Pasteur-Institut in Paris und zwei weitere Einrichtungen in Großbritannien und den Niederlanden. Jetzt steige die Zahl der Fälle täglich, weil sich mehr Patienten untersuchen ließen und die Mediziner genauer hinschauten.

Zusammenhang zwischen Fehlbildung und Viren noch nicht bewiesen

Die Viren verursachen bei den Infizierten zwar keine schwere Erkrankung, stehen aber im Verdacht, bei Schwangeren das ungeborene Kind, vor allem die Entwicklung ihres Gehirns, zu schädigen. „Dieser Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich“, sagt Schmidt-Chanasit. „Der endgültige Beweis steht aber noch aus.“

Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin.  
Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin.  

©  Daniel Bockwoldt/dpa

In Brasilien, das mit rund 4000 registrierten Fällen der sogenannten Mikrozephalie am stärksten betroffen ist, gebe es derzeit Fallkontrollstudien. Dabei werden Frauen mit fehlgebildeten und gesunden Kindern auf Antikörper gegen Zika-Viren getestet. Bei gestorbenen Babys und im Fruchtwasser sei das Virus bereits nachgewiesen worden. Das seien aber nur einzelne Hinweise. Für Studien müssen Hunderte Schwangere untersucht werden. „Ich denke, in einigen Wochen werden wir den endgültigen Beweis haben“, sagt der Virologe.

Missbildungen dieser Art kommen auch bei Neugeborenen in Deutschland vor. Schmidt-Chanasit hält es für denkbar, dass auch hier in einigen Fällen eine Zika-Virusinfektion die Ursache sein könnte. Das ließe sich aber nur bei einer Häufung feststellen oder bei einer sogenannten Reiseanamnese. Schmidt-Chanasit weiß von einem missgebildeten und schließlich gestorbenen Baby im US-Bundesstaat Hawaii, dessen Mutter in der Schwangerschaft in Brasilien war.

Überträger-Mücken kommen auch in Deutschland vor

Die Viren werden wahrscheinlich über die Asiatische oder Ägyptische Tigermücken wie Aedes aegypti oder Aedes albopictus verbreitet und wurden mittlerweile in 21 Ländern diagnostiziert, vor allem in Brasilien. Die Erreger werden sich aller Voraussicht nach aber weiter über Süd-, Mittel- und Nordamerika verbreiten, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Aufgrund der Wetterverhältnisse, die eine Vermehrung der Mücken verhindern, dürften nur Länder wie Chile und Kanada ausgenommen sein. Betroffene Länder wie El Salvador, Kolumbien oder Ecuador raten Frauen gar, vorerst keine Kinder zu bekommen. El Salvador terminiert die vorsorgliche Babypause sogar auf zwei Jahre - bis man mehr über die Viren und ihre Übertragung wisse, um effektive Gegenmaßnahmen einzuleiten. In Brasilien sind derzeit über 220.000 Soldaten im Einsatz und versprühen Insektenvernichtungsmittel und schütten Wasserlöcher zu, um die Vermehrung der Mücken zu drosseln.

Die Asiatische Tigermücke komme auch in Südeuropa und Süddeutschland vor, sagt Schmidt-Chanasit, aber bislang sei ihm keine in Europa oder Deutschland erworbene Zika-Infektion bekannt. Eine Reisewarnung für Schwangere macht nach Meinung des Experten nur für Länder Sinn, in denen die Infektion in großer Zahl auftritt, wie in Brasilien und Französisch-Polynesien. Vereinzelte Fälle in Afrika oder Südostasien rechtfertigten eine solche Warnung nicht. Wenn eine werdende Mutter dennoch nach Brasilien reisen wolle, könne sie nur auf Mückenschutz achten. Eine Impfung oder ein Medikament gibt es noch nicht.

US-Präsident Barack Obama in einer Sitzung mit Gesundheitsexperten zum Zika Virus im "Situation Room" des Weißen Hauses.
US-Präsident Barack Obama in einer Sitzung mit Gesundheitsexperten zum Zika Virus im "Situation Room" des Weißen Hauses.

© White House/Pete Souza/dpa

US-Präsident Barack Obama hat unterdessen bei einem Treffen mit Gesundheitsexperten zu größeren Anstrengungen bei der Erforschung des Zika-Virus aufgerufen. Man brauche eine verbesserte Diagnostik, zudem müssten Impfstoffe und Heilungsansätze entwickelt werden, sagte Obama nach dem Treffen am Dienstag laut Angaben des Weißen Hauses. Alle Amerikaner müssten sich über das Virus sowie über Möglichkeiten informieren können und wissen, wie sie sich vor einer Infektion schützen könnten. (dpa/skb)

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