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Verhütung: „Pille für den Mann“ macht depressiv

Auf eine hormonhaltige Verhütungsspritze für den Mann wurden große Hoffnungen gesetzt. Doch eine internationale Studie wurde wegen großer Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen - die teilnehmenden Männer entwickelten unter anderem Depressionen.

Vor 50 Jahren kam in Deutschland die erste Antibabypille auf den Markt. Vergleichbare Verhütungsmethoden für den Mann fehlen aber immer noch. Auf eine große internationale Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit einer hormonhaltigen Verhütungsspritze waren große Hoffnungen gesetzt worden. Doch der internationale Testlauf an 400 Männern ist im Frühjahr gestoppt worden, wie nun bekannt wurde.

Die Spritze, die die Hormone Testosteron und Gestagen enthält, bietet zwar sichere Empfängnisverhütung, weil sie den komplizierten Regelkreis der körpereigenen Hormone unterbricht, so dass sich im Hoden keine Samenzellen mehr bilden. Doch der Preis dafür war zumindest für zehn Prozent der teilnehmenden Männer zu hoch: Sie entwickelten im Lauf der Untersuchung, in der sie alle zwei Monate eine Spritze bekamen, unangenehme Nebenwirkungen wie Depressionen, Gewichtszunahme oder Hautprobleme.

An der Untersuchung teilgenommen hatten auch insgesamt 80 deutsche Männer zwischen 18 und 45, die alle in einer festen Beziehung lebten und von den Unikliniken in Münster und Halle betreut wurden. „Das Interesse an dieser Art der Verhütung ist bei Männern groß“, beteuert Michael Zitzmann vom Centrum für Reproduktionsmedizin der Uniklinik in Münster, der den deutschen Arm der Studie leitet.

Bei einem internationalen Treffen wollen er und seine Kollegen im Oktober beraten, wie es mit der „Pille für den Mann“ nun weitergehen soll. Zitzmann bezweifelt inzwischen, dass es eine Spritze in den nächsten zehn Jahren bis zur Marktreife schaffen kann. „Doch es gibt durchaus Ideen, wie wir weitermachen könnten.“ Offensichtlich stelle die Gestagen-Komponente, die sich auch in den Verhütungspillen für Frauen befindet, die Ursache für die Nebenwirkungen der Männer-Spritze dar. Allein auf das Testosteron zu setzen, wie das in einer großen chinesischen Studie an 1000 Männern geschehen ist, gehe allerdings auf das Konto des sicheren Empfängnisschutzes. Detaillierte Untersuchungen zu ethnischen und genetischen Unterschieden zwischen den Männern, die an der WHO-Studie teilnehmen, sollen hier mehr Aufschluss bringen. Die Studie läuft also weiter, auch wenn die Teilnehmer keine Spritzen mehr bekommen.

Zitzmann denkt außerdem an Studien mit Präparaten, in denen statt Gestagen Gegenspieler des Hormons GnRH zum Einsatz kommen. Sie bremsen die Ausschüttung wichtiger Fortpflanzungshormone und werden in der Reproduktionsmedizin eingesetzt, um bei Frauen einen vorzeitigen Eisprung zu verhindern. „Ein eleganter Weg könnte darin bestehen, sie nur anfangs einzusetzen, um die Spermienproduktion zu unterdrücken, und die Behandlung dann nur mit Testosteron fortzusetzen.“ Wenn das klappt, könnte die Spritze für Männer attraktiv werden, die über längere Zeiträume die Verhütung übernehmen möchten, ohne einen Kinderwunsch für die Zukunft ganz auszuschließen – wie bei einer Sterilisation mittels Durchtrennung der Samenleiter.

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