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Germanistik-Professorinnen aus Kairo in Berlin.

© Mike Wolff

Universität Kairo: Der Campus als Hort der Demokratie

Die Demokratie auf dem Campus ist unumkehrbar, sagen drei Germanistik-Professorinnen, die in Berlin zu Gast sind. Die Sorge um die Lage in der Heimat begleitet sie, doch sie schmieden Kooperationen - und hoffen auf Frieden.

„Es ist eine kleine Gruppe Militanter, die an den gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt ist“, sagt Dalia Salama. „Die Mehrheit der Bevölkerung will jetzt einen ordentlichen demokratischen Staat.“ Salama lehrt an der Universität Kairo, leitet die Abteilung Germanistik. Eigentlich ist sie gemeinsam mit zwei Kolleginnen in Berlin, um wissenschaftliche Kooperationen zu vereinbaren. Doch die dramatische Situation in ihrer Heimat überschattet die Reise. Aus kurzen Telefonaten wissen die drei Germanistinnen aber, „dass unsere Familien in ihren Wohnungen bleiben und insofern in Sicherheit sind“.

Hoda Issa, seit 1973 Professorin bei den Kairoer Germanisten, sieht gute Chancen, dass der Lehrbetrieb Ende September nach den Semesterferien regulär starten kann. „Das politische Bewusstsein unter den Studierenden ist sehr hoch, sie sind gut informiert – und sie sind nicht militant.“ Den demokratischen Aufbruch, den ihre Universität seit 2011 erlebt, hält Issa für unumkehrbar. Professoren, die unter dem Mubarak-Regime verfolgt wurden, lehren wieder. Protegés der Nationaldemokratischen Partei haben ihre Posten verloren. Und mit dem Verfassungsjuristen Gaber Nassar leitet seit Juni ein Reformer die Uni. Als die Muslimbrüder an der Macht waren, konnten sich deren Studentenvertreter an den Hochschulen nirgendwo durchsetzen, sagt Assistenzprofessorin Dina Salama. Auf dem Kairoer Campus sei das tagelang gefeiert worden.

Die Studenten brauchen eine Perspektive

Die Berlinreise der drei Germanistinnen ist auch eine Übung in universitärer Autonomie. Sowohl mit der Humboldt-Universität als auch mit der Freien Universität haben sie Modelle für eine künftige Kooperation besprochen; wer das Rennen macht, entscheidet der Fakultätsrat in Kairo. In der Kooperation, die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit Mitteln der Transformationspartnerschaft für Ägypten gefördert wird, soll es unter anderem um eine Reform des germanistischen Curriculums und um die Weiterbildung von Dozenten gehen. Geplant ist auch ein Austausch von Lehrenden und Studierenden.

Ein System der Qualitätssicherung in Lehre und Forschung wurde an der Philosophischen Fakultät in Kairo schon vor zehn Jahren eingeführt. „Aber es ist ein Ergebnis des ägyptischen Umbruchs, dass es jetzt auch wirklich umgesetzt wird“, sagt Michael Fisch, vom DAAD entsandter Gastprofessor in Kairo, der die Gruppe nach Deutschland begleitet hat. Heute könnten die Studierenden ihre Professoren bewerten, werden Studiengänge evaluiert. Für die nächste Zukunft hofft Fisch „auf Gewaltverzicht und Sicherheit – und ein Ankurbeln der Wirtschaft“. Nur dann könne er eine der drängendsten Fragen der Studierenden positiv beantworten: „Wozu studieren wir Germanistik?“

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