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Start-up. Viele Uni-Unternehmer bieten Dienstleistungen aus dem IT-Bereich an. Im Bild die Gründer des Unternehmens „SpacialDB“, das an der FU entstanden ist und auf Geodatenbanken spezialisiert ist.

© Thilo Rückeis

Unigründer: Firmen aus Berliner Hochschulen setzen Milliarde um

Studierende und Forscher aus Berlin und Brandenburg schaffen mit ihren Firmen tausende Arbeitsplätze. Das zeigt eine neue Umfrage. Die Hochschulen der Region haben ihre Ausgründungsaktivitäten sehr intensiviert.

Die Idee zu ihrem Unternehmen kam der damaligen FU-Studentin Jasmin Bildik während ihres Lehramtsstudiums. Schon früh fehlte ihr der Praxisbezug: „Ich wollte viel mehr mit Schülern arbeiten, als zu Beginn des Studiums vorgesehen ist“, sagt Bildik. Also organisierte sie selber Workshops von Studierenden in Schulen, bei denen Lehramtsanwärter Schüler unterrichten. Die ersten Workshops waren so stark nachgefragt, dass Bildik mit Kommilitonen und mit der Unterstützung von Didaktikern begann, die Angebote zu professionalisieren. Inzwischen ist daraus ein mittelständischer Bildungsdienstleister geworden. 30 Mitarbeiter beschäftigt Bildiks Firma „Swim Bildung“, rund 75 000 Schülerinnen und Schüler wurden erreicht. Das Unternehmen trägt sich auch finanziell: Die Schulen zahlen für die Workshops.

Uniausgründungen schaffen 17 000 Arbeitsplätze

Der Bildungsdienstleister ist eines der vielen Unternehmen, die aus einer Hochschule in Berlin und Brandenburg hervorgegangen sind. Mehr als 700 dieser Ausgründungen haben jetzt an der ersten „Gründungsbefragung“ von zehn Hochschulen der Region teilgenommen. Demnach haben die befragten Firmen 17 000 Arbeitsplätze geschaffen, im Jahr 2013 setzten sie 1,7 Milliarden Euro um. „Der Umsatz entspricht den Landeszuschüssen von Berlin und Brandenburg an die Hochschulen. Der Staat bekommt seine Investitionen also zurück“, sagte Christian Thomsen, Präsident der TU Berlin, am Mittwoch bei der Präsentation der Umfrage. Es würden hochwertige Arbeitsplätze entstehen: 79 Prozent sind mit Akademikern besetzt. Für Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist Berlin daher „die Gründerhauptstadt“.

Hochschulen als Wirtschaftsfaktor

Für die Hochschulen sind die Ergebnisse eine wichtige Botschaft. Schließlich wollen sie nicht als Kostgänger des Staates wahrgenommen werden. Vielmehr seien sie ein "Wirtschaftsfaktor für die Region“, wie Thomsen sagte. Schon vor einem Jahr hatten die Berliner Hochschulen daher eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vorgelegt, wonach sie für die Stadt deutlich mehr einbringen als sie das Land kosten.

Klaus Semlinger, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft, sprach von einen „rasanten Aufschwung“ bei dem Aufbau von Firmen. Berlin sei „gegen den Bundestrend gewachsen“. Allein seit 2010 entstanden rund vierzig Prozent der Unternehmen. Die Hochschulen führen das auf einen Bewusstseinswandel zurück. Noch vor zehn Jahren sei das Thema Gründungen bei ihnen ein eher randständiges gewesen, heißt es. Doch seitdem haben Unis und FHs ihre Unterstützung für potenzielle Gründerinnen (an 41 Prozent der Firmen sind Frauen beteiligt) und Gründer intensiviert. Die Hochschulen beraten Studierende und Forscher beim Erstellen von Wirtschaftsplänen und Einwerben von Startkapital. Büros werden zur Verfügung gestellt – was an der FU auch Jasmin Bildik nutzte. Das spart zunächst Miete und Energiekosten.

Die FU plant ein neues Gründungszentrum

Richtige Gründerzentren gibt es in Adlershof und Charlottenburg. Auch die FU plant ein Zentrum im ehemaligen US-Militärhospital in der Fabeckstraße. FU-Vizepräsidentin Monika Schäfer-Korting sagte, inzwischen hätten Finanz- und Wirtschaftsverwaltung das Vorhaben endgültig abgesegnet, dem Ausbau stehe nichts mehr im Weg.

Viele Firmen kommen aus dem Bereich Medien

Oft entstehen Firmen fächer- und hochschulübergreifend, sagte Martin Rennert, Präsident der Universität der Künste. Tatsächlich decken die Unternehmen ein breites Spektrum ab. Ein Viertel bringt direkt Forschungsergebnisse ins Geschäft ein: wie die an der TU entstandene Firma „Akvolution“, die Meerwasser nachhaltig aufbereiten lässt. Zwanzig Prozent der Firmen stammen aus dem Bereich Medien, Design und Kultur. Fast ebenso viele bieten IT- Dienstleistungen an. Die HU-Ausgründung „Upcload“ etwa entwickelte eine Software, mit deren Hilfe sich beim Online-Shopping die richtige Kleidergröße finden lässt. „SpacialDB“ von der FU hat sich auf Geodatenbanken spezialisiert.

Hat die umstrittene Ressortaufteilung des Senats – die Forschung wurde dem Wirtschaftsressort zugeschlagen – die Gründungsaktivitäten befördert? Thomsen sagte, die Aufteilung sei zumindest „kein Nachteil“. Beide Verwaltungen würden die Aktivitäten gleichermaßen unterstützen. Oft fehle es dennoch an privaten Investoren. Insgesamt seien die Aussichten für Berlin aber im internationalen Vergleich ausgezeichnet. München locke weniger junge Kreative an, London sei für Gründer zu teuer: „Nach Berlin kommen Studierende, nur um sich mit dem Thema Gründungen zu beschäftigen.“

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