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Müll am Strand. Plastikabfälle sind ein großes Umweltproblem. Gelingt es, daraus nützliche Rohstoffe zu gewinnen, ist der Anreiz größer, den Abfall zu sammeln.

© picture alliance / dpa

Umweltschutz: Plastikmüll in Sprit verwandeln

Zweites Leben für gebrauchten Kunststoff: Ein neues Verfahren macht mit wenig Energie aus Polyethylen-Abfall Diesel und Industrierohstoffe.

Mehr als 100 Millionen Tonnen Polyethylen und ähnliche Kunststoffe produziert die Industrie weltweit jedes Jahr aus Erdöl. Einmal gebraucht, wird aus den Plastikbeuteln und -flaschen bald Müll, der entweder die Umwelt verschmutzt oder in Verbrennungsanlagen Strom und Wärme liefert. Im Fachblatt „Science Advances“ stellt nun ein Forscherteam um Zheng Huang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Schanghai eine Recyclingvariante vor: ein Verfahren, das bei 175 statt 400 Grad Celsius aus den Polyethylenen Treibstoffe und wichtige Rohstoffe für die chemische Industrie herstellt, für die sonst Erdöl benötigt wird.

Polyethylen besteht wie andere Kunststoffe aus kleinen identischen Einheiten, die sich zu langen Ketten verbinden. Chemiker bezeichnen sie als „Polymere“. Besonders Polyethylen und nahe verwandte Kunststoffe wie Polypropylen sind sehr stabil und werden in der Natur kaum abgebaut. Sollen die langen Polymere in kleinere Einheiten zerlegt werden, müssen sie bei hohen Temperaturen „geknackt“ werden.

Katalysatoren zerhacken die langen Kohlenstoffketten

Doch es gibt eine Alternative. Vorbild ist ein Verfahren, das für kürzere Grundeinheiten des Polyethylens entwickelt wurde. Dabei werden zum Beispiel zwei Bausteine mit jeweils drei Kohlenstoffatomen in einen Baustein mit zwei und einen weiteren mit vier Kohlenstoffatomen umgeordnet. Zheng Huang und seine Kollegen übertrugen dieses Verfahren jetzt auf lange Polyethylen-Ketten, die aus bis zu mehreren 100 000 Kohlenstoffatomen bestehen. Als weitere Zutat brauchen die Forscher Petrolether, eine preiswerte Mischung aus Kohlenwasserstoffen, die nichts anderes als extrem kurze Polyethylene mit fünf oder sechs Kohlenstoffatomen sind.

Im nächsten Schritt setzen sie Katalysatoren ein, um die Umordnung zu starten. Dabei werden die langen Polyethylen-Ketten ein wenig kürzer und die kurzen Petrolether-Ketten ein wenig länger. Indem die Wissenschaftler mehr Petrolether als Polymere einsetzen, durchlaufen die Polyethylen-Ketten diese Reaktion häufiger als die kleinen Einheiten und werden so dramatisch verkürzt. Nach einem Tag bei 175 Grad Celsius sind die langen Ketten klein gehackt, berichten die Forscher.

Nur noch neun bis 22 Kohlenstoffatome enthalten die einstmals langen Ketten. Aus einer festen Substanz ist eine Flüssigkeit geworden, die als Diesel-Treibstoff verkauft werden könnte. Daneben fallen kleinere Mengen Paraffin an, eine wachsweichen Substanz, bei der die Ketten einige Kohlenstoffatome mehr enthalten. Daraus können von Kerzen bis zu Salben und von Kabelisolierungen bis zu Imprägniermitteln für Papier und Textilien eine Reihe von Produkten hergestellt werden.

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