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Wissenschaft und Wahrheit. Um die Thesen des Berliner Historikers Jörg Baberowski (hier der Eingangsbereich der Humboldt-Universität) ist ein Streit entbrannt.

© Doris Spiekermann-Klaas

Umstrittener Historiker Jörg Baberowski: HU-Professor darf "Geschichtsfälschung" vorgeworfen werden

In einem Artikel wurde dem Historiker Jörg Baberowski "Geschichtsfälschung" vorgeworfen. Das ist eine zulässige Meinungsäußerung, sagt ein Gericht - der Historiker zieht einen Verbotsantrag zurück.

Kritiker des umstrittenen Historikers Jörg Baberowski dürfen auch weiterhin behaupten, dass er „Geschichtsfälschung“ betreibe. Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Hamburg.

Die „Sozialistische Gleichheitspartei“ (SGP), die dem Professor der Berliner Humboldt-Universität schon länger die Verharmlosung von Nazi-Verbrechen vorwirft, hatte in einem Onlineartikel einen Studenten mit den Worten zitiert: „Jörg Baberowski nennt sich Historiker, aber er betreibt eigentlich Propaganda und Geschichtsfälschung.“

Der 56-Jährige beantragte daraufhin beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen die trotzkistische Partei, um ihr das Wort „Geschichtsfälschung“ verbieten zu lassen. Die Zivilkammer wies den Professor jedoch darauf hin, dass sie die Aussage für eine zulässige Meinungsäußerung halte. Danach zog er den Verbotsantrag zurück, wie eine Justizsprecherin auf Anfrage bestätigte.

Was in dem Gerichtshinweis steht

In dem Gerichtshinweis, der dem Tagesspiegel vorliegt, hieß es: „Für die Zulässigkeit der Äußerung ist es nicht maßgeblich, ob man der in Rede stehenden Ansicht folgen mag. Entscheidend ist allein, ob es für die in Rede stehende Äußerung an jeglicher Grundlage fehlt.“

Zum Hintergrund: Herabsetzende Meinungsäußerungen können verboten werden, wenn ihnen jeglicher Sachbezug fehlt. Die SGP legte dem Gericht aber Zitate vor, die ihre Sicht belegen sollten – unter anderem eine Äußerung Baberowskis von 2014 im „Spiegel“: „Hitler war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“ Dies sei historisch falsch, meinte die SGP unter Berufung auf andere Wissenschaftler.

Es geht auch um ein Zitat zu Hitler

In dem Gerichtsvermerk hieß es ferner, dass die SGP-Äußerungen nicht die Aussage beinhalteten, dass der Professor „bewusst die Unwahrheit über historisch feststehende Ereignisse verbreiten würde, sondern dass seine Einordnung der historischen Ereignisse falsch sei.“ Zu diesem Punkt habe die SGP „hinreichend vorgetragen“, zum Beispiel das Zitat zu Hitler.

Der Historiker ließ sich vor Gericht von einer Hamburger Anwaltskanzlei vertreten, deren Chef Joachim Steinhöfel im vergangenen Juli die Festrede auf dem Sommerfest der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ hielt. Auf Nachfrage erklärte Steinhöfel zu dem Rechtsstreit: „Unser Mandant hat nicht die Absicht, die Selbstdarstellung trotzkistischer Splittergruppen durch eine Stellungnahme aufzuwerten.“

Der Hamburger Anwalt betonte aber ähnlich wie die Justizsprecherin, das Gericht habe nicht festgestellt, dass Baberowski tatsächlich ein Geschichtsfälscher sei. (Az.: 324 O 502/17).

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