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George Turner, Kolumnist des Tagesspiegels und Berliner Wissenschaftssenator a.D.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Durch die Exzellenzstrategie entsteht ein schiefes Bild

Die Exzellenzstrategie für deutsche Universitäten ist zweifelhaft, findet unser Kolumnist. Denn auch an anderen Universitäten wird Beachtliches geleistet.

Die Exzellenzstrategie wird das deutsche Universitätssystem verändern, ob zum Besseren ist zweifelhaft. Voraussetzung, um in die Endrunde zu gelangen, waren mindestens zwei bewilligte Cluster. Jetzt ist entschieden, welche elf die begehrte Dekoration tragen dürfen. Überraschungen sind ausgeblieben, Zweifel nicht beseitigt. Warum ist Tübingen besser als Freiburg? Was zeichnet Karlsruhe vor Stuttgart aus? Wo liegen die Unterschiede zwischen Bonn und Köln, wie verhält es sich zu Münster?

Bereits in der Runde des Aussortierens der Antragsskizzen gab es faustdicke Überraschungen. Die Universität Frankfurt, in früheren Verfahren mit vier Clustern erfolgreich, wurde mangels hinreichend begründeter Skizzen nicht zum weiteren Verfahren zugelassen. Machte dies schon deutlich, wie fragwürdig das Auswahlverfahren ist, so erfuhren Zweifel an der Prozedur neue Nahrung bei der Körung der Exzellenzcluster. Auf der Strecke blieben unter anderem Göttingen, Mainz, Leipzig, Würzburg, Erlangen und Saarbrücken. Sind sie schlechter als Hannover, Braunschweig oder Bochum, die weiter dabei waren?

Niemand wird später behaupten wollen, an den auszuzeichnenden elf Universitäten seien alle Disziplinen „Spitze“. Dennoch wird auf jeden Fall in der Öffentlichkeit der Eindruck einer Trennlinie zwischen den „Elite-Universitäten“ und dem „Rest“ entstehen, zumal die Entscheidungen für mindestens sieben Jahre gelten und gute Aussichten bestehen, weitere sieben Jahre dazu zu gehören, vorbehaltlich von Evaluationen die alle sieben Jahre dauerhaft gelten.

Jedes Ranking würde den Autoren um die Ohren fliegen

Die Freude der Gewinner ist verständlich. Allerdings darf nicht verkannt werden, wie schmal die Basis der Entscheidung bei zwei Clustern ist. Jedes Ranking würde den Autoren um die Ohren fliegen, wenn sie so wenig das Gesamtgefüge einer Universität berücksichtigten. Es wird niemand bestreiten, dass auch an Universitäten, die das Etikett „exzellent“ nicht tragen, zum Teil weltweit anerkannte Wissenschaftler tätig sind, die zur Elite ihres jeweiligen Fachs gehören. Das gerät ins Abseits.

Das durch die Exzellenzstrategie entstehende schiefe Bild wird noch wackeliger, wenn man bedenkt, dass einige Bundesländer „exzellenzfreie Zonen“ sind. Auch dort wird durchaus in bestimmten Bereichen Beachtliches geleistet. Die Imboden-Kommission, eigens zur Bewertung der Exzellenzinitiative eingesetzt, hatte schon Recht mit dem Vorschlag, die Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“ nicht fortzuführen. Die Politik hat sich wieder einmal nicht an das gehalten, was immer eingefordert wird: an die Empfehlungen der Politikberatung.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de.

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