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Das historische Hauptgebäude der Universität Göttingen.

© Swen Pförtner/dpa

Turners Thesen: Die Uni Göttingen zerlegt sich selbst

Mit dem Streit um den Präsidenten bietet die Uni Göttingen ein trübes Bild - angesichts der Zukunftsherausforderungen ein Armutszeugnis, findet unser Kolumnist.

In der Vorrunde zur Exzellenzkrönung von elf Universitäten wurde „geschoben“. Heidelberg und Karlsruhe hatten nur je ein unstrittig erstklassiges Cluster. Aus dem Kreis der nicht ganz so guten Objekte wurde jeweils eines zu den besseren transportiert. Das Ergebnis: beide Universitäten sind exzellent; Heidelberg wohl auch wegen seiner internationalen Bedeutung.

Das hätte auch für Göttingen gelten müssen. Allerdings hätte dafür der Vertreter des Landes hellwach und eine Gleichbehandlung mit Heidelberg einfordern müssen. Das geschah nicht, sodass der frühere Minister Oppermann unwidersprochen behaupten konnte, unter seiner politischen Führung wäre das nicht passiert. Dafür spricht einiges.

Mit der vehementen Ablehnung des neu gewählten Präsidenten schickt sich die Universität an, den zweiten Kandidaten von außen zu demontieren. Das hat man bereits mit der renommierten Wissenschaftlerin Ulrike Beisiegel geschafft, indem aus dem Senat gefordert wurde, dass sie früher als von ihr selbst angeboten vom Amt der Präsidentin zurücktreten sollte.

Der gewählte Präsident hat gezeigt, dass er eine Universität (Lüneburg) von null auf eine beachtliche und beachtete Normhöhe bringen kann. Wenn von ihm gesagt wird, er gehe nicht eben zimperlich mit Professoren um, zeugt das davon, dass manchen unbekannt ist, wie Hochschulen angesichts des Massenphänomens, das Studierende und Professoren betrifft, gemanaged werden müssen. Das geht nicht nur mit Samthandschuhen und betulicher Kollegialität.

George Turner, Kolumnist des Tagesspiegels und Berliner Wissenschaftssenator a.D.
George Turner, Kolumnist des Tagesspiegels und Berliner Wissenschaftssenator a.D.

© Mike Wolff

Mit Ulrike Beisiegel hatte die Universität Göttingen eine anerkannte Wissenschaftlerin an der Spitze. Sie wurde systematisch „kleingemacht“. Mit Sascha Spoun würde sie einen Manager gewinnen. Wenn man einen Wissenschaftler an der Spitze haben möchte, sollte man in den eigenen Reihen suchen. Eine Mitwirkung dabei obliegt unter anderem dem Vorsitzenden des Stiftungsrates. Nur „in Deckung“ bleiben, genügt nicht. Jetzt entscheidet das Verwaltungsgericht über eine Konkurrentenklage. Die vielbeschworene Autonomie bleibt – selbstverschuldet – wieder einmal auf der Strecke.

So bietet denn die ehrwürdige Georgia Augusta ein ziemlich trübes Bild, angesichts der großen Verdienste in der Vergangenheit ein Jammer, angesichts der Herausforderungen in der Zukunft ein Armutszeugnis mit nicht viel Hoffnung auf bessere Zeiten.

- Wer mit dem Autor, Göttinger Alumnus, diskutieren möchte, kann ihm eine Email senden: george.turner@t-online.de

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