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Passend zur Kopulation gleich den Eisprung auslösen: Der Überlebensvorteil für Säugetiere, den Orgasmus zu entwickeln.

© mauritius images /Heinz Hudelis

Trigger für den Eisprung: Der Ursprung des weiblichen Orgasmus

Es ist toll, aber wozu ist es nütze? Mit Hilfe von Experimenten haben Evolutionsforscher den evolutiven Vorteil des großen Gefühls beim Sex ergründet.

Beim männlichen Orgasmus ist die Sache klar: Dass dieser elementar mit einer Ejakulation, dem Samenerguss, zusammenhängt, ist hinlänglich überprüft – wobei die Regel durch wenige Ausnahmen, aufgrund besonderer sexualakrobatischer Techniken oder gesundheitlicher Probleme, bestätigt wird. Das gilt neben Homo sapiens auch für andere Säugetiere.

Komplizierter ist es beim weiblichen Orgasmus, der ja in vielerlei Hinsicht von Profi- wie Amateurexperimentatoren ein ebenso gern erforschtes wie medial diskutiertes Phänomen ist. Zwar geht bei vielen Säugetieren das Kopulieren mit dem „Sprung“ der Eizelle aus dem Eierstock in den Eileiter einher – etwa bei Hasen, Katzen oder Kamelen. Doch beim Menschen, Menschenaffen und Nagetieren sind beide Ereignisse entkoppelt. Ob sich der Körper dabei nun zu einem Orgasmus hinreißen lässt oder nicht – das Ei springt, wann es will.

Der Orgasmus ist komplex - und hat sich nicht nur per Zufall entwickelt

Für die Evolution von Mäusen, Menschenaffen und Menschen war das offenbar kein größeres Problem, die Fortpflanzung klappte trotzdem. Für Evolutionsforscher aber schon. Denn der Orgasmus ist ein komplexer biologischer Prozess, der eine ganze Reihe von Hormonen und präzise koordinierte Reaktionen des Nervensystems bedarf – viel zu kostspielig also, um zufällig und ohne selektiven Druck, also einen Überlebensvorteil für die Art, entstanden zu sein. Trotzdem können Frauen auch völlig ohne den vieldiskutierten Orgasmus Nachwuchs empfangen.

Um diesen Widerspruch zu erklären, haben Forscher schon diverse Hypothesen aufgestellt, um den weiblichen Orgasmus zu erklären, warum er entstand und was seine Funktion ist. Eine davon hat nun ein Forscherteam um den Evolutionsbiologen Günter Wagner von der Yale Universität in New Haven, USA, experimentell überprüft – allerdings an Kaninchen („Weißen Neuseeländern“), nicht Menschen.

Die Forscher gingen davon aus, dass bei den ersten Ur-Säugetieren der Eisprung mit der Begattung einherging. Erst später im Laufe der Evolution sei diese „Kopulations-induzierte Ovulation“ (KIO) verloren gegangen. Könnte also der weibliche Orgasmus auf dem gleichen physiologischen Mechanismus beruhen, der ursprünglich den Eisprung während der Kopulation auslöste?

Wenn dem so sei, so die Forscher im Fachblatt „PNAS“, dann sollten der Orgasmus von Frauen und die KIO noch immer so viele physiologische Gemeinsamkeiten haben, dass beide Prozesse durch die gleichen pharmakologischen Wirkstoffe beeinflusst werden müssten.

Was bei Frauen den Orgasmus verhindert, stoppt bei Kaninchen den Eisprung

Also nahmen die Forscher einen Stoff, der bei Frauen bekanntermaßen den Orgasmus verhindert: Fluoxetin. Tatsächlich hatten die Kaninchen, die sie zwei Wochen lang täglich mit Fluoxetin behandelten, rund 30 Prozent weniger Eisprünge: Statt zwölf nur sieben in der mit vier Milligramm Fluoxetin behandelten „Zibben“-Gruppe und neun Eisprünge in der mit zwei Milligramm behandelten. Die Zahl der Eisprünge änderte sich auch dann nicht, wenn die Forscher nach der Fluoxetin-Behandlung ein Hormon gaben, mit dem sich der Eisprung stimulieren lässt – menschliches Choriongonadotropin, das nicht über das Nervensystem wirkt, sondern direkt auf die Eileiter.

Die Forscher schlussfolgern, dass der physiologische Mechanismus, der bei Kaninchen-Zibben den Eisprung mit der Begattung koppelt, homolog und damit evolutionsbiologisch verwandt ist mit dem Mechanismus, der dem Orgasmus von Frauen zugrunde liegt.

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