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Die Humboldt-Universität.

© imago images/Reiner Zensen

Theologie-Institut an der Humboldt-Universität: Fast die Hälfte bricht Berliner Islam-Studium ab

Fast die Hälfte der Studierenden am neuen Islam-Institut der HU hat ihr Studium schon wieder abgebrochen. Die CDU fordert Verbesserungen bei der Studierbarkeit.

Am Institut für Islamische Theologie der Humboldt-Universität bricht offenbar fast die Hälfte der Immatrikulierten vorzeitig das Studium ab. Das zeigen Zahlen, die aus der Antwort der Senatskanzlei Wissenschaft auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse hervorgehen.

Demnach haben bereits 161 Studierende ihr Studium „nicht zu Ende geführt“, wie es in der Antwort heißt. Seitdem das Institut die Arbeit im Wintersemester 2019/20 begonnen hat, haben insgesamt 359 Studierende im ersten Fachsemester ein Studium aufgenommen. Die Abbrecherquote liegt damit bei 44,8 Prozent - wobei die HU nicht sagen kann, ob sich die Abbrecher tatsächlich gleichmäßig auf alle Kohorten und angebotenen Studiengänge verteilen.

Auslastungsquote bei 110 Prozent

Insgesamt zeigen die Zahlen, dass das Studienangebot bei Bewerberinnen und Bewerbern durchaus beliebt ist. Für den einzigen zulassungsbeschränkten Studiengang – das Grundschullehramt – gingen an der HU im vergangenen Wintersemester 60 und für das aktuelle Wintersemester 74 Bewerbungen ein – bei nur zehn Plätzen. Die HU ließ jeweils eine Bewerber:in zusätzlich zu, so dass die Auslastung bei 110 Prozent liegt.

Die anderen Bachelor-Studiengänge – entweder als Ein-Fach-Option oder als Haupt- oder Nebenfach in Kombination mit anderen Studiengängen - sind Numerus-Clausus-frei. Insbesondere die Ein-Fach-Option (Monobachelor) ist stark belegt, mit etwa 40 bis 50 Erstsemestern in den vergangenen drei Studienhalbjahren.

Für die CDU bleibt das Institut hinter den Erwartungen zurück

Für den CDU-Abgeordneten Adrian Grasse stellt sich vor dem Hintergrund der jetzt schon hohen Abbrecherquote die Frage, "wie viele Studierende ihr Studium überhaupt abschließen und wann das sein wird". Das Islam-Institut bleibe bisher hinter den Erwartungen zurück. "Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um den Studienerfolg zu verbessern", fordert Grasse.

Die HU erklärte auf Anfrage, es handele sich in der Regel nicht sämtlich um wirkliche Studienabbrecher, sondern auch um Menschen, die den Studienort wechseln. Darunter seien sicherlich auch viele, die - wie in jedem anderen Studiengang auch - nach ein bis drei Semestern den Studiengang noch einmal wechseln. Im Vergleich zu anderen Fächern seien die Zahlen nicht außergewöhnlich, sondern würden sich "im üblichen Rahmen" bewegen.

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Aus der Sicht von Mira Sievers, Juniorprofessorin für Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik, entwickeln sich die Studierendenzahlen "ziemlich gut“. Sie und ihre Kolleg:innen hätten "einen gewissen Stamm an Studierenden im Monobachelor, die von Anfang an dabei sind", sagte Sievers dem Tagesspiegel. Für ihren Kurs zur systematisch-islamischen Theologie im fünften Semester hätten sich sieben Studierende angemeldet – „das ist nicht schlecht“.

Viele Studierende aus anderen Fächern belegen Kurse

"Das typische Ausbildungserlebnis in Islamischer Theologie" sei ihr sehr vertraut, sagt Sievers, die das Fach von 2010 bis 2015 an der Universität Frankfurt am Main im Bachelor und Master studierte. "Junge Frauen und Männer, die religiös sozialisiert sind und ein hohes Interesse an Religion mitbringen, müssen sich erst einmal an die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Islam gewöhnen."

Ein Teil sehe dann die aus Familie, Freundeskreis und Moschee mitgebrachten Erwartungen enttäuscht und wende sich schnell anderen Fächern zu. Von denen, die zwei Jahre weiter sind und sich auf das wissenschaftliche Studium und das Sprachenlernen eingelassen haben, "merkt ein guter Anteil, dass Theologie ihr Ding ist". Aber es gebe eben auch noch nach einigen Semestern eine gewisse Abbrecherquote.

In Berlin fällt Sievers im Gegensatz zu Frankfurt eine hohe Zahl von Studierenden aus anderen Fächern auf, die Seminare zum Koran und zur Koranexegese belegen. Sie kämen vor allem aus der Katholischen und Evangelischen Theologie an der HU und der Jüdischen Theologie in Potsdam, aber auch aus den Gender Studies. Der große Zulauf von mehreren Dutzend Studierenden pro Semester aus benachbarten Fächern erkläre sich aus dem starken Schwerpunkt der Berliner Islam-Theologie auf ethischen und rechtlichen Fragen und auf Genderbezüge.

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