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Ein Mädchen arbeitet bei der Tabakernte in Sambia. Der Konsum von Tabakerzeugnissen ist bekanntlich vor allem für junge Menschen gesundheitsschädlich - aber auch unter der Produktion können Kinder und Jugendliche enorm leiden.

© Christian Herrmanny/Kindernothilfe/dpa

Tabakanbau: Zigarette aus kleinen Händen

Zigaretten sind ungesund. Aber Tabak kann auch anders schaden. Jetzt setzt sich das Deutsche Krebsforschungszentrum gegen Kinderarbeit in der Tabakindustrie ein

Tabak ist nicht nur schädlich, wenn er verbrannt und der Rauch dann eingeatmet wird. Vor allem Kinder und Jugendliche in vielen Herstellerländern litten enorm, weil sie unter oft unmenschlichen Bedingungen im Anbau und in der Verabeitung des Genussmittels eingesetzt würden. Darauf machen das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Projekt „Unfairtobacco“ der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung aufmerksam.

„Die Tabakindustrie ist in der Pflicht, für sichere und faire Arbeitsbedingungen zu sorgen und Kinderarbeit zu verhindern“, zitiert die Deutsche Presseagantur Ute Mons vom DKFZ in Heidelberg. Zu oft stehe Kinderarbeit am Anfang einer hier in Deutschland gerauchten Zigarette, ergänzt die Kinderrechtsexpertin Anne Jacob von der Kindernothilfe. Davor verschließe die Branche die Augen.

Nach aktuellen Schätzungen arbeiten derzeit weltweit 1,3 Millionen Minderjährige für die Tabakindustrie. Am stärksten betroffen sind laut den Expertinnen Malawi, Sambia, Tansania, Simbabwe, Argentinien, Brasilien, Indonesien, Vietnam und Kambodscha, aber auch die USA.

Pestizide, Stäube, Rauch

Der Tabak wird in kleinbäuerlichen Betrieben angebaut. Diese erhalten zwischen 1,20 bis 2,70 Euro pro Kilo. „Dieser lächerlich geringe Preis steht in krassem Gegensatz zu den Gewinnen der von wenigen Großkonzernen dominierten Tabakindustrie“, sagt Sonja von Eichborn von Unfairtobacco.

Im Anbau seien Kinder Pestiziden ausgesetzt, arbeiteten mit scharfen Werkzeugen und nähmen Nikotin durch die Haut auf. „Das führt zu einer Tabakvergiftung mit den Folgen von Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen“, sagt Mons. Bei der Trocknung der Blätter seien die Kinder Rauch ausgesetzt, bei der Sortierung den Tabakstäuben.

Der Zigarettenverband versucht nach eigenen Angaben, Einfluss auf die Situation zu nehmen und verweist auf die mit anderen Partnern gegründete „Eliminating Child Labour in Tobacco“-Stiftung. Diese habe seit 2011 über 650 000 Kinder und ihre Familien erreicht, so dessen Geschäftsführer Jan Mücke.

In sechs Ländern werde versucht, Kinder aus dem Tabakanbau in die Schule umzulenken. Bei Unfairtobacco findet das wenig Beifall. Von Eichborn: «Das führt nicht zu strukturellen Veränderungen im Tabakanbau und erfüllt nur das Maß, das man braucht, um gute Presse zu bekommen.»

Forderung nach gesetzlichen Regelungen - und Strafen

Verbandsmann Mücke betont, es sei «internationaler Konsens», dass Kinderarbeit nicht durch eine einseitige Fokussierung auf einzelne Rohstoffe oder Lieferketten überwunden werden könne. Für nachhaltige Verbesserungen in den betroffenen Regionen sei ein umfassender von der Regierung über die Wirtschaft bis hin zu lokalen Gemeinschaften unterstützter Ansatz notwendig.

Beide Expertinnen von DKFZ und Unfairtobacco sprechen sich hingegen für ein Lieferkettengesetz aus. Damit könnte die deutsche Zigarettenindustrie haftbar gemacht werden für Verstöße gegen Kinder- und Menschenrechte an jeder Station der Lieferkette, auch im Ausland. Entsprechende gesetzliche Rahmen gebe es bereits in den Niederlanden und Frankreich. Von freiwilligen Selbstverpflichtungen halten sie nichts. Die Firmen scheuten den Aufwand, für die einzelnen Teile ihrer Produkten Kinderarbeit auszuschließen. (dpa)

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