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Der dritte Testflug eines SpaceX Starships endet mit einer Explosion, diesmal aber erst nach der Landung.

© Spadre/Pearl South Padre Resort VIA Youtube/REUTERS

Update

Superrakete von SpaceX: Testflug endet mit Explosion, aber erst nach der Landung

Eine SpaceX-Rakete soll Menschen zum Mond und zum Mars bringen. Beim dritten Test sollte es auch mit der Landung klappen. Doch dann explodierte auch SN-10.

Die letzten beiden Testflüge endeten mit einem gewaltigen Feuerball. Statt aufrecht stehend auf dem Landeplatz aufzusetzen, waren die „Starship“-Raketen hart aufgeschlagen und explodiert. Beim dritten Versuch, den das US-Raumfahrtunternehmen SpaceX für diesen Mittwoch angekündigt hat, lief es besser, etwas.

Wie bei den letzten beiden Tests im Dezember und Februar sollte es zehn Kilometer hoch gehen und retour. Die unbemannte Rakete landete sicher wieder auf dem Boden – und ging dann wenige Minuten später in Flammen auf.

Warum die Rakete explodierte, war zunächst nicht klar. „Das Hauptziel des heutigen Testflugs war, ausreichend Daten zu sammeln dazu, wie man das Raumschiff beim Wiedereintritt kontrolliert“, sagte SpaceX-Ingenieur John Insprucker. „Und das haben wir erfolgreich erreicht.“

Künftig sollen diese Raketen – kombiniert mit einer massiven Erststufe namens „Super Heavy“ und Nachtanken im Orbit – wahlweise Menschen oder bis zu 100 Tonnen Material zum Mond und zum Mars bringen. Damit könnten sie dem Nasa-Projekt „Space Launch System“, das bislang als neue Mondrakete forciert wird, Konkurrenz machen.

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Blechbüchse mit Potenzial

Starship unterscheidet sich optisch stark von anderen Raketen. Während die meisten weiß lackiert sind und viele Verbundwerkstoffe enthalten, erscheint das Starship wie eine Blechbüchse. SpaceX hat für die Hülle Kohlefaserwerkstoffe verworfen und nutzt Chromnickelstahl, weil dieser mit den hohen Temperaturen beim Wiedereintritt in die Atmosphäre besser zurechtkommt. Zudem reflektiert die glänzende Oberfläche viel Infrarotstrahlung der Sonne ins All.

Weiterhin auffällig sind die beweglichen Flügel im oberen und unteren Teil, mit denen die Rakete während der letzten Kilometer vor der Landung gesteuert wird. Dabei fliegt die Rakete zunächst waagerecht.

Die vier Flügel stabilisieren diese Lage wie es ein Fallschirmspringer mit seinen Armen und Beinen tut, nachdem er das Flugzeug verlassen hat. Erst später geht das Starship in die Vertikale, tariert sich mittels der Flügel aus und wird von den gezündeten Triebwerken gebremst. Zumindest in der Theorie. Beim letzten Versuch Anfang Februar fiel ein Triebwerk aus und die Rakete schlug auf.

Auch die Bauweise ist ungewohnt: Die Abteilung für die Nutzlast, normalerweise ein separater Block in der Spitze einer Rakete, ist mit dem Antriebsmodul der Oberstufe fest verbunden. So entsteht ein 55 Meter großes Trumm mit drei Triebwerken, die mit flüssigem Sauerstoff und flüssigem Methan betrieben werden. Am SpaceX-Testzentrum in Boca Chica, Texas, wurden bereits etliche dieser „Büchsen“ gefertigt. Zudem wird bereits an den  65 Meter großen „Super-Heavy“-Boostern gebaut, die bald getestet werden sollen.

Freiheit des Investors

Das hohe Tempo, das Firmenchef Elon Musk von seinen Mitarbeitern verlangt, ist bekannt. Es lässt sich beispielsweise daran ablesen, wie häufig Zufahrtsstraßen, der Strand und der Luftraum wegen Tests gesperrt werden und diese Restriktion bald wieder aufgehoben wird, weil die Rakete doch noch nicht startklar war – so geschehen auch in den vergangenen Tagen. Starship SN-10 sollte ursprünglich schon im Februar abheben, nun läuft es auf diesen Mittwoch hinaus.

Schnelle, mitunter radikale Änderungen sind typisch für SpaceX und unterscheiden das Unternehmen von den herkömmlichen Akteuren der Raumfahrt. Dazu gehört auch der Umgang mit Problemen. Zwei katastrophale Landungen hintereinander? SpaceX teilt die Feuerbilder selbstverständlich in den sozialen Netzwerken . Musk twittert tapfer: „Wir waren zu dämlich.“ Man hätte alle drei Triebwerke zünden sollen und so den Ausfall kompensieren können. Aufstehen, Staub abklopfen, weitermachen.

Mit ihrer ungewöhnlichen Konstruktion aus Chromnickelstahl weichen SpaceX-Raketen von bekannten Rezepten ab, könnten ihnen aber bald den Rang ablaufen.
Mit ihrer ungewöhnlichen Konstruktion aus Chromnickelstahl weichen SpaceX-Raketen von bekannten Rezepten ab, könnten ihnen aber bald den Rang ablaufen.

© Official SpaceX Photos

„Die vielen Crashs erinnern an die 50er und 60er-Jahre, den Beginn der Raumfahrt“, sagt Martin Sippel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Man konnte damals nicht so gut simulieren wie heute, habe eben ausprobiert und aus Fehlschlägen gelernt. „Musk nutzt dieses Prinzip, auch um Zeit zu sparen, und verkauft es als spektakuläre Aktion.“ Allerdings könne er sich das auch leisten, schließlich investiere er viel eigenes Geld. „Wenn es ein rein staatlich finanziertes Projekt wäre, würde das nicht so gehen.“

Der DLR-Forscher ist spezialisiert auf die Simulation von Raumfahrtsystemen und hat sich das Starship-Konzept näher angeschaut. Auch wenn es als Blechbüchse ungewohnt daherkomme, sei die Rakete grundsätzlich geeignet für Raumflüge und Landungen auf festen Himmelskörpern, sagt Sippel. Im Detail könnte es aber noch eine Schwierigkeiten geben. „Ich denke etwa an die schwenkbaren Flügel“, sagt er.

Bei niedrigen Geschwindigkeiten, wie sie auch jetzt bei dem Zehn-Kilometer-Hüpfer auftreten, sei das unkritisch. „Wenn das Starship mit hoher Geschwindigkeit aus dem Weltraum in die Erdatmosphäre zurückkehrt, dann werden die Spalten und Kanten zwischen Flügeln und Rumpf extrem belastet.“ Ob sie das aushalten, wird der erste Orbitalflug zeigen, der noch in diesem Jahr stattfinden könnte.

Privat zum Mond

Schon bald stehen weitere Ziele an: 2023 eine Umrundung des Mondes durch den japanischen Unternehmer Yusaku Maezawa, der bereits eine Anzahlung geleistet hat. 2024 ein unbemannter Flug zum Mars, später auch astronautische Flüge zum Roten Planeten und womöglich zu anderen Zielen wie dem Jupiter. Jahreszahlen sollten in der Raumfahrt jedoch stets mit Vorsicht betrachtet werden, besonders bei SpaceX.

„Statt zwei Jahre bis zum Mondflug dürften es eher fünf oder sechs sein“, sagt Sippel. Bis zur Reise zum Mars werde noch mehr Zeit vergehen. Was aber nicht heiße, dass SpaceX nichts auf die Reihe bekomme. „Den Crewtransport zur Internationalen Raumstation fliegen sie bereits, Konkurrent Boeing hängt da hinterher.“ Auch bei den Mondambitionen der Nasa könnte die Firma mitwirken. 2020 hat sie 135 Millionen Dollar bekommen, um Starship für eine bemannte Landung auf dem Mond umzubauen. Die Flügel sind dort mangels Atmosphäre nutzlos.

Eigentlich will die US-Raumfahrtbehörde ihr „Space Launch System“ (SLS) für Mondflüge einsetzen, das derzeit entwickelt wird. Doch es gibt Verzögerungen und Budgetsteigerungen. Mit Kosten von mehr als einer Milliarde Dollar pro Start wird die Superrakete nicht allzu oft abheben. Weil sie zudem nicht wiederverwendet werden kann, werden die Kosten kaum zu senken sein.

Starship und die Super-Heavy-Erststufe sollen vollständig wiederverwendbar sein und damit billiger. Noch habe SLS starke Fürsprecher, doch das könne sich ändern, sagt Sippel. „Ich halte es durchaus für möglich, dass sich am Ende SpaceX durchsetzt und die Mondflüge übernimmt.“ (mit dpa)

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