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Fragmente von Objekte wie Schwerter und Schmuck aus Bronze.

© Volker Minkus/Thomas Terberger

Stücke von Schwertern, Äxten oder Schmuck: Bronzeschrott war das erste Geld

Primitiver Tauschhandel? Von wegen: Vor dem Aufkommen geprägter Münzen wurde mit eigens hergestellten Bruchstücken von Bronzeobjekten gezahlt.

War das Erwerben von Waren vor der Erfindung des Geldes ein primitives System, das auf dem Austausch von Gaben basierte? Forscher aus Göttingen und Rom wiederlegen dieses Bild jetzt mit neuen Erkenntnissen als Klischee. Menschen hätten Bezahlungen mit Bronzebruchstücken geregelt, lange bevor sich das Münzgeld durchsetzte.

Ein Team um Nicola Ialongo und Kolleg:innen der Universität Sapienza in Rom fand heraus, dass solche Bruchstücke in der Bronzezeit (1350 bis 800 v.Chr.) als Währung verwendet wurden, wie die Uni Göttingen am Donnerstag mitteilte. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "Journal of Archaeological Science" erschienen.

Die Bronzebruchstücke stammten etwa von Schwertern, Äxten oder Schmuck und entsprachen einem europaweit gültigen Gewichtssystem. Solche fragmentierten Bronzebruchstücke ehemaliger Objekte („Bronzeschrott“) wurden in Hortfunden in Europa entdeckt.

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Nach Angaben der Hochschule analysierten die Forscher rund 2500 Metallobjekte und -fragmente aus der späten Bronzezeit, die in Mitteleuropa und Italien ausgegraben wurden. Mittels einer statistischen Technik konnten die Wissenschaftler erkennen, ob es sich bei den Objekten um das Vielfache einer bestimmten Gewichtseinheit handelt.

Objekte wurden offenbar absichtlich zerkleinert

Die untersuchten Stücke seien offenbar absichtlich zerkleinert worden, um bestimmte vorgegebene Gewichte zu erreichen, hieß es. Die Schlussfolgerung sei, dass die Stücke als Bargeld verwendet wurden und dass das Zerkleinern von Bronzeobjekten darauf abzielte, Kleingeld zu erhalten.

[Eine ähnliche These zu Vorläufern des Geldes stellten unlängst Forschende der Universität Leiden auf: Im frühen Mitteleuropa wurde wohl mit Ösenringen und Spangenbarren gehandelt]

Offenbar habe sich im ganzen westlichen Eurasien etwa 1000 Jahre vor dem Beginn der klassischen Zivilisationen eine Art „globaler Markt“ entwickelt, bei der einfache Menschen Bronzebruchstücke als alltägliches Bargeld nutzten, heißt es in der Mitteilung der Uni Göttingen. 

Ein Porträtbild von Nicola Ialongo.
Nicola Ialongo mit Mitarbeiter am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen.

© N. Ialongo

„Das Bezahlen mit Metallstücken war nicht primitiv, denn diese Art Geld erfüllte genau die gleichen Funktionen wie das moderne Geld heute“, sagte Nicola Ialongo vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen. Wahrscheinlich seien schon lange vor Entdeckung der Metallurgie verderbliche Waren als Zahlungsmittel verwendet worden.

Der eigentliche Wendepunkt sei aber gekommen, als Menschen um 3000 vor Christus im Nahen Osten das Abwiegen von Gewicht erfanden. „Damit stand erstmals in der Menschheitsgeschichte ein objektives Mittel zur Verfügung, um den ökonomischen Wert von Dingen und Dienstleistungen zu quantifizieren, ihnen also einen Preis zuzuordnen“, erläuterte Ialongo. (Tsp/dpa)

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