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Menschen stehen in einem Raum vor einem Tresen mit Kaffeebechern und Besteck.

© Amory Burchard

Studentische Freiräume an der Hochschule: Die „Cafete“ der Freien Universität wird abgerissen

Der historische Studi-Treffpunkt im Biologie-Institut, der seit 1976 existiert, ist nicht brandschutzsicher. Um einen Alternativstandort wird noch gerungen.

Ein riesiges buntes Chamäleon aus Pappmachee guckt vom Dach der „Cafete“. Doch das Wappentier hat nicht geholfen. Der unscheinbare Pavillon aus grauen Kunststoffplatten und Glasscheiben im Foyer des Gebäudes der Pflanzenphysiologie der Freien Universität soll abgerissen werden.

Das bedeutet das vorläufige Aus für den studentischen Treffpunkt, ein selbstverwaltetes Projekt „mit unberechenbaren Öffnungszeiten und super-billigem Kaffee“ – so die Beschreibung der Studierenden, die sich dafür engagieren.

Das Projekt hat Geschichte – Protestgeschichte: 1976 wurde der Kubus in dem 60er-Jahre-Bau an der Königin-Luise-Straße im Studentenstreik gegen die Einführung der Professorenmehrheit in den Unigremien besetzt, wie der Student Janis Dabisch am Freitag erzählt, der sich für die „Cafete“ einsetzt.

Die studentische Nutzung wurde Jahrzehnte toleriert

Seitdem tolerierte die Uni eine studentische Nutzung, seit 1982 als „Cafete“. Doch nach Jahrzehnten erfolgte im Oktober 2019 eine Brandschutzbegehung durch das Bezirksamt – mit dem Ergebnis, dass erhebliche Sicherheitsmängel bestehen, zumal der Einbau niemals genehmigt worden sei.

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Dabisch und seine Mitstreiterinnen kritisieren, dass sie erst nach Monaten vom drohenden Abriss erfahren hätten. Und wünschen sich eine attraktive Alternative. Der als neuer Standort angebotene bisherige Fachschaftsraum weiter hinten im Gebäude sei schwerer zu finden, argumentieren die Studierenden.

FU-Sprecher Goran Krstin erklärt, die vom Bezirk geforderte brandsichere Herrichtung des alten Raumes im Foyer komme „aus wirtschaftlichen Gründen leider nicht in Betracht“. Zu hören ist, dass eine Sanierung 200.000 Euro kosten würde.

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Es wäre ein Neubau notwendig, der in Decke und Fundament verankert werden muss, sowie ein aufwendiges Belüftungssystem. Der Alternativraum sei doppelt so groß und das Foyer könne nach dem Abriss weiterhin als Treffpunkt genutzt werden, betont Krstin.

Generationen von Studierenden liebten die „Cafete“ als kultigen Kasten, wiedererkennbar auch an der 70er Jahre Tapete mit orangefarbenen Ornamenten. Sogar im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses war der drohende Abriss jetzt Thema. „Das ist ein historischer Ort der Studentenbewegung und nicht einfach nur ein Café“, sagte die Ina Czyborra (SPD), die in Dahlem ihren Wahlkreis hat.

Gemeinsam mit dem Linken-Kollegen Tobias Schulze traf sie sich am Freitag mit Studierenden – und mit Institutsdirektor Jens Rolff. Der hat 1989/91 in der Königin-Luise-Straße studiert und „und mit den Fachschaftsini eine Aktion gegen den ersten Golfkrieg gemacht“.

"Ein toller Raum, aber Brandschutz geht vor"

Über die „Cafete“ sagt auch Rolff: „Es ist ein toller Raum, aber Brandschutz geht vor.“ Jetzt gelte es, sich mit den Studierenden auf einen Umzug zu einigen und den Treffpunkt bis zur Wiedereröffnung des Instituts zum Laufen zu bringen.

Czyborra und Schulze wollen sich dafür einsetzen, dass das Recht auf studentische Räume im neuen Berliner Hochschulgesetz abgesichert wird. Auch wenn die "Tradition des Abbaus studentischer Cafés" durch Hochschulleitungen in jüngerer Zeit überwunden worden sei, sagt Tobias Schulze: "Wir gucken hin, wenn ein Raum wegfällt."

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