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Anja Karliczek, Bildungsministerin (CDU), will den Kultusministern im neuen Nationalen Bildungsrat keine große Rolle zukommen lassen.

© Britta Pedersen/dpa

Streit um Nationalen Bildungsrat: Die Kultusminister wollen sich nicht überstimmen lassen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will den Kultusministern im Nationalen Bildungsrat nur 16 von 74 Stimmen geben. Die wehren sich gegen eine "bürokratische Nebenregierung" und planen eine Sperrminorität

Will der Bund die Kultusminister durch eine „bürokratische Nebenregierung“ entmachten? Dieser Eindruck vermittelt sich den Kultusministern von SPD, Grünen und Linkspartei mit Blick auf die Pläne für den Nationalen Bildungsrat. Im Kern geht es um die vom Bund vorgeschlagenen Stimmenverhältnisse in dem Gremium. Die Kultusminister wollen sich nicht überstimmen lassen.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte den Ländern am 3. Mai ihre Vorstellungen von dem im Koalitionsvertrag der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Bildungsrat übermittelt. „Zwar sollen die Länder weiterhin sämtliche Kosten der Schulpolitik zahlen und bei den Landtagswahlen allein den Kopf für die Schulpolitik hinhalten, doch in Wirklichkeit will der Bund mit einer Schattenregierung am grünen Tisch und weitab von der Schulpraxis die Schulpolitik bestimmen“, erklärte Ties Rabe, Hamburgs Bildungssenator und Sprecher der Kultusminister von SPD, Grünen und Linkspartei dazu am Montag. Die Kultusminister von SPD, Grünen und Linken weisen Karliczeks Vorschlag zurück.

Vorbild soll der Wissenschaftsrat sein

Dass es einen neuen Nationalen Bildungsrat geben soll und dass sich dieser am Vorbild des Wissenschaftsrats orientieren soll, war bereits im Koalitionsvertrag der großen Koalition vereinbart worden. Darauf beruft sich Karliczek in ihrem Brief an die Kultusminister, der dem Tagesspiegel vorliegt. Das von Karliczek vorgeschlagene Gremium hätte wie der Wissenschaftsrat zwei Kommissionen, eine Bildungskommission mit Schulexperten und eine Verwaltungskommission mit den Bildungsministern. In der Bildungskommission säßen 19 Vertreter aus der Wissenschaft und 19 Vertreter der Praxisseite. In der Verwaltungskommission wären anders als im Wissenschaftsrat neben Bund und Ländern auch drei Mitglieder der Kommunalen Spitzenverbände vertreten. Zum Ärger der Kultusminister um Ties Rabe will Karliczek die Stimmengewichte ebenfalls nach Vorbild des Wissenschaftsrats gestalten, obwohl der Bund in der Schulpolitik und -finanzierung ein weit geringeres Gewicht hat als in der Wissenschaft. Ginge es nach Karliczek, hätte der Bund in der Verwaltungskommission 19 Stimmen, die Länder 16 und die Kommunen drei.

Die Länder könnten jederzeit überstimmt werden

Fasst der Nationale Bildungsrat einen Beschluss, sollen dazu wie im Wissenschaftsrat beide Kommissionen zur Vollversammlung zusammenkommen. Die Kultusminister würden dort 16 Stimmen haben, Wissenschaftler, Schulpraktiker und der Bund zusammen 57 Stimmen. Das kritisiert Rabe: Karliczek wolle die Mehrheiten so organisieren, „dass die Länder jederzeit überstimmt werden können“.
Auch die Kultusminister erarbeiten gerade einen Vorschlag für den Nationalen Bildungsrat. Sie wollen darin für sich eine Sperrminorität vorsehen, anders als im Wissenschaftsrat. Die Stimmrechte zwischen Bund und Ländern „sollten die politische Verantwortung und die finanzielle Beteiligung der Länder berücksichtigen“, erklärt Rabe. Ziel sei ferner „ein schlankes und handlungsfähiges Gremium“.

Bayerns Kultusminister Bernd Sibler (CSU) hatte am vergangenen Donnerstag festgestellt, ein Nationaler Bildungsrat sei zwar sinnvoll. Doch die Länderhoheit in der Bildung müsse unangetastet bleiben. Denn länderübergreifende Entscheidungen könnten ohnehin nur in der Kultusministerkonferenz getroffen werden. Bayern engagiert sich außerdem für einen Staatsvertrag, in dem die Länder gemeinsam mehr Vergleichbarkeit im Schulwesen herstellen sollen.
Karliczek hofft trotz der noch weit auseinandergehenden Meinungen, dass sie mit den Ländern bereits beim Treffen der Kultusminister am 15. Juni in Erfurt zu „ersten Verständigungen“ kommt, wie sie in ihrem Brief an die Kultusminister formuliert.

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