zum Hauptinhalt
Ein schwarzer Schmetterling mit weiß-roten Akzenten sitzt auf einem Blatt.

© Kelsey JRP Byers

Stinkbombe gegen den Nebenbuhler: Schmetterling markiert Partnerin nach dem Sex

Der Stoff den Schmetterlingsmännchen nutzen, um ihre Herzensdame möglichst unattraktiv zu machen, dient Blumen gleichzeitig als Lockstoff. Wie kann das sein?

Die Männchen des tropischen „Briefträger“-Schmetterlings Heliconius melponene markieren ihre Partnerinnen beim Sex mit einem Duftstoff, der so abstoßend riecht, dass potenzielle Nachfolger die Lust verlieren, das Postboten-Weibchen ebenfalls zu befruchten. Das berichtet ein Forschungsteam um Chris Jiggins von der University of Cambridge im Fachblatt „Public Library of Science“.

Weibliche Schmetterlinge der in Mittel- und Südamerika verbreiteten Art haben typischerweise nur wenige Sexualpartner. Sie speichern das Sperma der Männchen, um es nach der Paarung über mehrere Monate hinweg zur Befruchtung ihrer Eier zu verwenden. Die männlichen Postboten hingegen begatten diverse Weibchen. Um ihre Chance zu erhöhen, die eigenen Gene an die nächste Generation weiterzugeben, hinterlassen sie bei der Begattung die abstoßende Chemikalie (E)-beta-Ocimen, ein Terpen, das nachfolgenden Postboten die Lust am Akt verdirbt.

Eigentlich wird Ocimen von Pflanzen produziert, wo er nicht abstoßend, sondern als Lockstoff für bestäubende Insekten dient, auch auf den Briefträger-Schmetterling, „Lange Zeit wurde gedacht, dass Insekten die chemischen Komponenten von den Pflanzen aufnehmen und dann benutzen“, sagt Kathy Darragh, Hauptautorin der Studie. Doch dann sollten auch die dem Briefträger nah verwandten Schmetterlingsarten, etwa der Passionsblumenfalter Heliconius cydno, dazu in der Lage sein, was aber nicht der Fall ist.

Dank eines bestimmten Gens können "Briefträger" die stinkende Chemikalie selbst herstellen

Daraufhin durchsuchten Jiggins und seine Kolleginnen und Kollegen das Erbgut von Heliconius melponene und fanden tatsächlich ein Gen, dass die Bauanleitung für ein Enzym enthält, mit dessen Hilfe das Pheromon Ocimen produziert wird – die erste Ocimen-Synthase, die je in einem Tier gefunden wurde. Damit sei gezeigt, dass Schmetterlinge die Chemikalie selbst herstellen können, sagt Jiggins.

Offenbar haben die Schmetterlinge  im Laufe ihrer Evolution einen eigenständigen, von dem in Pflanzen unabhängigen Syntheseweg für den Geruchsstoff entwickelt: „ein unabhängiges und konvergentes evolutionäres Ereignis, das nichts mit der Existenz der gleichen Substanz zu tun hat, die in vielen der Pflanzen vorkommt, von denen sich diese Schmetterlinge ernähren“, so Kathy Darragh. 

Ein und derselbe Stoff, der unterschiedlich hergestellt wird und unterschiedliche Aufgaben erfüllt: Briefträger-Schmetterlinge nutzen ihn, um Konkurrenten abzuwehren,  Blumen, um Schmetterlinge und andere Insekten zur Bestäubung anzulocken. Doch wie kann es sein, dass der gleiche Geruch mal betörend und mal abschreckend auf Postboten-Schmetterlinge wirkt?

Nicht nur der Geruch allein, auch die visuellen Hinweise, die die Schmetterlinge bekommen, seien wichtig, sagt Kathy Darragh, die inzwischen an der Universität von Kalifornien in Davis arbeitet. „Wenn der Duft in der Nähe von Blumen wahrgenommen wird, ist er attraktiv, aber wenn er auf einem anderen Schmetterling gefunden wird, ist er für die Männchen abstoßend.“ Der Kontext ist also, wie so oft, entscheidend.

Derart zu stinken hat auch seine Vorteile für die Weibchen. Schmetterlingsmännchen sind notorisch aufdringliche Typen, und belästigen die Weibchen normalerweise sehr. Dank des Gestanks werden sie immerhin nicht mehr zum Sex gedrängt, nachdem sie sich bereits gepaart haben.

Clara Meyer-Horn

Zur Startseite