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Die ausgestorbene Eulenart Miosurnia diurna hat schon im Miozän die Jagd am Tag dem Nachtleben vorgezogen, wohl in Anpassung an die savannenartige Umwelt.

© Zeichnung: Zheng Qiuyang

Spektakulärer Fossilienfund: Von der Nacht- zur Tageule

Die Nacht zum Tag machen? Schon im Miozän gab es Eulen, die davon genug hatten und lieber wieder tagsüber jagten. Das zeigt ein Fossilienfund in China..

Es ist nur eine Stunde, aber in den Tagen nach der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit lösen die gestohlenen 60 Minuten bei so manchem Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Schwankungen der Herzfrequenz, Konzentrationsschwäche, Gereiztheit, Appetitlosigkeit und mitunter sogar Verdauungsprobleme aus. Ein Mini-Jetlag, der sich nach ein paar Tagen wieder legt, der aber zeigt, wie sehr der Körper an seinem Biorhythmus hängt.

Das gilt auch für Tiere, zumal Eulen, die bekanntermaßen die Nacht zum Tag machen, um zu jagen und sich erfolgreich fortzupflanzen. Jetzt hat ein chinesisches Forscherteam herausgefunden, dass es schon im Miozän durchaus Eulenarten gegeben haben muss, denen die Spätschichten offenbar auf den Wecker gingen und die des nachts lieber schliefen und stattdessen tagsüber jagten. Letztendlich bekam ihnen die Zeitumstellung aber eher nicht. Sie starben aus.

Die fossilierten Knochen sprechen für tagaktive Lebensweise

Etwa so interpretiert jedenfalls das Forschungsteam um Zhiheng Li von der chinesichen Akademie der Wissenschaften in Peking die Indizien, die sich aus dem Fund eines etwa 6 bis 9,5 Millionen Jahre alten, fast vollständig erhaltenen Fossils einer Eule aus der Liushu-Formation in der nordwestlichen Gansu-Provinz Chinas sammeln ließen. So deuten die Augenhöhlenknochen von Miosurnia durnia auf eher kleine Augen und damit auf eine tagaktive (diurne) Lebensweise hin. Damit gilt diese Spezies nun als die evolutiv früheste tagaktive Eulenart.

Das ungewöhnlich gut erhaltene Fossil von Miosurnia diurna, der evolutiv frühesten tagaktiven Eulenart.
Das ungewöhnlich gut erhaltene Fossil von Miosurnia diurna, der evolutiv frühesten tagaktiven Eulenart.

© Zhiheng Li

Anhand morphologischer Merkmale der fossilen Knochen konnten Li und Kolleg:innen die Art den Surniini-Eulen zuordnen, zu denen auch andere, heute noch lebende tagaktive Eulenarten gehören, darunter etwa Schnee-, Sperber- oder Sumpfohreulen. So wie diese stammte aber wohl auch Miosurnia durnia von nachtaktiven Vorfahren ab, hat also irgendwann das lichtdurchflutete Dasein unter der Sonne dem Nachtleben vorgezogen. Vermutlich, so die Forschenden, weil die Chancen, kleine tagaktive Säugetiere in der damals savannenähnlichen Umwelt zu fangen, besser waren als nachts. Zumindest zeitweise. Denn irgendwann wendete sich das Blatt auch wieder und die Art verschwand.

Die Evolutionsgeschichte der Eulen, so schreibt Lis Team im Fachblatt „PNAS“, und ihre Anpassungen an die nacht-, dämmerungs- oder tagaktiven Lebensweisen sei wohl komplexer als bisher vermutet. Möglich sei, dass der gemeinsame Vorfahre aller Surniini-Eulen tagaktiv war, denn die Merkmale des Fossils deuten auf eine lange evolutionäre Geschichte der Anpassung an die tagaktive Lebensweise hin. Das aufzuklären wird jedoch schwierig, denn die besonders fragilen Knochen von Vögeln überdauern die Jahrmillionen nur selten.

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