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Verdunklungsgefahr. Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond zwischen die Erde und die Sonne. Die Aufnahme wurde am 4. Januar 2011 gemacht. Die kommende "Sofi" wird am Freitagvormittag zu erleben sein - wenn das Wetter mitspielt.

© dpa

Sonnenfinsternis 2015: Übersteht das Stromnetz die Dunkelheit?

Am kommenden Freitag wird es eine Sonnenfinsternis geben - die erste in der Energiewende. Werden die gut 1,4 Millionen Solaranlagen die Stromnetze aus dem Gleichgewicht bringen?

Am Freitagvormittag wird es duster, denn es gibt wieder eine Sonnenfinsternis. Über dem Nordatlantik wird eine vollständig schwarze Sonne stehen, von Europa aus gesehen wird die Sonnenscheibe zumindest teilweise durch den Mond verdeckt. In Deutschland wird die größte Überdeckung (83 Prozent) von Sylt aus zu erleben sein, in München werden es nur noch 68 Prozent sein. Von Berlin aus gesehen wird eine Bedeckung von 74 Prozent erreicht. Hier geht es um 9.38 Uhr los. Gut zwei Stunden wird das Schauspiel dauern und nicht nur „Sofi“-Begeisterte in Atem halten.

Die Übertragungsnetzbetreiber bereiten sich seit Monaten vor

Auch die Stromnetzbetreiber sind angespannt. 1,4 Millionen Solaranlagen gibt es in Deutschland, die alle zu ähnlicher Zeit von der Verdunklung betroffen sein werden, also weniger Strom liefern. Könnte das Netz zusammenbrechen? „Die Gefahr eines Blackouts kann man nie zu hundert Prozent ausschließen, aber wir gehen davon aus, dass es keine großflächigen Störungen geben wird“, sagt Volker Kamm, Sprecher des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, der die großen Leitungen in Ostdeutschland sowie in Hamburg bewirtschaftet. Seit Monaten hätten die vier großen Übertragungsnetzbetreiber sowie die Bundesnetzagentur den Tag vorbereitet, zusammen mit europäischen Betreibern und Behörden. Dabei zeigte sich, dass sich Deutschland mit seinen vielen Solaranlagen sowie Norditalien besonders auf den Lichtschwund einstellen müssen.

Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015
Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015

© Nasa,dpa,Tagesspiegel

Bei wolkigem Wetter wird der Leistungsabfall geringer ausfallen und dürfte gut zu beherrschen sein. So lautet das Fazit von zwei Studien der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) sowie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg. An einem sonnigen Tag jedoch sind die Folgen deutlicher. Beim anfänglichen Verdunkeln ab 9.30 Uhr rechnen die Experten mit einem Rückgang der Solarstromeinspeisung von bis zu 12.000 Megawatt, bei der Rückkehr zur vollen Leuchtkraft der Sonne – gerade zur Mittagszeit – könnte es sogar ein Plus von 19.000 Megawatt geben. Das entspricht ungefähr der Leistung von 15 großen Kohle- oder Kernkraftwerken, die plötzlich ans Netz gehen. Immerhin das 3,5-fache der sonst üblichen Leistungsänderung bei Solarstrom an sonnigen Tagen, wie die HTW-Studie hervorhebt.

Es wird mehr Regelenergie geben

Um große Schwankungen im Netz zu vermeiden, werden mehrere Vorkehrungen getroffen. „Am Donnerstag wissen wir recht gut, wie das Wetter werden wird, damit können wir genaue Prognosen machen und entsprechend planen“, sagt Kamm. Zudem wird es am Freitag mehr Regelenergie geben als üblich: 4500 Megawatt. So wird die Leistung bezeichnet, die von zahlreichen Kraftwerken kurzfristig geliefert werden muss, um Schwankungen auszugleichen. Die Regelenergie kann positiv („Kraftwerk an“) und negativ sein („Kraftwerk aus“). Wie eine Masse, die auf einer Balkenwaage hin und her geschoben wird, hilft sie, das Netz im Gleichgewicht zu halten. Praktisch, aber auch teuer. Daher dürfen die Übertragungsnetzbetreiber normalerweise nur mit 3500 Megawatt Regelenergie planen.

Außerdem wird 50Hertz am Freitag das Personal in der Schaltwarte in Neuenhagen aufstocken, um für Notfälle gewappnet zu sein. Auch die umliegenden Kraftwerke sind vorbereitet. Bei den elf Berliner Heizkraftwerken wird es an dem Tag ausnahmsweise nicht vorrangig um die Wärmeversorgung gehen. „Wir richten uns darauf ein, flexibel hoch- und runterzufahren, um damit den Netzbetreibern zu helfen“, sagt Barbara Meifert, Sprecherin bei Vattenfall. Was nebenbei auch recht lukrativ sein dürfte.

Die nächste Sofi kommt im Juni 2021

Wer nicht in der Strombranche tätig ist, kann sich ganz auf das seltene Schauspiel konzentrieren, am besten mit einer entsprechenden Schutzbrille. Viele Sternwarten und Planetarien bieten ebenfalls Programme an. Die nächste „Sofi“ über Berlin wird es erst am 10. Juni 2021 geben, dann allerdings mit noch geringerer Bedeckung. Eine totale Sonnenfinsternis über hiesigen Gefilden kommt erst wieder am 3. September 2081zustande.

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