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Am Ziel. "Solar Impulse 2" landet am 26. Juli in Abu Dhabi. Hier hatte im März 2015 die Weltumrundung begonnen.

© dpa

"Solar Impulse 2": Solarflieger schafft Weltumrundung

In 17 Etappen flog "Solar Impulse 2" um die Erde - angetrieben allein durch Solarstrom. Auch die Luftfahrtbranche arbeitet mittlerweile daran, Passagiermaschinen "grüner" zu machen.

Ein Traum geht in Erfüllung. Für Bertrand Piccard und André Boschberg, die beiden Piloten des Solarflieger „Solar Impulse 2“, und ihr gesamtes Team. Am frühen Dienstagmorgen landete das Flugzeug in Abu Dhabi und schloss damit die Weltumrundung ab. Mehr als 40.000 Kilometer hat der Flieger zurückgelegt, ausschließlich mit Solarstrom: Gut 17.000 Solarzellen sind auf den Flügeln montiert, die Strom für vier Propeller erzeugen. Batterien dienen als Zwischenspeicher und ermöglichen auch Nachtflüge.

"Die Zukunft ist sauber, die Zukunft gehört euch, die Zukunft ist jetzt, machen wir so weiter!", rief der Pilot und Abenteurer Piccard. Fans bejubelten und beklatschten den Schweizer nach der Landung in Abu Dhabi. Glückwünsche kamen auch von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. In einem im Internet live übertragenen Gespräch übermittelte er seine "tiefe Bewunderung" für den Flug. "Das ist ein historischer Tag - nicht nur für Sie, sondern für die Menschheit", sagte Ban.

Zwölf Jahre Vorbereitung

Als Piccard seinen Plan, die Erde mit einem Ökostrom-Flieger zu umrunden, vorstellte, wurde er von vielen belächelt. Es klang zu abenteuerlich. Doch Piccard, der unter anderem bereits eine Weltumrundung im Ballon absolviert hatte, ist ein Visionär und Kämpfer. Zwölf Jahre dauerten die Vorbereitungen für die große Reise. Forscher und Ingenieure tüftelten an einem Solarflieger, der erstmals einen Menschen über hunderte Kilometer transportieren sollte. Sponsoren mussten überzeugt werden und eine PR-Kampagne aufgelegt werden. Denn das ist das Hauptziel des Vorhabens: Zu zeigen, dass erneuerbare Energien mehr als eine Nischentechnologie sind. „Solar Impulse 2“ soll nicht die Luftfahrt revolutionieren, sondern unser Denken“, sagte Piccard einmal in einem Tagesspiegel-Interview.

Solarflugzeuge könnten nur wenig Last transportieren, das werde sich auf absehbare Zeit kaum ändern. „Solar Impulse 2 soll vielmehr die Menschen für die neuen Techniken begeistern. Würden diese überall auf der Welt eingesetzt, könnten wir den fossilen Energieverbrauch sofort halbieren. Und die andere Hälfte können wir zur Hälfte aus erneuerbaren Quellen decken, das restliche Viertel mit Öl und Gas. Das wäre ein akzeptables Maß für die Umwelt.“

Probleme beim Flug nach Hawaii

Statt einer schnellen Weltumrundung nahmen sich Piccard und Boschberg an jedem Etappenziel Zeit, um die Technik des Flugzeugs vorzustellen und für ihren Traum einer ressourcenschonenden Gesellschaft zu werben. Das allein erklärt aber noch nicht, warum der Trip insgesamt mehr als ein Jahr dauerte. Das filigrane Fluggerät, das bei 72 Metern Spannweite auf gerade einmal 2,3 Tonnen Gewicht kommt, ist sehr wetterabhängig. Vor einem Jahr musste das Team in Japan fast einen Monat auf gute Bedingungen warten, damit Andre Borschberg zur längsten und anspruchsvollste Etappe aufbrechen konnte: 8924 Kilometer über den Pazifik bis nach Hawaii. Er stellte dabei mehrere Rekorde auf, unter anderem den längsten Soloflug mit knapp 120 Stunden im Cockpit. Zwar waren dank Autopilot kurze Schlafphasen möglich, trotzdem ist ein derart langer Flug über fast fünf Tage extrem anstrengend.

Auch der Flieger trug auf dieser Etappe einige Blessuren davon. Die Batterien überhitzten, was umfangreiche Reparaturen erforderte. Erst im April dieses Jahres ging es dann weiter nach Kalifornien. Von dort flog Solar Impulse etappenweise an die US-Ostküste und weiter nach Spanien. Nun gelang die letzte Etappe.

Kohlendioxidausstoß im Luftverkehr soll deutlich sinken

Wie viel Technik von Solar Impulse in die kommerzielle Luftfahrt gelangen wird, ist offen. Die Leistung der Solarzellen ist viel zu gering, um größere Massen, also Fracht oder Passagiere, in die Luft zu heben und vor allem dort sicher zu transportieren. Doch die Industrie sucht nach Möglichkeiten, um das Fliegen umwelt- und klimafreundlicher zu machen – nicht zuletzt, weil sparsame Flugzeuge billiger zu betreiben sind. Als offizielles Ziel wurde in Europa der „Flightpath 2050“ ausgegeben, wonach der Ausstoß von Kohlendioxid bis dahin um 75 Prozent sinken soll.

Eine Option wäre, statt Kerosin aus fossilen Rohstoffen, Sprit aus Biomasse zu verwenden. Um einen Konflikt mit der Nahrungsmittelproduktion zu vermeiden, setzen Wissenschaftler auf Treibstoffe, die etwa aus Pflanzenabfällen oder aus Algen gewonnen werden.

Andere Teams arbeiten an rein elektrischen Fliegern. So hat Airbus einen zweisitzigen Elektroflieger „E-Fan“ konstruiert, der nun in Serie hergestellt wird. Er gilt als Basis weiterer Entwicklungen, die zu einem Regionalflugzeug mit bis zu 90 Plätzen führen sollen. Die Ingenieure setzen dabei auf Fortschritte in der Batterietechnologie sowie bei den Motoren.

Die Zukunft dürften Hybridflieger sein

„Die Zukunft des Fliegens wird wohl eher Hybridtechnik sein“, sagte Rolf Henke, Vorstand für Luftfahrtforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kürzlich auf der Fachmesse ILA in Berlin. „Ein Teil ist elektrisch, der zweite kann eine Brennstoffzelle oder eine Gasturbine sein.“ Die zweite Variante wird derzeit von Airbus und Siemens favorisiert. Die Unternehmen haben umfassende Kooperationen für die Zukunft vereinbart. In einem Forschungsprojekt haben sie bereits einen kleinen Flieger mit einem Elektromotor ausgestattet, der seinen Strom von einer Verbrennungsmotor erhält. Dieser ist auf eine konstante Drehzahl optimiert und arbeitet deshalb besonders sparsam. Braucht der Elektromotor mehr Strom, zapft er eine Batterie an.

In Passagierflugzeugen der Zukunft würde das Konzept noch weitergetrieben: Sobald der Sinkflug beginnt, wird der Antrieb ausgeschaltet und die aerodynamisch optimierte Maschine wird zum Segelflugzeug. Die Schaufel der Turbine werden zu kleinen Windkraftanlagen, die aus dem Fahrtwind Energie gewinnen. Erst vor dem Aufsetzen geht die Gasturbine wieder an, um über ausreichend Kraftreserven für die Landung oder das Durchstarten zu verfügen. Angenehmer Nebeneffekt: Für Flieger mit Hybridantrieben genügen kleinere Turbinen. Diese lassen sich aerodynamisch günstiger in den Rumpf integrieren, was den Flieger nochmals sparsamer macht. Um 2050 soll ein solches Flugzeug abheben.

In der Theorie hört sich das alles gut an. Tatsächlich ist es eine gewaltige Aufgabe. Frank Anton, zuständig für die Siemens-Flugzeugelektromotoren, verglich die Entwicklung größerer Elektroflugzeuge bereits mit der Herausforderung eines Mondfluges. (mit AFP)

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