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Handgepaeck

© dpa/p-a

Sicherheit: Weniger Frust bei der Gepäckkontrolle

Vielleicht verschwinden die unbeliebten Abfalleimer für Getränke und Cremes vor den Sicherheitskontrollen an Flughäfen in absehbarer Zukunft wieder. Jülicher Forscher präsentieren Detektor für flüssige Sprengstoffe

Seit im Sommer 2006 ein Anschlag mit Flüssigsprengstoff auf einen Linienflug gerade noch verhindert wurde, sind Flüssigkeiten im Handgepäck bis auf winzige Mengen komplett verboten. Weil es bis heute keine Geräte im Handel gibt, die in Flaschen und ähnlichen Behältern Flüssigsprengstoff oder seine Komponenten zuverlässig und in kurzer Zeit erkennen, dürfen die für lange Flüge wichtigen Getränke und Feuchtigkeitscremes nicht mehr mit in die Kabine, sondern landen in den Abfalleimern vor der Security oder bleiben gleich zu Hause. Ändern könnte sich die Situation, wenn ein am Forschungszentrum Jülich entwickeltes Gerät in Serie geht. Über die Testergebnisse ihres Prototyps berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Superconductor Science and Technology“ (Band 22, 114005).

Gerade 0,2 Sekunden braucht das Gerät für seine Analysen. Es verwendet elektromagnetische Wellen, die weit jenseits des Spektrums von infrarotem Licht liegen sowie Mikrowellen, die auf das Handgepäck gerichtet werden. Flüssigkeiten absorbieren jeweils einen Teil dieser Strahlung, so dass nur bestimmte Wellenlängen zurückgeworfen werden. Welche das sind, hängt von der jeweiligen Substanz ab. Die reflektierten Wellenlängen liefern so eine Art Fingerabdruck, der für die jeweilige chemische Verbindung einzigartig ist.

Da Flüssigsprengstoffe wie Nitromethan oder deren Ausgangsstoffe wie Wasserstoffperoxid bekannt sind, muss ein Detektor nur die im Handgepäck gefundenen elektromagnetischen Fingerabdrücke mit denen von gefährlichen Stoffen vergleichen, um diese sicher zu erkennen.

Die Idee für ein solches Gerät ist nicht neu, aber bisher nutzten derartige Systeme nur einen kleinen Teil des elektromagnetischen Spektrums. Damit konnten sie auch nur einen Teil des Fingerabdrucks erkennen, was leichter zu Verwechslungen mit anderen Mustern führte. Bei dauernden Fehlalarmen an der Sicherheitskontrolle wäre das Chaos auf den Flughäfen programmiert, solche Geräte kamen also nicht infrage.

Der breite Frequenzbereich des Geräts aus Jülich hat bereits Wasser, Alkohol und Aceton in verschiedenen Flaschen zuverlässig erkannt. „Unser Verfahren ist nicht nur schneller als andere, sondern zuverlässiger“, sagt Knut Urban vom Forschungszentrum Jülich. Nun hofft er, dass die Industrie einsteigt und das Gerät zur Serienreife bringt.

Ein anderes Verfahren verfolgt die Berliner Firma IUT (Institut für Umwelttechnologien). Die Ingenieure aus Adlershof verwenden statt elektromagnetischer Wellen Neutronenstrahlung. Auch dabei zeigen die jeweiligen Flüssigkeiten ein charakteristisches Rückstreumuster, das bei der Identifizierung hilft. „Unsere Methode braucht zwar etwas länger als das Jülicher Gerät“, sagt Matthias Funk. „Aber wir können auch in Metallgefäße wie zum Beispiel Thermoskannen hineinschauen.“

Mit dem gleichen Verfahren untersuchen die IUT-Techniker unter anderem Fundmunition aus dem Zweiten Weltkrieg, wobei die Granaten festen Sprengstoff enthalten. So lasse sich rasch feststellen, ob die Munition aufgesägt werden kann oder sorgfältig entschärft werden muss.

Der IUT-Detektor für flüssigen Sprengstoff wurde nach Angaben von Funk beim Bundeskriminalamt bereits erfolgreich getestet. Nun sucht die Firma ebenfalls nach Industriepartnern. RHK/nes

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