zum Hauptinhalt
Mit dem verpflanzten Herzen wurden Viren übertragen, die das Transplantat später wahrscheinlich schädigten.

© University of Maryland

Schweineherz mit Virus verpflanzt: Erste Herz-Xenotransplantation bleibt nur ein Teilerfolg

Die erste Verpflanzung eines Schweineherzens in einen Menschen verlängerte sein Leben. Doch ein Virusnachweis stellt die Sicherheit des Verfahrens infrage.

Schon wenige Tage nach der Operation ging es dem 57-jährigen Patienten den Umständen entsprechend gut. David Bennett aus Hagerstown im US-Bundesstaat Maryland war im Januar als erstem Menschen ein Herz von einem gentechnisch veränderten Schwein eingesetzt worden.

Für die Transplantationsmedizin war das ein Durchbruch, von dem man sich auch verspricht, die notorische Knappheit an Spenderorganen beheben zu können. Organe aus eigens dafür gezüchteten Tieren könnten Ersatz für Organe menschlicher Spender werden. Nun stellt sich jedoch heraus, dass der Eingriff in Baltimore nur ein Teilerfolg war.

[Lesen Sie bei Tagesspiegel Plus: Schweineherz erhält erstmals Menschen am Leben]

Virus verkürzte wahrscheinlich Lebensdauer des Herzens

Nach 20 Tagen wurde bei dem Patienten nach Auskunft der Mediziner von der University of Maryland ein Virus nachgewiesen, das vom Spendertier stammte und mit dem Herz in seinen Organismus übertragen wurde. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte gaben dem Patienten antivirale Mittel gegen die Vermehrung des Virus. Doch sein Zustand verschlechterte sich und er starb zwei Monate nach dem Eingriff.

Inwieweit die Virusübertragung zum Tod des Patienten beigetragen hat, ist noch unklar. „Man darf nicht vergessen, dass der Patient schon vor der Transplantation sehr krank war“, sagt Joachim Denner, Leiter der Arbeitsgruppe Virussicherheit der Xenotransplantation am Institut für Virologie der Freien Universität Berlin. Es sei jedoch auffällig, dass bei dem Patienten entzündliche Reaktionen und weitere Symptome auftraten, die auch in Tierversuchen mit Pavianen beobachtet wurden, die ein infiziertes Schweineherz erhalten hatten.

Bei dem mit dem Schweinherz in den Patienten übertragenen Virus handelte es sich um ein porcines Cytomegalovirus (PCMV). Diese Benennung sei allerdings irreführend, sagt Denner. Vom Menschen befallenden humanen Cytomegalovirus, ist bekannt, dass es bei Übertragungen mit Organtransplantationen direkte Gewebszerstörungen in verschiedenen Organsystemen verursachen kann.

Das tierische, „porcine“ Cytomegalovirus ist mit dem humanen jedoch nur entfernt verwandt. Tatsächlich handelt es sich um ein Roseolovirus, das enger mit humanen Herpesviren verwandt ist, mit denen fast jeder Mensch infiziert ist.

In Tierversuchen wurde bereits gezeigt, dass die Infektion die Überlebensdauer des Transplantats deutlich reduziert. „Während positive Schweineherzen keine 30 Tage in Pavianen überlebten, gelang es mit negativen Spenderherzen einen Rekord von 182 und 195 Tagen zu erreichen”, berichtet Denner von den Arbeiten seines Teams am Robert-Koch-Institut in Zusammenarbeit mit Forschenden des DFG-geförderten Transregio-Sonderforschungsbereiches „Xenotransplantation in Deutschland“.

Wie das Virus wirkt, ist noch unklar. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Virus direkt auf das Immunsystem und Zellen der Blutgefäße wirkt und ein Multiorganversagen auslöst.

Genetische Modifikationen erfüllten ihren Zweck

Beweise für eine direkte Infektion von Pavianzellen oder menschliche Gewebe gibt es bislang nicht. „Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Virus sich an den neuen Wirt anpasst, wie das auch für andere Herpesviren beschreiben wurde“, sagt Denner.

Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xenotransplantation an der Technischen Universität München schätzt die Gefahr jedoch äußerst gering ein, dass durch Xenotransplantationen neue Viren erzeugt werden, die Menschen befallen können: „Obwohl Menschen seit Jahrhunderten teils täglich mit Schweinen beziehungsweise Schweinefleischerzeugnissen intensiv in Kontakt kommen, konnte bisher keine Übertragung zwischen Schweinen und Menschen gezeigt werden.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Das Spenderschwein der Firma Revivicor war mehrfach mit Nasenabstrichen auf das Virus getestet worden. Dass die Tests negative Ergebnisse lieferten, könnte daran gelegen haben, dass das Schwein keine akute Virusinfektion hatte, sich aber bereits zuvor infiziert hatte. „Bei einer solchen latenten Infektion bleibt das Virus unter der molekularen Nachweisgrenze“, sagt Fischer. Für zukünftige Transplantationen müsse die Virus-Freiheit der Spenderschweine garantiert werden.

Denn nach der Transplantation, im Menschen, konnte sich das Virus im Schweineherz vermehren, da es nicht mehr vom Immunsystem des Schweins unterdrückt wurde.

„Die Übertragung hätte verhindert werden können, wenn man die bei uns in Deutschland vorhandenen Nachweisstrategien angewendet hätte“, sagt auch Denner. Dies sei jedoch offenbar nicht erfolgt.

Möglicherweise hätte der Patient dann auch länger leben können, denn das verpflanzte Herz sei nicht durch eine immunologische Abstoßung durch den menschlichen Organismus geschädigt worden. „Die gentechnischen Modifikationen, die das verhindern sollen, haben sich bewährt“, sagt Denner und verweist auf die zwei Monate, die es das Leben des Patienten verlängerte.

„Wem dieser Zeitraum zu wenig erscheint, der sei daran erinnert, dass der Patient mit der weltweit ersten Transplantation eines menschlichen Herzens lediglich 18 Tage überlebte, der erste Patient in Deutschland sogar nur 27 Stunden.“ (mit smc)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false